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Miesepeter, Klugscheißer und Co.

Ich gebe es zu: Wenn ich Zeit totschlagen muss (sei es, weil ich auf die Bahn warte, im Stau auf der Autobahn stehe oder weil mein Rechner blockiert ist, weil er gerade an 3D-Renderings werkelt etc. pp. …), dann surfe ich im Internet und ich kommentiere und verbreite die „Frohe Botschaft“, dass ich die ein oder andere Kleinigkeit ein wenig besser weiß und kann als andere (die wieder ganz andere Dinge sicherlich viel besser wissen und können als ich). Das mache ich nicht vorsätzlich, um zu klugscheißen, sondern – kannste glauben! – unter der Prämisse, anderen zu helfen, das – wie auch immer geartete – Problem und sich selbst besser zu verstehen. Je nach Situation, Fragestellung und Laune fällt dann der eine oder andere Beitrag in Mails, Foren oder sozialen Medien mitunter – sagen wir es mal so – „emotional missverständlich“ aus. Miesepeter? Troll?

Nomad_Soul – Fotolia
Nomad_Soul – Fotolia

Es ist vielleicht meiner (norddeutschen?) Mentalität geschuldet, Dinge kurz, knapp und direkt auf den Punkt zu bringen. Das funktioniert als Advocatus Diaboli (das ist für mich ein völlig legitimes Stilmittel!) völlig übersteigert und überzogen formulierend besonders gut (vermeintlich). Aber das kommt dann beim Rezipienten oft und „irgendwie“ 😉 dennoch völlig falsch an. Denn eine Diskussionskultur mit Spaß an diversen Stilmitteln wie etwa der Über- und Untertreibung und dem vollfrontalen Präsentieren der Meinung der Gegenseite existiert wohl – außerhalb der IMHO wirklich großartigen Satireseite „Der Postillon“ – genauso wenig wie die versucht-rational-beschwichtigende Präsentation von Fakten, mit der sich gerade manche Politiker reihenweise selbst ins Abseits der Wähler-Wahrnehmung schießen. Rationalität an sich ist schon eine Fiktion in akademischen Kreisen – aber viel mehr noch außerhalb dieser – und schon gar nicht in der Masse. Ein Blick in die aktuellen Medien genügt. Aber das will ich gar nicht weiter ausführen. Politische Statements überlasse ich mal traditionellerweise Doc Baumann – der vieles wohl sowieso ganz anders sieht als ich.

Worüber ich eigentlich schreiben wollte, ist, warum – vor allem in Deutschland? – jeder Erfolg einer Firma, einer Person oder eines Konzepts so oft zerrissen, klein geredet oder relativiert wird. Nur mal stichwortartig: Helene Fischer, Till Schweiger, Tatort … Mit allen dreien habe ich im Grunde keinerlei Schnittpunkte (ich mag Schlager im nüchternen Zustand außerhalb von tanzlastigen Veranstaltungen überhaupt nicht, ich hab noch keinen Film mit Till Schweiger und auch noch keinen Tatort komplett gesehen), aber ich lese in den Newsfeeds und in meinen Social-Media-Timelines viel Negatives über diese doch sehr erfolgreichen Gesanges- und Schauspielkünstler und über eine der wohl erfolgreichsten Serien im deutschen Fernsehen (obwohl ungesehen behaupte ich Populist direkt einmal, dass dieser ominöse Tatort eh nie im Leben mit der übergenialen „Der Tatort-Reiniger“-Serie aus dem NDR mithalten kann!).

Worauf gründet dieses Genörgle? Ist es Genervtheit wegen Omnipräsenz oder Neid auf den Erfolg?

Ich zum Beispiel schalte bei „Omnipräsenz“ einfach um. Zum Beispiel im Radio so schnell wie möglich – obwohl ich doch ziemlich anglophil bin –, wenn etwa Mark Foster in seinem noch aktuellen, und sehr nervend-schwülstigen „Bauch-Kopf“-Song mit der unsäglichen Zeile „Ich bin fein damit“ eine neue Ära der wirklich schmerzenden Deppen-Denglish-Stilblüten einläutet. Andererseits: „Atemlos durch die Nacht“ von Helene Fischer finde ich seit dem Postillon-Tweet „Atemlos durch Din A8: Helene Fischer erstickt an Flyer“ ziemlich unterhaltsam – und grinse seitdem sehr breit und schalte nicht mehr um, falls dieser Song mal wieder (noch) im Radio kommt …

