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Imaging limited? Über die Zukunft der photokina

Nach dem Ausfall der diesjährigen photokina soll die „Weltleitmesse für Imaging“ vom 27. bis 30. Mai 2020 das gesamte Spektrum von Foto, Video und Imaging auf dem Kölner Messegelände abbilden. Absagen wichtiger Hersteller wecken aber erneut Zweifel, ob die photokina noch eine Zukunft hat.

die Zukunft der photokina
Auf dem Rückweg von der Messe – hat die photokina noch eine Zukunft?

Die jüngste Pressemeldung der photokina gibt sich schon in der Einleitung erstaunlich defensiv: „Die photokina stellt eine einzigartige Chance dar, der Welt zu zeigen, dass die Themen Foto, Video und Imaging nicht an Relevanz verloren haben“, zitiert sie Gerald Böse, den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Koelnmesse GmbH. Böse setzt darauf, „dass die großen Player der Industrie diese Chance möglichst geschlossen nutzen“, aber die Hoffnung trügt: Unter anderem haben Leica, Nikon und Olympus bereits abgesagt und bei Fuji überlegt man noch, ob sich die Millionen für den großen Messeauftritt lohnen. Immerhin wollen Canon, Hasselblad, Panasonic, Sigma und Sony auch 2020 wieder dabei sein.

Manche pfeifen im Walde und sagen, die Absagen einiger weniger Hersteller seien gar nicht so schlimm und würden die Bedeutung der photokina nicht schmälern. Wer nicht gerade Kunde von Leica, Nikon oder Olympus ist, kann schließlich auch die photokina 2020 mit Gewinn besuchen. So formuliert es Christoph Werner, der Geschäftsbereichsleiter der Koelnmesse: „Diese Absagen bedauern wir natürlich, sie ändern aber nichts am Gesamterlebnis der photokina.“ Wenn es doch so wäre …

die Zukunft der photokina
Seifenblasen … Als wie langlebig wird sich das aktuelle Konzept der photokina erweisen?

Der Anspruch einer „Weltleitmesse“ ist es, dass alle Marktteilnehmer dort Präsenz zeigen wollen – nein, müssen. Und jahrzehntelang war es ja auch so: Wenn ein Hersteller einmal der Messe fernblieb, machte man sich unweigerlich Gedanken über dessen Zukunft, weshalb sich das keines der großen Unternehmen der Branche leisten konnte. Die photokina bildete auch nicht bloß passiv ab, was gerade aktuell war, vielmehr planten die Hersteller perspektivisch auf die photokina hin und kündigten neue Produkte auf der Messe an.

Jetzt ist es so, dass man sich nach der Absage von Nikon, einem der führenden Kamerahersteller, nicht etwa fragt, ob es Nikon so schlecht geht – vielmehr macht man sich Sorgen um die Zukunft der photokina. Und – was nicht so offensichtlich ist: Auch der Charakter einer Weltmesse droht verloren zu gehen. Wenn eine Konzernzentrale in Japan beschließt, dass man sich auf der photokina nicht länger engagiert und es der deutschen oder europäischen Vertretung überlässt, ob sie einen Messestand aus eigener Kraft bestreitet, dann sieht das Ergebnis auf den ersten Blick vielleicht nicht anders aus als in früheren Jahren. Aber es bedeutet, dass die photokina stillschweigend zu einer europäischen Messe wird. „Weltleitmesse“ klingt gut, entspricht aber nicht länger der Realität.

Hat das Konzept der klassischen Fotomesse überhaupt noch eine Zukunft? Oft ist zu hören, dass man im Internet zeitnah umfangreiche Informationen über neue Produkte fände, die einen kostspieligen Messebesuch überflüssig machten. Wer seine Traumkamera oder das Traumobjektiv selbst in die Hand nehmen möchte, dem bieten lokale Händler diese Möglichkeit. Anders sieht es für die Fachbesucher einer Messe aus, also Händler und Journalisten. Sie profitieren davon, innerhalb weniger Tage an einem Ort alle wichtigen Gesprächs- und Geschäftspartner vorzufinden. Aber erfordert das den Overhead einer Messe?

Nehmen wir einmal an, es gäbe keine photokina mehr, aber die Stadt Köln oder eine andere verkehrsgünstig gelegene Großstadt würde für eine Woche im Jahr alle foto-affinen Unternehmen einladen, sich dort zu präsentieren. Die Firmen könnten Räumlichkeiten in Hotels anmieten oder sich für den Charme der Industriearchitektur früherer Jahrhunderte entscheiden, wie es Olympus 2014 mit seinem Playground getan hat. Canon könnte sein IFA-Zelt auf irgendeiner Freifläche aufbauen. (Nicht nur) Köln böte viele kreative Möglichkeiten, sich und sein Portfolio zu präsentieren. All das würde geringere Kosten als ein konventioneller Messeauftritt verursachen und könnte dennoch ebenso viele Fachbesucher anlocken, weil es wie bei einer klassischen Messe ein Maximum an Kontakten mit einem Minimum an Kosten verspräche. Wer mag, könnte auch Veranstaltungen für Endverbraucher einplanen, die einen Mehrwert über die Angebote der lokalen Händler hinaus bieten – der Olympus Playground ist ein gutes Beispiel dafür, wie so etwas funktionieren könnte.

die Zukunft der photokina
In Zingst beispielsweise funktioniert ein Fotofestival ohne Messehallen und teure Stände.

Diese Perspektive ist keineswegs revolutionär. Veranstaltungen wie das Umweltfotofestival Horizonte Zingst oder der Oberstdorfer Fotogipfel funktionieren schon seit Jahren genau so, schließlich verfügen weder Zingst noch Oberstdorf über ein Messegelände. Ich habe ja eine sentimentale Anhänglichkeit gegenüber der photokina und würde ihr ein ewiges Leben wünschen, aber man muss auch realistisch sein: Es fällt schwer, an die Zukunft des von der Koelnmesse propagierten Konzepts zu glauben.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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Kommentar

  1. Ich werde mir nächstes Jahr KEINEN neuen Mercedes bestellen-ergo ist diese Firma wohl am Ende…
    😉
    Spaß beiseite:
    Solche Publikumsmessen wie die Photokina haben sich meines Erachtens überlebt-ähnlich wie die Kaufhäuser.
    Seit den frühen 80er Jahren bin ich alle zwei Jahre gen Mekka, sprich: Köln gepilgert.
    Aber ich empfand die Besuche dort immer weniger als informativ, zunehmend als stressig:
    Zu viele Menschen, auch Andenken- und Prospektsammler, die sich von den Eintrittspreisen nicht abschrecken lassen.
    Wie auch, wenn selbst die Darbietungen zweitklassiger Unterhaltungskünstler durchaus dreistellige Ticketpreise „rechtfertigen“.
    Aufgrund dieser Menschenmassen ist das Standpersonal genervt, die Demoobjekte sind umlagert, für konkrete technische Fragen ist „gerade niemand da“.
    Ausnahme: Die kleinen Stände der kleinen Nischenhersteller. Dort kocht oftmals noch der Chef.
    Ansonsten lärmige „events“ an allen Ecken und Enden.
    Mir reicht’s jedenfalls, 2020 werde ich wohl zum ersten Mal seit vielen Jahren nicht mehr als Besucher dabei sein.
    Informationen erhalte ich in beliebiger Menge (und leider auch in beliebiger Qualität…) im www.
    Und wenn ich mal was „anfassen“ will: Es gibt sie noch, die Fachhändler.

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