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Lieber nicht: Smartfilter mit DxO PureRaw 5.5

Die neueste Version von DxO PureRaw, dem Branchenführer im Hinblick auf Bildqualität, Objektivkorrekturen und Rauschreduzierung, wirbt mit Smartfilter-Unterstützung. Ich habe mir das mal angeschaut.

Stockfoto: yuriyzhuravov – Adobe Stock
Stockfoto: yuriyzhuravov – Adobe Stock

Ach ja … DxO PureRaw Version 5

Dass ich ein großer Fan von PureRaw bin, haben Sie in meinen früheren Blogbeiträgen sicher schon bemerkt, wie in diesem zu Version 4. Tatsächlich hatte ich Version 4 für schon ziemlich perfekt gehalten. Wenn es darum geht, aus Ihren Objektiven und Kamerasensoren das Meiste und Beste an Informationen herauszuholen – aber dennoch bei Ihrer eigenen Lieblingssoftware (Camera Raw, Lightroom, Capture One, Affinity …) zu bleiben, kann ich PureRaw absolut empfehlen.

Mehr Informationen zur Version 5 von PureRaw

Da fällt mir auf, dass ich zu PureRaw 5 noch gar keinen Blogbeitrag geschrieben hatte. Hier finden Sie eine Übersicht der neuen Funktionen gegenüber Version 4: PureRaw 5. Scrollen Sie dort ganz nach unten, finden Sie diese Vergleichstabelle:

Kurz gesagt: Der größte Unterschied zwischen Version und 4 und 5 besteht meiner Meinung nach in den folgenden Punkten.

  • Das DeepPRIME-3-Modell zur Rauschreduzierung ist noch etwas besser (Adobes KI-Entrauschung ist gut, aber nicht SO gut!). Einen Vergleich zur Vorversion DeepPrime 2 habe ich mir erspart, da ich bislang nichts Negatives über DeepPrime 3 berichten kann und sehr zufrieden bin. Anders als das auch schon in PureRaw 4 vorhandene, aufwendigere Modell XD2s werden hier keine auffälligen Details in zuvor strukturlosen Flächen hinzuerfunden.
  • Einige Fuji-Kameras mit X-Trans-Sensor werden jetzt auch unterstützt.
  • Sie können die Rauschreduzierung (per winzigem Pinsel, mit dem Sie einen Bereich tatsächlich ausmalen müssen – statt ihn einfach wie mit einem Lasso einzukreisen!) auf ausgewählte Bereiche begrenzen. Wie erwähnt: Per Pinsel … gähn. Da exportiere ich lieber zwei, drei Varianten und überblende die in Photoshop per KI-Maskierung und deutlich schneller ausführbaren Pinselstrichen.
  • Presets sind wirklich sehr praktisch.
  • Die verbesserte Oberfläche ist besser als die vorherige, aber wie und wo die Exporteinstellungen platziert sind, ist alles andere als intuitiv. Aber wie ich gern sage: Man gewöhnt sich am allem – auch am Dativ! 😉

Kritik, Wunsch und Wirklichkeit

Tatsächlich sehe ich ein wenig die Gefahr, dass sich DxO mit PureRaw und dem Hinzufügen von immer mehr Funktionen etwas verzetteln könnte. Wer PureRaw nutzt, will gerade keinen vollwertigen Raw-Konverter. Denn der eigentliche Charme dieser Software ist das Fire & Forget-Prinzip: Man zieht die Raw-Dateien ins Programmfenster, lässt sie konvertieren und kann dann die deutlich verbesserten Bilder im eigenen Raw-Konverter weiter optimieren. Diese Einfachheit und Zuverlässigkeit schätze ich übrigens auch sehr bei JPEGmini – Bilder oder Videos draufziehen und – ZACK! – deutlich kleinere Dateigrößen ohne sichtbaren Qualitätsverlust erhalten. Ohne jedes Knöpfchen-drücken.

Nun sind Funktionen wie eine Vorschau, Presets und das selektive Anwenden der Rauschreduzierung durch Malen mit einem Pinsel an sich nichts Schlechtes. Aber eigentlich hätte ich es lieber, wenn PureRaw vollautomatisch und KI-basiert die besten Einstellungen trifft und ich direkt nach der Konvertierung einfach in Camera Raw oder Capture One bearbeiten kann. Wer alle DxO-Optionen will, sollte vielleicht eher zu DxO PhotoLab greifen.

Der einzige Grund, der für all die manuellen Funktionen in PureRaw spricht: Keine KI trifft derzeit perfekte Entscheidungen – schon gar nicht für jeden. Insofern macht DxO bezüglich der angebotenen Optionen vielleicht doch einiges richtig.

