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Sehenswert: Festival La Gacilly Baden Photo 2019

Unter dem Motto „Hymne an die Erde“ zeigt das Festival La Gacilly-Baden bis zum 30. September 2019 insgesamt 35 Ausstellungen mit rund 2000 Bildern auf den Straßen und Parks des österreichischen Kurorts im Wiener Umland. Die Ausstellungen erläuft der fotografisch interessierte Besucher in zwei großen Schleifen durch das Badener Altstadt-Zentrum sowie durch den Doblhoffpark, den Gutenbrunner Park und den Kurpark. Zusammen ergibt das einen Spaziergang von fast sieben Kilometern Länge.

Der Anspruch von La Gacilly Baden

Mit zeitgenössischer Fotografie wird die Schönheit unserer Erde ebenso beschrieben wie die Gefahren, die dem Blauen Planeten und der Menschheit drohen. Dabei spannen die Ausstellungen einen Bogen der fotografischen Beobachtungen. Von Thomas Pesquets Impressionen der Erde, die er als Astronaut 196 Tage lang in der Internationalen Raumstation ISS umkreiste, bis zu Spike Walkers millionenfachen Vergrößerungen des Lebens, wie es sich unter dem Mikroskop darstellt. Zwischen Orbit und Mikrokosmos visualisieren weitere 33 Ausstellungen unser Dasein. Ihr gemeinsames Plädoyer: Frieden, Toleranz und Miteinander, getragen von humanistischer Gesinnung. Zu sehen sind Arbeiten von Philippe Bourseiller, Jean Gaumy, Olaf Otto Becker, Matthieu Ricard, William Albert Allard, Shana & Robert Parke Harrison, Karen Knorr, Jan C. Schlegel, Michael Nichols, Emil Gataullin, Claudia Andujar, Miguel Dewever-Plana, Brent Stirton, Fausto Podavini, Emanuele Scorcelletti, Frédéric Delangle, Phil Hatcher Moore, Édouard Elias, Catalina Martin-Chico, Stéphane Couturier, Patrick Tourneboeuf, Chris Jordan, Matjaz Krivic, Laetitia Vancon, Andréa Mantovani, Joséphine Brueder, Gerd Ludwig, Pascal Maitre sowie Cooper & Gorfer.

Die Einordnung von La Gacilly Baden

Für den deutschen Raum ist das Profil dieses Foto-Festivals eher untypisch. Auch wenn die ausgestellten Fotografen und Künstler aus der ganzen Welt kommen, habe viele der Bilder eine eher „französische“ Bildsprache. Die zeigt sich – im Gegensatz zur deutschen, die das technisch Perfekte und das vermeintlich Wahrhaftige in den Vordergrund stellt –, indem sie es auch gestattet, die Realität des Hier und Jetzt zu verlassen. Drei Ausstellungen wenden sich dem „Was-wäre-wenn“ zu und zeigen großformatige Arbeiten, die im Stil eher an poetischen Realismus mit fotografischen Mitteln erinnern als an die fotografisch-technische Abbildung von Wirklichkeit. Photoshop lässt grüßen.

SHANA & ROBERT PARKEHARRISON  • SURREALE WELT

Fremdartige Bilder mit antiquiert anmutenden Farbschattierungen, die geradewegs einem Traum zu entstammen scheinen. Eine bizarre Welt, in der Menschen versuchen, ein malträtiertes Stück Land wiederherzustellen, oder sich an einem Baum festhalten, der vereinzelt in einer gerodeten Umgebung steht. Robert wurde 1968 in Missouri geboren, Shana 1964 in Oklahoma. Die beiden Kunstfotografen und engagierten Umweltschützer arbeiten seit über 20 Jahren zusammen. Mit ihren Werken, die sich einer surrealistischen Bildsprache bedienen, wollen sie der Tatsache entgegentreten, „dass die einst so verheißungsvolle Verbindung zwischen Mensch, Technologie und Natur zunehmend brüchiger wird“, weil Wissenschaft und Technik es nicht geschafft haben, die Probleme der Menschheit zu lösen. Die poetische Symbolsprache dieser Bilder regt zum Nachdenken über das komplexe Verhältnis an, das jeden Einzelnen von uns mit unserem Planeten verbindet.

KAREN KNORR • FABELN

Karen Knorr entführt uns mit ihren Bildern auf die andere Seite des Spiegels. Die englische Fotografin gehört einer Generation an, die das Wesen des fotografischen Kunstwerks hinterfragt und in ihm nicht mehr nur ein Abbild der Wirklichkeit sieht, sondern ein eigenständiges, gemachtes Bild. Sie zeigt Füchse, Wildschweine, Hirsche oder Reiher, die sich in prunkvolle Gemächer des Ancien Régime vorgewagt oder in prächtigen indischen Palästen verlaufen haben. So entstehen unwirkliche Szenen, denen der Betrachter, halb amüsiert, halb beunruhigt, mit zweifelndem Blick gegenübersteht, in stillschweigender Anerkennung des Paktes. So bekommt Knorrs Werk in seiner allegorischen Gestalt Züge einer Parodie auf die Kunstformen der Vergangenheit sowie einer Kritik des ästhetischen Urteils.

COOPER & GORFER • AUS DEN ERZÄHLUNGEN…

Das österreichisch-amerikanische Künstlerduo Sarah Cooper und Nina Gorfer konzentriert sich in seinen Arbeiten auf die weiblichen Aspekte kultureller Identität. Cooper & Gorfer beleben die Tradition der Porträtmalerei wieder, indem sie die Geschichte der Dargestellten dekonstruieren. Ihre fotobasierten Bildcollagen fußen auf anthropologisch geprägter Recherche in einem Versuch, die persönlichen und kollektiven Geschichten ihrer Protagonistinnen in einem Bild zu verdichten. Wie im Manierismus und Surrealismus der Kunstgeschichte artikulieren sie die unbewussten Aspekte einer Person, sezieren fotografisch unsere Vorstellungen von Identität und wie unser kulturelles Erbe unser Handeln und unsere Wahrnehmung der Welt beeinflusst.

© Emanuele Scorcelletti / Festival La Gacilly-Baden Photo

Der Hintergrund von La Gacilly Baden

Jacques Rocher, ein Erbe von Yves Rocher, hat das Festival im Jahre 2004 in seinem Geburtsort La Gacilly in der Bretagne ins Leben gerufen und es dem Thema Mensch und Umwelt gewidmet. Er tat es aus tiefster Überzeugung, dass es geradezu unsere Pflicht ist, uns ständig mit der Zukunft unseres Planeten auseinanderzusetzen. Er formt das Festival seither zu einem Ereignis, dessen gesellschaftliche Relevanz durch das Zusammenführen von künstlerischer Fotografie und Fotojournalismus zu einem internationalen Maßstab geworden ist. Seit 2018 werden die Bilder der Ausstellungen aus La Gacilly durch eine Kooperation mit dem Badener Verleger Lois Lammerhuber zeitversetzt im österreichischen Kurort Baden gezeigt. 


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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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