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Adobe überwacht jetzt KI-Credits: Das müssen Kreative wissen

Die Zeiten des kostenlosen Experimentierens mit Adobes generativer KI sind endgültig vorbei. Seit Juni 2025 verfolgt der Software-Riese systematisch die Nutzung seiner KI-Credits und führt schrittweise Limits ein, die besonders Berufsfotografen und Designer vor neue Kalkulationen stellen. Was zunächst wie eine technische Anpassung im Hintergrund aussieht, entpuppt sich bei genauer Betrachtung als fundamentale Neuausrichtung der Creative Cloud-Strategie, die den Arbeitsalltag vieler Profis nachhaltig verändern wird.

Adobe hat das System zwar bereits im Januar 2024 eingeführt, doch erst jetzt werden die Auswirkungen für die breite Anwenderschaft spürbar. Das Unternehmen rechtfertigt die Maßnahme mit den hohen Rechenkosten, die für KI-Funktionen anfallen. Doch die Reaktionen aus der professionellen Community sind überwiegend kritisch. Viele sehen darin einen weiteren Schritt zur Verteuerung der ohnehin schon kostspieligen Abonnements und eine Gängelung im kreativen Prozess.

Wie das Credit-System funktioniert

Das neue Tracking-System unterscheidet zwischen Standard- und Premium-KI-Funktionen. Während einfachere Operationen wie Generative Fill in Photoshop oder Shape Fill in Illustrator jeweils ein Credit verbrauchen, sind rechenintensive Vorgänge wie die Videogenerierung in Premiere Pro deutlich teurer. Diese Credits sind fest an die persönliche Adobe ID gebunden, werden monatlich auf ein bestimmtes Kontingent zurückgesetzt und lassen sich nicht auf den Folgemonat übertragen oder ansparen.

Adobe verfolgt die Nutzung in Echtzeit über alle Creative Cloud-Anwendungen hinweg. Anwender können ihre verbleibenden Credits über ihr Adobe-Konto oder direkt in den Applikationen einsehen. Sobald das monatliche Limit erreicht ist, werden die entsprechenden KI-Funktionen je nach Abonnement-Stufe gesperrt oder in ihrer Geschwindigkeit stark gedrosselt. Die technische Umsetzung erfolgt über zentrale Server, die jeden KI-Aufruf registrieren und gegen das verfügbare Kontingent prüfen. In Adobe Express sind bereits Warnmeldungen implementiert, die über den Kreditverbrauch informieren; ähnliche Benachrichtigungen sollen schrittweise in alle Programme der Creative Cloud integriert werden.

Neue Preisstruktur sorgt für Verwirrung

Die Abo-Landschaft hat sich durch die KI-Integration erheblich verkompliziert. Adobe bietet in den USA bereits für Einzelanwender nun hauptsächlich zwei Varianten an: Creative Cloud Standard für 54,99 Dollar monatlich mit 25 Standard-Credits und Creative Cloud Pro für 69,99 Dollar mit unbegrenzten Standard-Generierungen plus 4.000 Premium-Credits. Die Preise sind USA-typisch ohne Umsatzsteuer angegeben.

Für Nutzer mit hohem KI-Bedarf wird der Pro-Plan damit zur einzig denkbaren Option, da andere Abonnements bei mehr als 25 monatlichen Generierungen schlicht nicht mehr funktionieren. Adobe scheint bewusst darauf zu setzen, Power-User in die teureren Abonnements zu drängen. In Deutschland gibt es aktuelle zur Creative Cloud Lösung noch 1.000 monatliche Credits dazu. Die Möglichkeit, zusätzliche Credit-Pakete zu erwerben, existiert zwar, ist aber im Vergleich zum Upgrade auf einen höheren Plan oft nicht wirtschaftlich.

Profis reagieren mit Unmut und Sorge

Die Resonanz in der professionellen Community ist überwiegend negativ. Besonders kritisiert wird Adobes mangelhafte Kommunikation über die Änderungen. Viele Nutzer erfuhren erst durch die plötzliche Drosselung ihrer Werkzeuge von den reduzierten KI-Credit-Kontingenten oder den geänderten Vertragsbedingungen. Die jüngste Preiserhöhung der Fotografie-Pläne, die einer Steigerung von 50 Prozent entspricht, stößt ebenfalls auf harsche Kritik. In professionellen Foren wird bereits intensiv über Alternativen wie Affinity Photo oder Skylum Luminar Neo diskutiert, die KI-Funktionen ohne ein vergleichbares Credit-System anbieten.

Die größten Sorgen bereiten den Profis jedoch die absehbaren Workflow-Störungen. Die Vorstellung, mitten in einem zeitkritischen Projekt an eine Bezahlschranke zu stoßen, widerspricht dem kreativen Arbeitsprozess fundamental.

Strategische Überlegungen für den Arbeitsalltag

Angesichts der neuen Rahmenbedingungen sollten Kreative ihre KI-Nutzung bewusster planen und budgetieren. Für gelegentliche Anwender mögen 25 KI-Credits pro Monat ausreichen – das entspricht etwa einer Generative-Fill-Aktion pro Werktag. Wer KI jedoch als integralen Bestandteil seines Schaffensprozesses nutzt, kommt um ein Pro-Abonnement oder eine Team-Lizenz kaum herum.

Die Entwicklung zeigt auch, wie wichtig es wird, KI-unabhängige Fertigkeiten zu bewahren und zu pflegen. Profis, die sich ausschließlich auf generative Funktionen verlassen, begeben sich in eine direkte Abhängigkeit von Adobes Preis- und Lizenzpolitik. Eine ausgewogene Mischung aus traditionellen Techniken und KI-gestützten Werkzeugen bietet nicht nur mehr kreative, sondern auch mehr unternehmerische Flexibilität.

Letztlich markiert Adobes KI-Credit-System einen Wendepunkt. Was als faszinierender, kostenloser Zusatz begann, entwickelt sich zu einem eigenständigen, messbaren Geschäftsmodell. Für die Creative Community bedeutet dies eine neue Realität: KI-Funktionen sind keine Dreingabe mehr, sondern eine Ressource mit realen Kosten. Diese Transparenz kann durchaus positiv sein, zwingt aber zu bewussteren Entscheidungen über den Technologieeinsatz im professionellen Alltag.

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Christoph Künne

Christoph Künne, von Haus aus Kulturwissenschaftler, forscht seit 1991 unabhängig zur Theorie und Praxis der Post-Photography. Er gründete 2002 das Kreativ-Magazin DOCMA zusammen mit Doc Baumann und hat neben unzähligen Artikeln in europäischen Fachmagazinen rund um die Themen Bildbearbeitung, Fotografie und Generative KI über 20 Bücher veröffentlicht.

2 Kommentare

  1. Wird Zeit für ein Plugin mit API über ChatGPT, wo eh die meisten ein Abo haben, weil ChatGPT, so im Alltag integriert ist. Mit Dalle ist dann vieles möglich oder halt Gemini mit ihrer guten Imagen 4 Modell.

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