Die aktuelle Version: DxO PureRaw 5.5

Eine Ergänzung zu Camera Raw

Die aktuelle Version 5.5 von PureRaw bewirbt DxO aufgrund der neuen Smartfilter-Funktionalität mit dem Slogan „DxO PureRAW 5 ist jetzt die ideale Alternative zu Adobe Camera Raw in Ihrem Photoshop-Workflow.“. Die DxO-Website visualisiert das gerade perfekt:

Denn ja, wir haben hier tatsächlich ein kleines Problem. 😉 PureRaw ist zwar wirklich super, aber ein Ein-Trick-Pony für Objektivkorrekturen plus Rauschreduzierung. Wie soll das eine Alternative zu Camera Raw sein? Camera Raw ist eine umfassende Bildbearbeitungslösung, wie es beispielsweise auch Adobe Lightroom oder DxO Photolab sind. PureRaw ist das nicht. Damit können Sie Objektivfehler korrigieren und Sensorrauschen reduzieren. Mehr nicht. So gut und empfehlenswert es auch ist. PureRaw ist deshalb eine sehr nützliche und empfehlenswerte Ergänzung zu Camera Raw, aber keine Alternative.

Aufruf der Smartfilter-Funktion für PureRaw

Manche Anwender suchen nach der Ankündigung von DxO im Photoshop-Menü nach einem PureRaw-Filter. Aber den gibt es nicht. Stattdessen gibt es eine Smartobjekt-Exportoption in PureRaw:

Um gleich auf den Punkt zu kommen: Ich halte die Smartobjekt-Option für überflüssig, weil es zwei Probleme gibt.

Das Workflow-Problem der Smartfilter-Funktion für PureRaw

Angesichts der doch recht langen Verarbeitungszeiten von PureRaw 5 (zumindest mit dem DeepPrime XD2s-Modell; das neue DeepPrime 3 ist deutlich schneller) ist das keine Funktion, die ich mal eben halbherzig optimiert nach Photoshop schicke, um sie dann später anzupassen. Deshalb war die Vorschaufunktion ja so eine wichtige und extrem nützliche Neuerung in PureRaw 4 (mehr dazu). Aber gut. Möglichst viele Optionen in Photoshop nicht-destruktiv zur Verfügung zu haben, ist ja an sich eine gute Sache. Wenn Sie jedoch einen weiteren Smartfilter wie den »Camera Raw-Filter« auf das Smartobjekt anwenden, muss PureRaw bei JEDEM Aufruf oder beim Ein-/Ausblenden dieses Filters erneut aktualisiert werden. Ich weiß nicht, ob bei DxO jemals jemand diesen „Workflow“ ausprobiert hat … Er nervt wirklich EXTREM.

Hinzu kommt aber auch noch ein qualitatives Problem.

Das Qualitätsproblem der Smartfilter-Funktion für PureRaw

Über den neuen Smartfilter-Weg verlieren Sie den vollen Dynamikumfang und die Möglichkeit eines korrekten Weißabgleichs für die weitere Optimierung in Camera Raw.

Lesen Sie diese Aussage erneut, falls Ihnen deren gesamte Tragweite nicht gleich bewusst sein sollte.

Denn dabei wird von PureRaw nur eine gerasterte 16-Bit-Datei an Photoshop übergeben, die in ein Smartobjekt konvertiert und mit PureRaw als Smartfilter verbunden wird. Mit einem Doppelklick auf den Smartfilter öffnet sich zwar PureRaw und möchte noch einmal alles von vorn verarbeiten. Das geschieht aber mutmaßlich nicht mehr ausgehend vom Original, wenn ich das richtig sehe.

Deutlich lässt sich der fehlende Bearbeitungsspielraum an den fehlenden Weißabgleichsmöglichkeiten bei der DxO-Smartobjekt-Lösung zeigen:

Links sehen Sie das umkorrigierte Raw. In der Mitte ein mit PureRaw exportiertes DNG mit einem Weißabgleich auf die Wand im Hintergrund (korrekte Farben). Rechts sehen Sie das Resultat des Öffnens als Smartobjekt aus PureRaw heraus und dem anschließenden Anwenden von Camera Raw als Smartfilter (Weißabgleich falsch, da keine Raw-Daten zur Verfügung stehen).
Links sehen Sie das umkorrigierte Raw. In der Mitte ein mit PureRaw exportiertes DNG mit einem Weißabgleich auf die Wand im Hintergrund (korrekte Farben). Rechts sehen Sie das Resultat des Öffnens als Smartobjekt aus PureRaw heraus und dem anschließenden Anwenden von Camera Raw als Smartfilter (Weißabgleich falsch, da keine Raw-Daten zur Verfügung stehen).

