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Trumpeltier im Porzellanladen

Trumpeltier im Porzellanladen
Trumpeltier im Porzellanladen. Foto und Bearbeitung: Doc Baumann

Nine Eleven – am Morgen des 9.11. stand das Wahlergebnis fest. Der Ausgang der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen war ein Schock. Dennoch könnte die Wahl Trumps auch positive Seiten haben, meint Doc Baumann

In den USA mussten Präsidentschaftskandidaten bisher stets um die Stimmen der religiösen Rechten buhlen, zumindest stellten sie besser keine Forderungen, die deren christliche Gefühle verletzt hätten. Trump hat sich in dieser Hinsicht keine besondere Mühe gegeben. Selbst wohin das Trumpeltier im Porzellanladen in religiöser Hinsicht gehört, ist recht unklar:

Mal hieß es, er sei römisch-katholisch, ein anderes Mal, niederländisch-reformiert, dann wieder, er sei Presbyterianer; seine letzte Ehe schloss er in einer (anglikanischen) Episkopalkirche. Das ist also so klar wie seine sonstigen Ansichten. Zudem ist er mehrfach geschieden.

Seine politischen Forderungen, etwa bezüglich des Mauerbaus an der mexikanischen Grenze, bewogen sogar den Papst zu den mahnenden Worten, er solle besser Brücken als Mauern planen – was Trump umgehend als unbarmherzige Einmischung zurückwies.


War der religiösen Rechten in den USA die christliche Moral der Präsidentschaftskandidaten je wirklich wichtig?


Was haben die Evangelikalen bei Bill Clintons Sex-Skandalen gezetert! Und nun der New Yorker Milliardär, der sich im Fernsehen damit brüstet, einen langen Schwanz zu haben, und im Gespräch mit einem Journalisten, es sich als Star erlauben zu können, Frauen an der Muschi zu packen (nicht, wie behutsam übersetzt, in den Schritt zu greifen). Da haben die guten Christen doch bestimmt alle seine Gegenkandidatin gewählt, oder?

Aber was zeigen die Ergebnisse der Wählerumfragen? Trump erhielt nicht nur besonders viele Wählerstimmen von weißen Männern, je älter und je ungebildeter, um so mehr. Je stärker (christlich) religiös jemand geprägt war, um so wahrscheinlicher war es auch, dass die Stimme beim Kandidaten der Republikaner landete.

Es geht also wie immer gar nicht um die scheinheiligen Forderungen der Evangelikalen nach moralischer Lebensführung (was angesichts der zahlreichen Sex-Skandale ihrer prominenten Prediger ja auch schwer zu verstehen wäre), es geht schlicht darum, den reaktionärsten und am weitesten rechts angesiedelten Kandidaten ins Präsidentenamt zu heben.


Trumpeltier im Porzellanladen: Vielleicht fällt er ja ganz schnell auf die Nase …


Man könnte sagen: Die Amis kriegen jetzt nur das, was sie verdient haben. Schlimmer als ein Trump sind schließlich die Menschen, die ihn im Wissen um seine Forderungen, Vorstellungen, Lügen und Hassausbrüche gewählt haben. Nur stimmt das gar nicht. Die Stimmenmehrheit der Amerikaner lag bei Clinton (wie sie zu Bush-Zeiten bei Al Gore gelegen hatte). Es geht zwar nur um eine halbe Million – aber die Mehrheit der US-Wähler hat sich gegen ihn ausgesprochen und muss nun unter seinen wirren Ideen leiden. Nur ein Viertel der Wahlberechtigten hat sich für ihn ausgesprochen.

Ich habe – zusammengerechnet – mehr als ein Jahr lang in den USA gelebt. Breite politische Informationen aus den normal zugänglichen Medien findet man dort so viele wie etwa in Nord-Korea. Die Unwissenheit weiter Bevölkerungsschichten über alles, was jenseits der eigenen Gemeindegrenzen oder des eigenen Bundesstaates in der Welt geschieht, hat also auch erheblich mit mangelnder Wissensvermittlung zu tun. Wer wenig weiß, kann Lügen wenig entgegensetzen. (Und andererseits das Infragestellen des so errichteten Weltbildes durch unpassende Medieninformationen als Kampagnen der „Lügenpresse“ ignorieren oder verachten.)

