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Sensorgeflüster: Krumme Dinger – Sensoren mit gekrümmter Oberfläche

Von Sensoren mit gekrümmter Oberfläche (und ihren Vorzügen) wurde schon öfter berichtet; jetzt steigt ein französisches Start-up in die Serienproduktion ein. In der Fotografie werden solche Sensoren aber wohl noch nicht Einzug halten.

Sensorgeflüster: Krumme Dinger – Sensoren mit gekrümmter Oberfläche
Handelsübliche Sensoren lassen sich in eine gekrümmte Form zwingen. (Bild: Curve One)

Ein unkorrigiertes Objektiv erzeugt eine gewölbte Schärfenebene. Da übliche Sensoren dagegen plan sind, können sie ein ebenes Motiv nicht in der Mitte und am Rand gleichmäßig scharf abbilden. Umgekehrt gilt, dass Motive in unterschiedlicher Entfernung dennoch scharf abgebildet werden können, denn auch die Schärfenzone ist gekrümmt. In der analogen Ära haben die Objektiventwickler eine geringe Bildfeldkrümmung noch akzeptiert, da auch der Film nicht exakt plan liegt, aber Digitalkameras erfordern Objektive mit einem Bildfeld, das so plan wie der Sensor sein sollte.

Die Korrektur der Bildfeldkrümmung erfordert zusätzliche Linsen, was die Objektive nicht nur größer und schwerer macht – diese Korrekturelemente können auch andere Abbildungsfehler wie die chromatische Aberration begünstigen. Hätten die Sensoren eine Krümmung, die der Bildfeldwölbung entspricht, könnten Objektive einfacher aufgebaut sein und dennoch eine höhere Abbildungsleistung aufweisen.

Sensorgeflüster: Krumme Dinger – Sensoren mit gekrümmter Oberfläche
Verglichen mit einem Objektiv für einen planen Sensor (links) kann ein Objektiv für einen Sensor mit gekrümmter Oberfläche einfacher ausfallen. (Bild: Curve One)

Das französische Start-up Curve-One arbeitet schon länger an einer Technologie gekrümmter Sensoren und hat jetzt angekündigt, in deren Massenproduktion einzusteigen. Dabei handelt es sich um handelsübliche Sensoren, deren Rückseite zunächst abgeschliffen wird, denn nur ein hinreichend dünner Siliziumkristall lässt sich biegen, ohne zu zerbrechen. Danach wird der Chip in eine Keramikform mit einer vorgefertigten Krümmung gepresst und mit dieser verklebt. Auf diese Weise lassen sich Sensoren mit konkaver und konvexer Wölbung herstellen.

Die europäische Raumfahrtorganisation ESA hat bereits Interesse an solchen Sensoren mit gekrümmter Oberfläche angemeldet, und die ersten Anwendungen könnten im Bereich der Astronomie liegen. Der Einsatz gekrümmter Sensoren in Systemkameras ist zunächst weniger wahrscheinlich.

Alle populären Kamerasysteme verfügen über eine große Auswahl an Objektiven, die für plane Sensoren optimiert sind. Ihre Bildfeldwölbung mag nicht vollständig eliminiert sein, aber insgesamt liefern sie mit planen Sensoren ihre beste Leistung. Ein gekrümmter Sensor könnte die Aufgabe der Objektiventwickler langfristig erleichtern, aber zunächst müssten neue Objektive für einen bestimmten Krümmungsradius des Sensors gerechnet werden. Es würde Jahre dauern, bis ein komplettes Objektivportfolio bereitstünde, so dass der Wechsel zu gekrümmten Sensoren einem Systemwechsel gleichkäme. Zoom-Objektive wären eine besondere Herausforderung, da sich die Bildfeldwölbung mit der Brennweite ändern kann. Curve One hat gute Ergebnisse mit einem 2-fach-Zoom erzielt, aber der Zoomfaktor gängiger Objektiv ist ja meist größer. Nun, wer weiß – vielleicht setzen sich gekrümmte Sensoren ja doch irgendwann durch und die Objektive werden wieder kleiner und leichter, während der Trend der letzten Jahre ja eher zu großen und schweren, dafür aber hoch korrigierten Konstruktionen ging.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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