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Es gibt Wichtigeres als Bildbearbeitung

TISA auf dem Müllhaufen der Geschichte | Foto/Montage: Doc Baumann

24 TISA
TISA auf dem Müllhaufen der Geschichte | Foto/Montage: Doc Baumann

Vor einer Woche hatte ich in meinem Blog dazu aufgerufen, eine Petition gegen die Abschaffung der Panoramafreiheit zu unterschreiben. Selten wurde ein DOCMA-Beitrag häufiger aufgerufen – vielen Dank für Euer Engagement! Auch diesmal geht es wieder darum, eine Petition zu unterzeichnen. Und diese ist noch sehr viel wichtiger als eine, in der es nur um unser Recht geht, in der Öffentlichkeit zu fotografieren: das TISA-Abkommen.

Als ich an dieser Stelle vor längerer Zeit auf die Gefahren verwies, die das Geheimabkommen TTIP für unsere Demokratie mit sich bringt, gab es eine Menge Zustimmung (in dem Sinne: auch mal über den Tellerrand schauen), aber auch ein paar kritische Anmerkungen der Art: „Schuster, bleib bei Deinen Leisten“ oder „Da sollten Sie sich erst mal besser informieren“.

Bei meinen Leisten bleibe ich durchaus, denn ich bin nicht nur Bildbearbeiter und Journalist, sondern auch Bürger. Und als solcher möchte ich nicht nur alle paar Jahre mein Kreuzchen in der Wahlkabine machen, sondern auch in der Zeit dazwischen dazu beitragen, dass die Gewählten und Nichtgewählten nicht machen können, was sie wollen.

(Zum Thema Wahlen und Wahlbeteiligung ließe sich eine Menge sagen, auch zu den tollen Ideen mancher Politiker, wie dieser Prozentsatz hochzubringen wäre. Wenn keine Partei mehr das vertritt, was man für richtig hält, und jede das, was sie vor der Wahl versprochen hat, über den Haufen wirft, sobald sie die Regierung (mit)stellt – wen soll man dann noch wählen? Pragmatischer Vorschlag: Es ziehen prozentual nur so viele Abgeordnete in den Bundestag ein, wie sich aus der Wahlbeteiligung ergibt.)

Zurück zum Thema. Sachkundig über etwas berichten kann man nur, wenn man hinreichend Informationen hat. Wenn zwischenstaatliche Verhandlungen aber auf geheimster Ebene geführt werden, obwohl die Ergebnisse nach dem Inkrafttreten die demokratischen Wahl- und Meinungsbildungsprozesse der unfreiwillig Betroffenen in den Mülleimer stampfen werden, kann irgendetwas nicht stimmen. Viel weiß man nicht – nur dies ist durchgesickert: TISA wird vor allem ein Instrument der Konzerne werden, um zahllose Dienstleistungen, die derzeit und traditionell aus guten Gründen von Staat, Land oder Kommune verwaltet werden, unumkehrbar zu privatisieren. Was dabei herauskommt an Qualität, Kosten, Nachhaltigkeit und so weiter lässt sich in vielen Ländern bereits sehen – nach unseren Maßstäben erschreckend.

Es geht etwa um das Gesundheits- und Bildungswesen, um die Wasserversorgung, sogar über die Privatisierung der Justiz wird diskutiert. Dabei erleben wir in Deutschland seit Jahren, wohin es führt, wenn Bereiche privatisiert werden: Post (kaum noch Filialen), Bahn (unpünktlich, Schließung von Bahnhöfen, Streckenstillegungen, marode Züge), Energieversorgung usw. usw.

Wenn das alles ganz harmlos wäre – warum wird es dann wie TTIP höchst geheim verhandelt? Wieso bestehen etwa die USA darauf, dass die Ergebnisse erst Jahre nach dem Inkrafttreten öffentlich werden dürfen? Und wo wir schon bei den USA sind (Anti-Amerikanismus, Anti-Amerikanismus!): Glaubt nach den neuesten Abhörlisten der NSA, deutsche Ministerien betreffend, noch irgendjemand an die Anti-Terror-Märchen? Terrorplanung im Berliner Landwirtschaftsministerium? (Bombenbau mit Düngemittel-Zusätzen?) Dass die NSA das Handy einer ehemaligen FDJ-Funktionärin für Agitation und Propaganda zwecks Terror-Prävention überwacht, die es ins Kanzleramt verschlagen hat, kann man ja noch verstehen 😉

