Urheberrecht in der Grauzone

Wenn es ein Thema gibt, das die Bildkultur aktuell spaltet wie kein anderes, dann ist es die Frage nach der Urheberschaft in Zeiten generativer KI. Wir erleben gerade das größte juristische Vakuum seit der Erfindung der Fotografie. Wer ein Bild macht, ist nicht mehr zwingend derjenige, der eine Kamera in der Hand hält. Und manchmal ist es nicht einmal ein Mensch. Diese Verschiebung trifft auf ein Urheberrecht, das für eine völlig andere Epoche geschaffen wurde – eine Zeit, in der visuelle Werke eindeutig auf menschliche Schöpfung zurückzuführen waren. Egal ob Kamera, Pinsel oder Photoshop – am Ende stand ein Mensch, der Entscheidungen traf und Verantwortung trug. Heute jedoch trainieren KI-Modelle auf Milliarden Bildern, ohne dass die Urheber gefragt oder beteiligt werden. Die Modelle erzeugen Werke, die an irgendetwas erinnern, das einmal im Datensatz lag – aber niemand weiß wo, niemand kann es zurückverfolgen, und niemand trägt Verantwortung. Juristisch ist das eine Katastrophe, kreativ eine Chance und politisch ein Minenfeld. Die unbequeme Wahrheit ist, dass wir das Rad nicht zurückdrehen werden. KI ist da – und bleibt. Die entscheidende Frage lautet daher nicht mehr, ob wir sie akzeptieren, sondern wie wir sie einordnen. Genau hier prallen die Positionen aufeinander. Die einen wollen KI-Bilder komplett aus dem Schutzbereich des Urheberrechts verbannen, andere fordern Vergütungsmodelle für jede Datennutzung. Doch beides ignoriert die Realität moderner Kreativarbeit: Bildschaffende arbeiten längst hybrid. Sie fotografieren, komponieren, generieren, mischen. Das Ergebnis ist ein Werk – aber seine Herkunft ein Patchwork aus Quellen, Prozessen und Tools. Eine KI ist dabei weder Dieb noch „Schöpfer“, sondern ein Werkzeug, trainiert auf einem gewaltigen Fundus menschlicher Kultur. Und wir haben es versäumt, dafür klare Spielregeln zu definieren. Solange diese Regeln fehlen, bleibt die Verantwortung bei uns Bildmachern. Wer KI einsetzt, sollte transparent sein. Wer fremde Bilder nutzt, sollte Respekt zeigen. Und wer neue Welten erschafft, sollte wissen, dass seine Arbeit auf einem kulturellen Fundament steht, das größer ist als er selbst. Dafür müssen wir weg vom Schwarz-Weiß-Denken: nicht Kamera gegen KI, nicht Urheberrecht gegen Innovation, sondern neue Regeln für ein neues Medium. Wir brauchen eine Basis, die die Realität heutiger kreativer Prozesse abbildet, KI nicht verteufelt, aber ihre Herkunft anerkennt. Denn am Ende zählt nicht, wie ein Bild entstanden ist – sondern ob wir bereit sind, Verantwortung für seine Entstehung zu übernehmen. Herzlichst IhrBenjamin Lorenz

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