Was die innenpolitischen Verhältnisse in den USA betrifft, könnte das Ergebnis (auch mit seiner befürchteten Ausstrahlung auf Europa) sogar sein Gutes haben. Denn die Chancen sind hoch, dass er beim Versuch, die im Wahlkampf geäußerten Ideen in die Tat umzusetzen, auf die Nase fallen wird. (Was insbesondere bei einer so langen und zerbrechlichen Pinocchio-Nase fatale Folgen hätte.) Eine Mauer entlang der Mexiko-Grenze – ein Witz und nicht finanzierbar! (Und wie entlarvend, dass sich Scheifele, der Chef von Heidelberg-Zement, umgehend als Helfershelfer beim Bau angedient hat.) Elf Millionen illegal eingereiste Latinos ausweisen? Die US-Wirtschaft wird sich freuen, diese billigen Arbeitskräfte loszuwerden, und das weiße Proletariat wird sich begeistert auf die Drecks- und Knochenjobs stürzen. Die den Republikanern verhasste Krankenversicherung abschaffen? Die Betroffenen werden es ihm danken. Da macht er ja schon den ersten Rückzieher.

Eine Sume von Misserfolgen würde die Aufbruchsstimmung europäischer rechter Populisten und Nationalisten erheblich dämpfen. Nicht immer nur den Teufel an die Wand malen!


Beten um Erleuchtung


Leider werden nicht nur seine Wähler – zu Recht – die Realisierung seiner unausgegorenen Ideen zu spüren bekommen, sondern der Rest der Welt ebenso. Denken wir nur an die mögliche Umsetzung des Klimaschutzabkommens. Macht er damit Ernst, würde das kurzfristig tatsächlich die Produktionskosten der US-Industrie senken und die internationale Konkurrenz – ganz ohne Schutzzölle – benachteiligen. Natürlich denkt einer wie Trump, der den Klimawandel für ein Märchen hält, nicht über die Folgen nach. Was das für die ganze Erde bedeuten würde, ist ihm und seinen Wählern ja erst einmal scheißegal. Und die paar Milliarden Sachschäden – von Menschenleben und Verletzten zu schweigen –, die etwa Tornados in den USA anrichten, haben mit Klimawandel ja gar nichts zu tun, die gab es irgendwie doch schon immer.

Der Vatikan hat seine Gratulation zur Wahl mit dem Wunsch um Erleuchtung verbunden. Ich bin zwar Atheist – aber hier schließe mich ich ihm gerne an.

 

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Doc Baumann

Doc Baumann befasst sich vor allem mit Montagen (und ihrer Kritik) sowie mit der Entlarvung von Bildfälschungen, außerdem mit digitalen grafischen und malerischen Arbeitstechniken. Der in den Medien immer wieder als „Photoshop-Papst“ Titulierte widmet sich seit 1984 der digitalen Bildbearbeitung und schreibt seit 1988 darüber.

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3 Kommentare

  1. Ja und das ist meine Hoffnung, dass er mit diesen angesprochenen Punkten so auf die Nase fällt, dass wir alle nicht nur lachen können, sondern auch mit aktiver Gegenwehr ihn in die Schranken weisen können. Der USA und da bin ich fester Überzeugung, kann diese Wahl nur guttun, damit nun die Großmäuler auf die Tatschen der Bodenfeuchte kommen und endlich die USA mal zügig und kontinuierlich regiert werden kann. Die ellenlangen Blockaden der letzten Jahre muss ein Ende haben, damit Europa selber auch wieder auf die Beine kommt. Habe die Hoffnung, dass nun in den nächsten Monaten die Zinsen wieder hochgehen, damit die Wirtschaft und der Privatmann ein solides Fundament bekommt, denn so geht das nicht weiter. Zinsen machen nicht Arm, sondern bringen Wohlstand. Was wir jetzt haben macht uns zum Bettler.

  2. Zinsen machen arm.
    Nämlich jene, die Nettozahler sind und das ist die große, große Mehrheit.

    Was Trump betrifft: über Reagan haben auch alle gelacht und Hitler ist auch legal gewählt worden.

    Was Europa betrifft: ich habe die bescheidene Hoffnung, dass er seinen Vorsatz wahr macht, TTIP platzen zu lassen – welch ein Segen.

    Ist das Glas nun halb voll oder halb leer?
    Wie immer eine Frage des Betrachtungswinkels.

    Schlimm ist nur, dass „unsere“ Politiker leider lernresistent sind und weitermachen wie bisher.

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