Aber Neid? Nein, DAS verstehe ich nicht. Ist doch toll, wenn Leute, mit dem, was sie tun, Erfolg haben! Vielleicht ist Invidia nicht umsonst eine der katholischen Todsünden … Ich finde übrigens das folgende Kunstwerk von Brueghel zu diesem Begriff wirklich sehr interessant und inspirierend. „Generation Facebook“ denkt sich „WTF?!“ und klickt weiter. Dabei gibt es so einiges an Details zu entdecken und zu hinterfragen. Was hat es zum Beispiel mit dem hier omnipräsenten Bein-/Schuh-Symbol auf sich, das sich durch das gesamte Bild zieht? Ich weiß es – ohne es zu googeln – schlicht und ergreifend (noch) nicht, da mich weder mein Abitur, noch meine Berufsausbildung, noch mein HuBio-Diplom, noch meine persönlichen Interessen bisher mit dieser konkreten Fragestellung zu diesem Bild mit seinen kulturellen/geschichtlichen Rahmenbedingungen konfrontiert haben. Es fällt mir nur gerade auf, während ich mich länger als einen Augenblick mit diesem Bild beschäftige. Und dabei ist das nur einziger, winziger auffälliger Aspekt … Versuchen Sie doch einmal, bestimmte Aspekte genauso in aktuellen Pressefotos zu hinterfragen.

"Invidia" von Brueghel: Die Sieben Laster
„Invidia“ von Brueghel: Die Sieben Laster (nein, der meinte damit wohl keine sieben LKWs!)

Nun wollte ich hier noch irgendwie die Kurve zu Bildbearbeitung und Fotografie kriegen, stolpere dabei aber direkt über einen Blogbeitrag von digitaler-augenblick.de … Da bin ich froh, dass jemand schon all das geschrieben hat, was ich wohl auch so oder in den meisten Teilen zumindest so ähnlich geschrieben hätte. Deren Haufen Tippfehler mal außen vor (sorry for being ein omnipräsenter Miesepeter, wie wir Deutschen heute usually sagen ;-)! Und … ich vertippe mich auch mal (un-)gern immer mal wieder) – whatever: Chapeau! Toller Post … ähm … Beitrag … oder so …

Mit diesem Posting verliere ich bestimmt Leser – Klartext!

Liebe Grüße und ein frohes neues Jahr,

Olaf

Olaf Giermann
Olaf Giermann

PS: Oh, ich habe Sie rein „direkterinnerungstechnischbedingt“ wohl angelogen! Tatsächlich habe doch schon Filme mit Till Schweiger gesehen und diese sehr gemocht. Zum Beispiel: „Inglourious Basterds“ und „Bang Boom Bang“. ’schulligung! 😉

PPS: Beim Schlendern durch Amsterdam entspannte Menschen sehen? Ein Schelm, wer „Böses“ dabei denkt! 😀

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Olaf Giermann

Olaf Giermann gilt heute mit 20 Jahren Photoshop-Erfahrung sprichwörtlich als das »Photoshop-Lexikon« im deutschsprachigen Raum und teilt sein Wissen in DOCMA, in Video­kursen und in Seminaren.

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3 Kommentare

  1. Full ack! würde ein Internetschreiberling-Nerd jetzt bestätigen. Tja, dieses Phänomen „alles was ich nicht mache aber die anderen ist Scheiße…“ und der unausrottbare Neidkomplex des teutonischen Michels sind kaum zu überwinden. Vielleicht sind wir aber auch deshalb so ein erfolgreiches Erfindervölkchen, weil jeder Ingenieur den anderen mind. um das Doppelte überbieten möchte. Muss man eben mal so sehen…
    Wäre unsere Intelligenzia im IT-Bereich nicht mehrheitlich damit beschäftigt, in den Produkten der anderen nur die Fehler zu suchen und könnten sie auch die urdeutsche Versagensangst ablegen, dass das Produkt viell. nicht sofort mit Millionenerfolgssummen überschüttet würde, wären uns die waffentragenden US-Boys nur mehr in der persönl. Armierung voraus.
    Selbstverständlich führe man in diesem Fall aber höchstens im Audi A3 vor die Tore der Kunden, damit die nicht meinen…

    Übrigens habe ich in einigen Ihrer Tutorials schon ein paar sowohl orthographische als auch sachliche Fehler gefunden, die natürlich den Gesamteindruck sehr getrübt haben. Das wollte ich Ihnen schon lange mal sagen, Herr Giermann…!

    1. Orthografische Fehler in meinen Artikeln im Heft? Kleinere sind zwar möglich, aber unwahrscheinlich. Massiv ärgerliche Rechtschreibfehler … DAS ist bei unseren Produktionsabläufen eigentlich unmöglich, Herr kkm3105.

      „Den Gesamteindruck trübende“ sachliche Fehler im Heft? Kann ich natürlich nicht ausschließen. Aber auch das ist unwahrscheinlich. 😉 Falls ich und meine Kollegen dennoch irgendwann mal so extrem daneben gelegen haben sollte(n), schreiben Sie mir das doch bitte mal an [email protected]

      Danke!

      Beste Grüße,

      Olaf

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