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Hoffentlich versichert?

Eine über die Jahre stetig ausgebaute Fotoausrüstung kann einen erheblichen Vermögenswert repräsentieren, weshalb die Frage naheliegt, ob man sie nicht gegen Verlust versichern sollte. Aber diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten.

Vielleicht haben Sie bereits von dem Unglück gehört, das Anfang April 2016 den Naturfotografen Radomir Jakubowski heimgesucht hat: Auf Teneriffa wurde seine gesamte Fotoausrüstung aus dem geparkten Auto gestohlen: Zwei Canon-DSLRs, diverse Zooms und Festbrennweiten, dazu diverses Zubehör – der Gesamtwert beträgt rund 30.000 Euro. Man kann Jakubowski keinen fahrlässigen Leichtsinn vorwerfen, denn er hatte sein Equipment so gut gesichert, wie das unter den gegebenen Umständen möglich war, aber das ist kein Trost. Die Aussicht, dass die Diebe gefasst und die Beute sichergestellt werden kann, erscheint gering, und da die Ausrüstung, darunter eine EOS-1D X Mark II als Leihstellung von Canon, nicht versichert war, steht nun die berufliche Existenz des Fotografen auf dem Spiel.

Radomir Jakubowski fahndet nach seiner gestohlenen Fotoausrüstung.
Radomir Jakubowski fahndet nach seiner gestohlenen Fotoausrüstung.

Schreckensmeldungen wie diese scheinen nahezulegen, dass jeder Fotograf, ob Profi oder Amateur, seine Ausrüstung gegen Diebstahl versichern sollte, aber so eindeutig ist das nicht. Auch Amateurfotografen stecken oft viel Geld in ihr Hobby – bisweilen mehr als manche Profis. Dennoch sollten sich Amateure gut überlegen, ob sich eine Versicherung lohnt.

Generell ist es ratsam, sich gegen existentielle Risiken zu versichern. Wenn ein Schadensfall Ihre (wirtschaftliche) Existenz bedrohen könnte, müssen Sie sich vor dieser Gefahr schützen. Dringend empfehlenswert sind daher beispielsweise eine Haftpflichtversicherung, eine Hausratsversicherung und eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Aus demselben Grund sind auch die gesetzliche Krankenversicherung und die Rentenversicherung so wichtige Errungenschaften. Für einen Fotoamateur zählt der Verlust seiner Ausrüstung aber nicht zu den existentiellen Risiken, so sehr er jemanden auch treffen mag.

Der Abschluss einer Versicherung gegen nicht existentielle Risiken ähnelt dem Glücksspiel – in beiden Fällen handelt es sich um eine Wette mit dem Schicksal. Eine Kameraversicherung ist eine Art Lotto für Pessimisten. Lottospieler sind Optimisten: Sie wissen, dass sie im Durchschnitt draufzahlen und höchstwahrscheinlich weniger gewinnen werden, als sie für ihre Tipps einzahlen. Im höchst unwahrscheinlichen Fall eines Hauptgewinns wären sie allerdings aller finanziellen Sorgen ledig. Ein Amateurfotograf weiß, dass seine Ausrüstung höchstwahrscheinlich nicht gestohlen werden wird und die Versicherungsprämie daher hinausgeworfenes Geld ist – aber wenn der Schadensfall eintritt, wird ihn die Versicherung (hoffentlich) ausgleichen. Das Argument für das Lottospiel ist unmotivierter Optimismus, das Argument für die Versicherung ein ebenso unmotivierter Pessimismus.

Die Versicherung hat eine große Zahl von Kunden und kann die voraussichtliche Gesamtschadenssumme daher recht gut kalkulieren. Dazu addiert sie ihre Verwaltungskosten sowie die Ausgaben für Werbung und Versicherungsvertreter, also die Kosten der Kundenakquisition. Nachdem dann noch eine angemessene Dividende für die Aktionäre berücksichtigt ist, ergeben sich die Einnahmen, die mit den Versicherungsprämien erzielt werden müssen. Der Versicherungsnehmer muss also für sehr viel mehr als nur für die durchschnittliche Schadenssumme aufkommen.

