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Rosa Brille 2.0

Adobe hat für Oktober 2015 revolutionäre bluetoothfähige Kontaktlinsen angekündigt. Wenn man den vollmundigen Versprechungen des Unternehmens Glauben schenkt, muss sich fortan niemand mehr die Realität schön trinken oder die sprichwörtliche Rosa Brille aufsetzen – vorausgesetzt, die High-Tech-Kontaktlinsen sind für Durchschnittsverdiener erschwinglich. Einen Preis für das Wunderwerk der Technik nannte Adobe wohlweislich noch nicht.

Packshot_Adobe Lens_01.04.2015Mit „Adobe Lens“ – wenn sie denn zur Marktreife gelangt – bringt Adobe den Augmented Reality-Trend in der Tat auf das nächste Level. Anwender sollen mit den Bluetooth-fähigen Kontaktlinsen über das eigene Smartphone oder Tablet ihre Umwelt in Echtzeit schöner gestalten können. Mit der dazu gehörigen App „Photoshop Lens Clip Mobile“ würden die übertragenen Daten als Foto- oder Videodatei verarbeitet und durch fortschrittliche Algorithmen digital retuschiert, heißt es in der Produktankündigung. Bei der von führenden Augenoptikern mitentwickelnden Adobe Lens setzt Adobe auf die populären Programme Photoshop und Premiere und verknüpft diese mit zukunftsweisender Hardware-Technologie wie transparenten, biegsamen Akkus und Funk-Chips.

Eine Beta-Version der Adobe Lens will Adobe auf der Übertragungstechnik-Messe NAB Show vom 11. bis zum 16. April 2015 in Las Vegas zeigen. Marktreife soll das neue Hardware-Produkt des Software-Riesen bis zur Adobe-Hausmesse MAX Anfang Oktober 2015 erreichen.

So funktioniert’s

Anwender setzen einfach die Linsen in beide Augen ein, starten die App Photoshop Lens Clip Mobile auf ihrem Smartphone oder Tablet und können sofort ihre Umwelt in einem atemberaubend neuen Look erleben. Auf Wunsch nimmt die App die notwendigen Berechnungen automatisch vor. Sie verwandelt etwa das Gesehene in Echtzeit in Hochkontrast-Bilder (HDR), sodass die Umwelt bis zu zweimal heller und 64-fach farbprächtiger und somit deutlich freundlicher erscheint. Um das Erlebnis ihren individuellen Bedürfnissen anzupassen, können Anwender aus verschiedenen Farbprofilen (Presets) wählen, die die Umwelt zum Beispiel in warmes Karibik-Licht taucht, oder ihr einen grünlich-coolen Look wie im Film „The Matrix“ verleihen.

Der Clou ist, dass Photoshop-erfahrene ihre Sicht auf die Umgebung auch ganz nach ihren individuellen Vorstellungen verändern. So kann der graue Büroalltag oder der Gang durch den tristen Großstadtdschungel ganz neu und farbenfroh wahrgenommen werden. Darüber, wie diese Individuelle Anpassung funktioniert, schweigt sich Adobe noch aus.

Intuitive Gestensteuerung

Nutzer von Adobe Lens können ihre Umwelt laut Produktbeschreibung nicht nur in neuem Glanz erscheinen lassen, sondern die umwerfenden Seherlebnisse als Erinnerung festhalten – mehr als zwei Wimpernschläge seien dazu nicht nötig, so Adobe. Wenn Nutzer mit der linken Adobe Lens zweimal blinzeln (der sogenannte Doppelklimper), nimmt die integrierte Digitalkamera 56-Megapixel-Bilder auf. Ein Doppelklimper mit dem rechten Auge soll genügen, um Videos im zukunftsweisenden 16K-Standard (15.720 x 8.640 Pixel) für die Fernsehergeneration von morgen aufzuzeichnen.

Adobe Lens_Mood_01.04.2015Ein Hauch von Nichts

Die Bilddaten tauschen die Kontaktlinsen und das mobile Endgerät über Bluetooth aus. Die Einrichtung erfolgt ganz einfach per NFC (Near Field Communication), sodass Nutzer das Smartphone nur einmal nah vor ihre Augen halten müssen, damit eine Verbindung hergestellt wird. Für diese Zwecke verwendet Adobe erstmals überhaupt in einem Produkt für Konsumenten transparente Sensoren, Funkchips und Akkus, damit die verbauten Komponenten eine uneingeschränkte Sicht ermöglichen.

Die Akkukapazität genügt, um Adobe Lens bis zu 24 Stunden tragen zu können, sodass Gadget-Liebhaber auch einmal eine Nacht durchfeiern können. Um Adobe Lens aufzuladen, legen Nutzer sie einfach auf die im Lieferumfang enthaltene induktive wasserstoffbetriebene Tauch-Ladestation. Sie versorgt Adobe Lens mit neuer Energie und benetzt sie mit Feuchtigkeit. 15 Minuten Ladezeit sollen ausreichen, um Adobe Lens an einem Acht-Stunden-Tag im Büro tragen zu können.

Korrigiert auch Sehfehler

Die Adobe Lens verändert nicht nur die Sicht auf die Realität, sondern ist gleichzeitig eine hochwertige Kontaktlinse, für deren Entwicklung Adobe ein führendes Augenoptik-Forschungsinstitut mit ins Boot geholt hat. Adobe Lens ist 100 Prozent luftdurchlässig und lässt sich bis zu 24 Stunden lang angenehm tragen, versprechen die Entwickler. Dank eines hochentwickelten Selbstreinigungsmechanismus sei Adobe Lens auch leicht zu pflegen, heißt es in der Ankündigung. Integrierte Smart Lotus-Sensoren registrierten etwa Staubfusseln und stießen diese automatisch ab.

Wir sind gespannt auf die Prototypen, die Adobe Mitte April vorstellen will und halten Sie über die weitere Entwicklung auf dem laufenden. Allerdings ist die Erfindung durchaus auch kritisch zu betrachten, da die Technologie sich vermutlich leicht zur Beeinflussung von Menschen für politische und kommerzielle Zwecke missbrauchen lässt oder gar süchtig machen kann. Aus Verbrauchersicht ein klarer Nachteil gegenüber der alt bewährten Rosa Brille.

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Johannes Wilwerding

Johannes Wilwerding hat bereits Mitte der Achziger Jahre und damit vor dem Siegeszug von Photoshop & Co. Erfahrungen in der Digitalisierung von Fotos und in der elektronischen Bildverarbeitung gesammelt. Seit 2001 ist er freiberuflicher Mediengestalter und seit 2005 tätig für das DOCMA-Magazin.

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