Aber im Ernst: Warum hört und liest die NSA wohl bei Behörden mit, die in die TTIP- und TISA-Verhandlungen eingebunden sind? Und das wohl kaum nur in Deutschland. (Am Rande, aber immer wieder wichtig: Viele abgehörte Staaten profitieren immens von den Daten, die E. Snowden und J. Assange zugänglich gemacht haben – und weigern sich feige noch immer, ihnen Asyl zu bieten. Aus Angst, die USA zu verprellen, die ständig aufs Neue demonstriert, wie scheißegal es ihr ist, diese Verbündeten ihrerseits zu verprellen.)

Bitte schauen Sie sich die Fakten an, die zu TISA zusammengetragen wurden, und unterschreiben Sie die Petition gegen dieses neue Geheimabkommen.

PS: Bitte die Meldung weiterverbreiten! Auch die Abbildung darf bei Nennung von DOCMA und Urheber gern frei (und unverändert) verwendet werden.

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Doc Baumann

Doc Baumann befasst sich vor allem mit Montagen (und ihrer Kritik) sowie mit der Entlarvung von Bildfälschungen, außerdem mit digitalen grafischen und malerischen Arbeitstechniken. Der in den Medien immer wieder als „Photoshop-Papst“ Titulierte widmet sich seit 1984 der digitalen Bildbearbeitung und schreibt seit 1988 darüber.

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3 Kommentare

  1. in einem Magazin, das sich mit Bildbearbeitung befasst, gibt es m.E. nichts Wichtigeres als dieses Thema. Politische Themen möchte ich zumind. nicht hier diskutieren – egal ob es die NSA, TTIP oder die Hütchenspiele der Athener Dilettantentruppe ist.

    Sie mögen mit Ihrer Meinung durchaus Recht haben, aber die DOCMA ist eine Fachzeitschrift, in der es nach meinem Dafürhalten keinerlei Grund gibt, sich mit Weltgeschichte zu befassen. Dafür gibt es gefühlte 1000 Foren, in denen man seine Meinung zu den aktuellen Themen kundtun kann.

  2. Ich muss hier vehement widersprechen: sogar im scheinbar Privaten sind wir – ob wir es wollen oder nicht – Teil der Weltgeschichte und es ist absolut legitim und auch notwendig, solche Zusammenhänge anzusprechen – wo auch immer. Vielleicht mag es ja dem Einen oder Anderen völlig egal sein, ob er als Marionette von Konzernen unter Aufgabe seiner elementaren Freiheitsrechte lebt, solange er sich nur hinreichend mit – in diesem Falle – Bildbearbeitung beschäftigen kann.
    M.E. ist es absolut begrüßenswert, wenn Doc Bauman hier wieder einmal aus gutem Grund den Blick auf Dinge jenseits des Fachidiotenhintergrunds lenkt. Tätig werden muss daraufhin ja sowieso jeder für sich, indem er beispielsweise die Petition unterzeichnet, Informationen weiter trägt oder sich überhaupt wenigstens erst einmal dazu informiert.
    Aber den Kopf in den Sand zu stecken und sich nur um den eigenen Kram zu kümmern, war ja schon immer viel leichter – die späteren Folgen dieser Haltung für sich oder auch andere, stärker Betroffnene zu (er)tragen schon weniger.

  3. und hinterher heißt es dann entweder: „das habe ich ja gar nicht gewusst.“ oder (noch schlimmer): „ich bin nicht verantwortlich, ich habe ja nur befehle/anweisungen ausgeführt.“
    nur nichts sehen, nichts hören und über nichts reden, dann ist man es nicht gewesen und war ahnungslos und deshalb auch völlig unschuldig.
    wie bei den kleinen kindern, die sich beim verstecken spielen die hände vor das gesicht halten und glauben, nicht zu sehen zu sein, weil sie selbst nichts sehen.

    ich wurde unlängst angefeindet und meine kommentare gelöscht, weil ich unter einigen bildern angemerkt habe, dass ich die bilder schön finde, aber langweilig.
    so weit sind wir mittlerweile.

    lieber doc baumann,
    bitte unbedingt weiter weltpolitik diskutieren!
    wir alle sind politiker, habe ich mal in der schule (ost) gelernt.

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