Die optimistische Alternative wäre, monatlich kleine Beträge anzusparen, aus denen man den Ersatz einer gestohlenen oder anderweitig verloren gegangenen Ausrüstung finanziert – oder auch Neuanschaffungen, wenn man bereits mehr Geld angespart hat, als die vorhandene Ausrüstung wert ist. Auf dieses Geld kann man aber natürlich auch in anderen unerwarteten Notfällen zugreifen; das Leben dreht sich schließlich nicht nur um die Fotografie. Diese Strategie kann zwar schiefgehen, nämlich dann, wenn der Schadensfall früh eintritt und man noch nicht genug gespart hat, um ihn auszugleichen. Dann muss man sich eben für eine gewisse Zeit einschränken, aber ein Fotoamateur hält das aus – anders als dem Profi bedeutet ihm ein Verlust der Ausrüstung nicht den Verlust der Existenzgrundlage.

Für die Profis wäre es eine Überlegung wert, ein genossenschaftliches Versicherungsmodell zu entwickeln. Risiken werden kalkulierbar und verlieren damit ihren Schrecken, sobald sie sich auf eine große Zahl von Individuen verteilen. Ein einzelner Fotograf kann nicht wissen, was das Schicksal für ihn bereit hält, aber was 1000 Fotografen in der Summe widerfährt, lässt sich gut abschätzen. Ein genossenschaftliches Modell könnte ohne einen Großteil des Overheads auskommen, der sonst auf die Prämien umgelegt wird und diese unnötig verteuert. Versicherungen sind eine gute Sache, aber nicht für jeden – und für diejenigen, die eine Versicherung wirklich brauchen, stellen die vorhandenen Angebote nicht unbedingt das Optimum dar.

Michael J. Hußmann
Michael J. Hußmann
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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

3 Kommentare

  1. Bin zwar kein Berufsfotograf, aber mein Equipment hat den gleichen Wert wie das im Artikel beschriebene, allerdings gehe ich nicht mit so viel Metall auf die Pirsch. Trotzdem: meine Kameras und Objektive sind versichert – gegen Diebstahl, Sturz und sonstiges Eigenverschulden.
    Innerhalb von 8 Jahren hatte ich zwei Schadensfälle: einmal rannte mein eigener Hund das Stativ mit Kamera/Objektiv um (1.100€) und vor zwei Jahren wurde ich in Barcelona überfallen und meine Kamera entwendet (3.000€) Beide Schäden wurden prompt und ohne großen Aufwand bezahlt. Obwohl ich im letzteren Fall die Seriennummern der Cam und des Glases ins Netz, bzw. dort in ein entsprechendes Forum gestellt habe, damit bei Reparatur etc. diese Teile identifiziert werden können, habe ich nichts mehr von den Teilen gehört. Was in den meisten Fällen auch so zutrifft.

    Wer seine Ausrüstung nicht versichert und riskiert, ein paar Tausender zu verlieren, der muss eben mit dieser Wette auf „passiert schon nix“ leben. Viele erliegen leider dem Irrtum, ihre Reiseversicherung oder die Hausrat würde schon einspringen. Weit gefehlt: lest mal die Bestimmungen genau durch…

  2. Wenn ich pro Jahr 300 € (= Kosten der Versicherung) zurücklegen würde, hätte ich nach 27,7 Jahren das Geld für den Verlust meiner wichtigsten Ausrüstung zusammen (bei 0% Zinsen). Und es wird ja nicht nur Raub oder Diebstahl versichert, auch das Herunterfallen beim Objektivwechsel, Unfall, …
    Ein Verlust ist zwar nicht existenzbedrohend, aber sehr schmerzhaft. Es würde Jahre dauern, bis ich den alten Stand wieder erreicht hätte – wenn überhaupt. Aber jeder so wie er will.

  3. Nach allem was wir über Genossenschaften wissen, ist eher nicht zu erwarten, dass eine solche zu niedrigeren Versicherungstarifen führen würde.

    Fakt ist doch, dass trotz Dividende, Provisionen und anderen „Schweinereien“, es kaum ein Produkt auf dieser Welt gibt, dass von einem Staat oder einer Genossenschaft besser und billiger hergestellt werden kann, als vom bösen Kapitalisten.

    Der Flughafen Schönefeld sollte auch vor allem deshalb vom Staat gebaut werden, damit nicht irgendein ein Konzern den Gewinn einstreicht, sondern „alle davon profitieren“, mit bekanntem Ergebnis.

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