Mein Fazit zur Smartfilter-Funktion für PureRaw

Finger weg davon! Ich bleibe beim gezielt optimierten DNG-Export aus PureRaw. Das DNG öffne ich dann in Camera Raw. Dort habe ich alle Möglichkeiten im Weißabgleich und bei der Optimierung des Dynamikumfangs, den auch das originale Raw bietet – inklusive der Verbesserungen durch PureRaw.

Aus Camera Raw heraus öffne ich die Datei als Smartobjekt in Photoshop. Von dort kann ich jederzeit mit einem Doppelklick wieder zu Camera Raw zurückkehren und nachbessern. Das alles funktioniert schnell und ohne jede Wartezeit. Ich müsste für andere DxO-Einstellungen das Raw erneut aus PureRaw als DNG exportieren – aber was nützt mir die DxO-Smartfilter-Funktion, wenn sowohl der Workflow als auch die Qualität frustrieren?

Deshalb erneut mein Rat: Finger weg vom PureRaw-Smartobjekt-Workflow!

Mich würde aber interessieren, wie Sie diese neue Funktion einschätzen: Habe ich etwas übersehen?

Mein Gesamtfazit zu PureRaw 5 und 5.5

  • PureRaw hat derzeit die beste Rauschreduzierung, die beste Verzeichnungskorrektur und bewahrt/verbessert die meisten Details von allen aktuell verfügbaren Raw-Konvertern. Die einfache Drag-and-drop-Konvertierung in ein DNG ermöglicht das Weiternutzen des eigenen Raw-Konverters (Camera Raw, Lightroom, Capture One, Affinity …) bei vollem Dynamikumfang wie die Originaldatei – aber mit allen Vorteilen der DxO-Technologie. Als Photoshop-Nutzer müssen Sie dafür aber unbedingt die Finger von der neuen Smartobjekt-Option in PureRaw 5.5 lassen.
  • Für Besitzer von PureRaw 4 ist Version 5 insbesondere für Fuji-Nutzer eine Pflichtübung, da jetzt einige Kameras endlich unterstützt werden. Allen anderen würde ich empfehlen, vor dem Kauf zu testen, ob ihnen die neue Oberfläche, DeepPrime 3, Presets und hakelige Masken (siehe unten) den Update-Preis wert sind.
  • Die neue Oberfläche von PureRaw 5 ist aufgeräumter als die vorige, aber bislang nicht wirklich selbsterklärend. Oder finden Sie auf Anhieb die Exporteinstellungen?
  • Sehr praktisch ist die neue Preset-Funktion, um die wichtigsten Einstellungskombinationen für typische Foto-Szenarien zu speichern und später mit einem Klick anwenden zu können.
  • Erstmals kann man per Ebenen und Masken innerhalb von PureRaw Bildbereiche unterschiedlich stark entrauschen. Prinzipiell funktioniert das, der Workflow mit einem im Vergleich zu Photoshops Werkzeugen sehr gemächlich malenden Pinsel ist mir zu langsam und unpräzise.

Wer Wert auf höchste Bildqualität legt, aber nicht Photolabs von DxO, sondern seinen eigenen Raw-Konverter nutzen möchte, muss PureRaw benutzen. Die aktuelle Version ist dabei in jeder Hinsicht klar die beste. Update-Empfehlung für Nutzer von Version 1 bis 3; Testempfehlung für Nutzer von Version 4.


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Olaf Giermann

Olaf Giermann gilt heute mit 20 Jahren Photoshop-Erfahrung sprichwörtlich als das »Photoshop-Lexikon« im deutschsprachigen Raum und teilt sein Wissen in DOCMA, in Video­kursen und in Seminaren.

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2 Kommentare

  1. Gefühlsmässig würde ich sagen, dass die Version 5.4 etwas besser war. 5.5 ist ein bisschen drüber, kann aber sein, dass ich erstmal die vorher funktionierenden Werte anpassen muss. Was die ganzen zusätzlichen Funktionalitäten angeht, sehe ich das eher kritisch. Ich benötige das nicht und habe immer die Einfachheit geschätzt. Man muss nicht ständig irgendwas hinzudoktern, um sich zu behaupten. TopasAI macht den gleichen Mist mit Funktionen, die da nicht hingehören.

  2. Und ich Trottel dachte schon was nicht verstanden zuhaben oder mit der neuen Version 5 nicht klar zu kommen, alles klar und der Tipp hilft mir nicht zu verblöden : „Deshalb erneut mein Rat: Finger weg vom PureRaw-Smartobjekt-Workflow!“ wie gerade oben geschrieben. Danke das hat mir geholfen nicht allen neuen Mist zu verstehen. Bin halt eben zu alt.

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