Schon gestern erschien offiziell Photoshop 24.5 – zum einen mit sehr nützlichen Verbesserungen, die Sie vielleicht aus der vorigen Beta-Version kennen, zum anderen aber auch mit einer ganz neuen »Kontextbezogenen Taskleiste«. Den Knaller zündet Adobe aber mit der heutigen Beta-Version 24.6 von Photoshop, mit der die generative KI (jetzt wirklich!) Einzug hält. Die ist auch für die Fotoretusche sehr interessant.

Photoshop 2023, Version 24.5
Es gibt praxis-relevante Workflow-Verbesserungen.
Version 24.5: Das Entfernen-Werkzeug
Das bereits im März 2023 in der Beta-Version vorgestellte »Entfernen-Werkzeug« (meine damalige Einschätzung dazu hier auf meiner Facebook-Seite) macht die »inhaltsbasierte Füllung« und viele aufwendige Retuschen weitgehend überflüssig. Das Tool erkennt Strukturen im Bild und setzt sie beim Entfernen von störenden Elementen glaubhaft fort. Nicht immer perfekt (mitunter wirken manche erzeugten Strukturen etwas zu weich), aber oft gut genug. Das erste Resultat lässt sich dann in der Regel mit ein paar Pinselstrichen so weit verbessern, dass man nur noch wenig oder gar nicht mit »Reparaturpinsel« und »Kopierstempel« nachhelfen muss. Versuchen Sie doch einmal, mit anderen Werkzeugen die folgende Retusche nachzustellen, die ich hier mit wenigen Pinselstrichen in unter einer Minute durchgeführt habe:


Version 24.5: Modernes Verlaufswerkzeug
Das moderne Verlaufswerkzeug hatte ich Ihnen in meinem Blogbeitrag bereits im Oktober letzten Jahres vorgestellt. Meine dort geäußerten Wünsche wurden tatsächlich (zum Teil) erhört! Denn jetzt kann man mit dem Verlaufs-Widget auch in Masken arbeiten und sieht beim Aufziehen und Ändern des Verlaufs immer eine Live-Vorschau. Das Setzen von Farbpunkten auf dem Widget im Bild ist für erfahrene Anwender durch Ausprobieren schnell herauszufinden (man muss leicht neben die Verlaufsachse klicken! Zum Entfernen zieht man die Punkte einfach weit genug aus der Achse.). Transparenz-Stops kann man nach wie vor nur im »Eigenschaften«-Bedienfeld setzen.

Version 24.5: Korrekturvorgaben
Unausgegoren ist das überarbeitete »Korrekturen«-Panel. Neben einigen mehr oder weniger nützlichen Presets zum Anlegen von Einstellungsebenen für bestimmte Looks gibt es jetzt auch eine Listenansicht statt der Icons. Eigene Presets kann man nicht anlegen. Aber immerhin gibt es eine Live-Vorschau, wenn man mit dem Cursor über die Preview-Bildchen fährt.


Version 24.5: Kontextbezogene Taskleiste
Über »Fenster > Kontextbezogene Taskleiste« können Sie ein neues Bedienelement mit den wichtigsten Werkzeugen und Optionen einblenden, das lange Mauswege erspart. Je nachdem, was Sie aktiviert haben (Ebene, Maske, Textebene …) werden unterschiedliche Optionen angezeigt. Praktisch! In der Grundkonfiguration aber auch ein wenig nervig, da die Taskbar immer an die Stelle einer Auswahl springt. Sie lässt sich jedoch über das Drei-Punkte-Menü anpinnen. Interessant ist die Taskbar insbesondere im Zusammenhang mit der »Generativen Füllung«, weil man hier nach dem Erzeugen einer Auswahl direkt den Prompt eingeben und ausführen lassen kann.


Gamechanger in der Photoshop Beta (24.6): Generative KI-Füllung

Funktionsweise der generativen Füllung
Für eine »Generative Füllung« muss das Dokument im RGB-Modus mit 8 bzw. 16 Bit Farbtiefe vorliegen. Außerdem benötigen Sie immer eine Auswahl. Rufen Sie nach deren Erzeugung entweder »Bearbeiten > Generative Füllung« auf oder nutzen Sie die kontextbezogene Taskleiste. Sie haben zwei Möglichkeiten:
- Mit Prompt: Sie geben – auf Englisch! – eine Beschreibung dessen ein, was Sie erzeugen möchten und klicken dann auf »Generieren«.
- Ohne Prompt: Lassen Sie das Prompt-Feld frei und klicken direkt auf »Generieren«. Die Füllung wird dann aus dem umliegenden Bild abgeleitet. Das ist primär für die Retusche und das Erweitern von Bildern extrem praktisch.
Die Funktion erzeugt einen neuen Ebenen-Typ: eine generative Ebene. Diese hat eine automatisch erzeugte Maske und speichert die verschiedenen generierten Varianten. Standardmäßig werden immer drei Varianten erzeugt, zwischen denen Sie durch Anklicken im »Eigenschaften«-Bedienfeld wechseln können. Dort können Sie auch mit der »Generieren«-Schaltfläche weitere Varianten erzeugen.



Die generative Füllung erzeugt übrigens immer Ergebnisse mit einer Größe von 1024 × 1024 Pixeln. Ist Ihr Bild größer oder kleiner, wird der eingefügte Inhalt automatisch skaliert. Wundern Sie sich also nicht, wenn die Ergebnisse bei größeren Bildern (noch) weich und detailarm erscheinen.
Bilder erweitern mit der generativen Füllung
Um ein Bild über die Bildränder hinaus zu erweitern, funktioniert das verblüffend gut. Sie müssen nur das Bild mit dem »Freistellungswerkzeug« erweitern, den erzeugten Bereich mit der »Rechteckauswahl« auswählen und dann – ohne Prompt! – auf »Generieren« klicken:

Ich habe das Ganze dann einmal mit einem Burgfoto, das ich vor Jahren mit einem Handy gemacht hatte, auf die Spitze getrieben:

Für das Ergebnis lassen sich beliebig viele generative Ebenen kombinieren:

Toll wäre es, wenn »Generieren« die »Inhaltsbasiert füllen«-Option beim »Freistellungswerkzeug« ersetzt. Denn wie Sie sehen, funktioniert das erstaunlich gut. Übrigens, das ist auch prima, um leere Bereiche zu füllen, die sich bei optischen Korrekturen oder bei Panoramen ergeben können.

Retusche mit der generativen Füllung

Elemente mit der generativen Füllung hinzufügen/ändern
Hier nur einige Beispiele.










Fazit: Photoshop KI
Sie sehen schon, das Ganze kann ziemlich süchtig machen. Spaß macht es auf jeden Fall. Fotografische, hochauflösende Qualität sollten Sie aber noch nicht in jedem Fall erwarten. Das Konzept mit den generativen Ebenen ist auf jeden Fall genial. Nie war es so einfach und non-destruktiv schnell, verschiedene Elemente zu erzeugen und in Bilder einzufügen. Hervorragend ist die automatische Anpassung an vorhandene Bildinhalte, sodass die Lichtsituation, Farbe und selbst Spiegelungen oft gut getroffen werden. „Reine Fotografen“ dürften sich in erster Linie über die Retusche-Möglichkeiten und die generative Bilderweiterung freuen. Meiner Meinung nach ein großer Wurf von Adobe.

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