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Interview: KI und CGI

Der Schweizer Postproducer Patrick Salonen nutzt KI-generiertes Bildmaterial für seine CGI-Projekte. Christoph Künne hat mit ihm über die kommerziellen Perspektiven dieser Vorgehensweise gesprochen.

Interview: KI und CGI

DOCMA: Patrick, Du arbeitest vornehmlich für Kunden in der Werbung und hast dort einen Schwerpunkt im Themenbereich Mobilität. Wo kannst Du heute schon generative KI nutzen?

Patrick Salonen: Um es erst einmal vorweg zu nehmen: Wenn alle Bausteine passen, dann arbeite ich am liebsten nur mit Photoshop. Leider ist das aber nur selten der Fall, weswegen ich schon früh begonnen habe, Motive um 3D-Elemente zu erweitern. Midjourney und Firefly sind nun neue Bausteine. Mit ihnen lassen sich vor allem komplexe Hintergründe und ganze Motive viel leichter gestalten als mit 3D. Ihre Vorzüge spielen sie aktuell noch aus, wenn es um Bild-„Ersatzteile“ geht, nach denen ich sonst bei Stockanbietern lange gesucht habe.

Interview: KI und CGI

DOCMA: Du sprichst von KI-generierten Hintergründen, könntest Du das etwas näher erläutern?

Patrick Salonen: KI-­Generatoren eignen sich bei meinen Projekten besonders gut für Landschaften. Will man die selbst in 3D bauen, kostet das brutal viel Zeit, sofern es wirklich gut werden soll. Aktuell experimentiere ich auch damit, passend zu den Backplate-Hintergründen, also zu den virtuell erzeugten Orten, digitale Sphären in der KI generieren zu lassen. Sphärenbilder sind 360-Grad-Ansichten, mit deren Hilfe eingefügte 3D-Elemente zu passenden Reflexionen und einer der Umgebung entsprechenden Lichtgestaltung kommen. Leider funktioniert das bisher nur manchmal richtig gut.

Interview: KI und CGI

DOCMA: Generative KI-Tools erzeugen bisher ja noch eher Bilder in bescheidenen ein bis zwei Megapixeln Bildgröße. Reicht das für Deine ­Ansprüche?

Patrick Salonen: Bei mir haben die Endergebnisse oft Dimensionen von bis zu 10000 Pixeln Kantenlänge. Mit KI gestaltete Hintergründe muss ich da natürlich hochrechnen. Nicht zuletzt dank einer DOCMA-News arbeite ich mit dem nicht ganz günstigen Webtool „Magnific.ai“, welches in puncto Qualität nach meinen Erfahrungen Maßstäbe setzt. Jetzt sind da auch One-Step-Interpolationen für meine Endgrößen möglich.

DOCMA: Kommen wir zu den ­kommerziellen Aspekten: Wie ­reagieren Deine Kunden auf den Einsatz von KI?

Patrick Salonen: Die Skepsis bei den Kunden, gerade bei denen in der Schweiz, ist groß. Vor allem stört sie die unsichere Rechtslage – zum einen, was die Nutzungsrechte der Bilder aus dem KI-Trainingsmaterial angeht, zum anderen aber auch, was den Schutz der so erzeugten Motive betrifft. Als Auftraggeber möchte ich logischerweise auch die Rechte an den Bildern haben, die für mich produziert werden. Bei ­Midjourney zum Beispiel habe ich die aber nicht. Die mit diesem Werkzeug erzeugten Motive darf im Grunde jeder zahlende Midjourney-­Abonnent verwenden.

DOCMA: Lässt sich das umgehen?

Patrick Salonen: Ich löse zumindest das zweite Problem, indem ich bei meinen eigenen Bildern immer auch einen erheblichen Anteil mit Photoshop anpasse. Das untermauert meine Urheberschaft, weil es auf die Schöpfungshöhe meiner Arbeit einzahlt. Zudem nutze ich ­natürlich Anpassungen an meinen oder den vom Kunden gewünschten Stil, indem ich mit Looks, Lensflares oder zusätzlich hineinmontierten Details arbeite.

DOCMA: Konntest Du schon Kunden von größeren KI-Projekten überzeugen?

Patrick Salonen: Daran arbeite ich. Bisher habe ich vor allem aber nur Portfolioarbeiten wie die hier gezeigten Auto-Abenteuer-Reisen, bei denen ich mit unterschiedlichen Modellen virtuell in spannende Weltgegenden fahre. Die Landschaften kommen aus der KI, das Auto wird als 3D-Datensatz eingesetzt und mit passendem Licht gerendert. Früher wäre man für solche Bilder mit den Autos an die Locations gefahren. Heute machen das nur noch Influencer. Alle anderen arbeiten je nach Anforderungen entweder mit CGI und Backplates oder passen Motive aus dem Bilderpool der Hersteller mit Photoshop an die jeweiligen Erfordernisse an.

DOCMA: Wie gehen die Fotografen mit der KI-Perspektive um?

Patrick Salonen: Die meisten ­Fotografen haben sich nach meiner Erfahrung jetzt schon mit KI abgefunden, selbst benutzen wollen sie es aber nicht.

DOCMA: Wie siehst Du Deine ­Zukunft als Postproducer?

Patrick Salonen: Aktuell komme ich immer dann ins Spiel, wenn Fotografen eine Postproduktion brauchen. Meist, weil sie es auf diesem Niveau nicht selber können, manchmal auch schlicht, weil ihnen die Zeit dazu fehlt. Ich habe jedoch hauptsächlich mit jenen zu tun, die sich selbst aufs Fotografieren konzentrieren, und den Rest als Dienstleistung dazu buchen. In fünf Jahren wird sich KI in Photoshop und als Retuschebeschleuniger durchgesetzt haben. Ich vermute, da ich fachlich an der Quelle bin, was Bilddaten betrifft, wird dies für mich sicherlich auch in Zukunft ein interessantes Betätigungsfeld mit viel Potenzial sein. Noch sehe ich den Nutzen der generativen KI vor allem in der Unabsehbarkeit dessen, was man neben den gewünschten Bildern an Zufallsprodukten bekommt. Es ist wenig präzise, macht aber Spaß.

DOCMA: Danke für die Einblicke!

Patrick Salonen

… ist 1998 als einer der letzten Lithografen in der Schweiz ausgebildet worden. In seiner Lehrzeit lernte er noch manuelle Retusche und die Arbeit am Trommelscanner ­kennen. Erst zum Schluss kam Photoshop hinzu. Nach ein paar Jahren in Werbeagenturen mit viel Learning by Doing, hat er sich 2004 ­selbständig gemacht. Ab 2007 begann er Cinema 4D in seinen Workflow zu integrieren. Seit März 2022 erkundet er zudem sehr aktiv die Möglichkeiten von Midjourney.

Mehr Infos:
www.yesweprompt.de/patricksalonen
www.patricksalonen.ch

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Christoph Künne

Christoph Künne, von Haus aus Kulturwissenschaftler, forscht seit 1991 unabhängig zur Theorie und Praxis der Post-Photography. Er gründete 2002 das Kreativ-Magazin DOCMA zusammen mit Doc Baumann und hat neben unzähligen Artikeln in europäischen Fachmagazinen rund um die Themen Bildbearbeitung, Fotografie und Generative KI über 20 Bücher veröffentlicht.

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