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Sketches Pro: Schöne Wasserfarben und „modernes Interface“

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Die Mal- und Zeichen-App Sketches Pro (für Mac, iPhone, iPad und Android) verhilft für wenig Geld zu recht ansehnlichen Aquarelleffekten, auch Airbrush und Federhalter können sich sehen lassen. Ihr „modernes Interface“ dagegen ist zumindest für mich ebenso wie das vom neuen Photoshop CC deutlich zu puristisch.

Immer wieder werde ich gefragt, wie man mit Photoshop überzeugende Wasserfarben-Effekte hinbekommt. Nach ausgiebigem Experimentieren muss ich sagen: Gar nicht. Früher habe ich daher empfohlen, lieber gleich Painter zu verwenden, dann – aus Qualitäts- wie aus Preisgründen – ArtRage. Inzwischen ist mein eindeutiger Favorit für diese Art malerischer Simulation eindeutig Rebelle (in DOCMA 67 ab Seite 86 ausführlich vorgestellt, mehr unter https://www.artrage.com/ ). Diese Software hat den Vorzug, ebenso wie ArtRage für Windows und Mac verfügbar zu sein. Sie kostet 60 Dollar.

Stellt man nicht ganz so hohe Ansprüche, dann tut es zum halben Preis auch Sketches pro (http://tayasui.com/sketches/). Allerdings sollte man sich nicht von der schönen Bären-Zeichnung auf der Startseite verführen lassen – die bekäme man mit Stift und Tablett mit fast jedem Programm so hin und sie hat mehr mit den künstlerischen Fertigkeiten des Zeichners zu tun als mit der Software.

Die Sketches-Unterstützung von Stiften wird ausdrücklich erwähnt, ist nach meinen Tests aber nicht ausgereift. So erhält man etwa für den Federhalter wesentlich dynamischere Spuren, wenn man mit der Maus arbeitet als beim Stift-Einsatz. Gute Ergebnisse liefert der Airbrush, der hier keinen Farbnebel sprüht, sondern Einzeltröpfchen, was in vielen Fällen die wünschenswertere Technik ist.

78 Airbrush

Am besten gelungen ist der Wasserfarben-Effekt. Zunächst öffnen Sie eine neue Datei und bestimmen neben ihrer Größe auch den Malgrund wie etwa Leinwand oder Papierstruktur. Sie wählen das entsprechende Werkzeug aus der Palette; die Größe der Spitze stellen Sie grob per Zifferntasten oder über das entsprechende Bedienfeld ein, detaillierter per Ctrl-Taste, wobei gleichzeitig die Deckkraft definiert wird. Auch die Farbe suchen Sie zunächst aus der Palette aus, per Alt-Taste bestimmen Sie sie bei Bedarf genauer.

Sketches Pro legt für Wasserfarben zunächst eine neue Ebene an und unterscheidet zwischen feuchten, bereits bemalten Flächen und leerem Papier. Das merken Sie, wenn Sie – am besten mit kleinerem Pinseldurchmesser und höherer Deckkraft – malen: Auf feuchten Flächen läuft die Farbe aus, auf trockenen nicht. Sollen auch auf bereits bemaltem Grund harte Ränder gemalter Wasserfarbspuren bewahrt bleiben, so trocknen Sie die Farbe entweder durch Klicken auf ein Tropfen-Icon oder erstellen eine neue Ebene.

Wollen Sie die so erzeugte Zeichnung in Photoshop übertragen, exportieren Sie die Datei mit Ebenen; das ist zwar etwas umständlich, weil dabei ein Ordner mit mehreren .png-Dateien erzeugt wird, aber es ist immerhin möglich. Sie öffnen die gewünschte/n Dateien und übertragen sie in Photoshop, was problemlos gelingt, da das Format Transparenz unterstützt.

Zum Preis von 25 Dollar ist das eine recht zufriedenstellende Lösung und weitaus billiger, als stundenlang in Photoshop zu versuchen, Vergleichbares zu erreichen – es gelingt ohnehin nicht.

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Wie anfangs bereits angedeutet, habe ich allerdings Probleme mit dem extra vom Hersteller herausgestellten „modernen User-Interface“. Ich gebe gerne zu, dass das ein ganz persönliches Problem sein mag und dass andere Anwender das womöglich durchaus zu schätzen wissen. Aber ebenso wie beim neuen Photoshop CC 2015.5 ist mir das Ganze zu puristisch. Aufs Allernotwendigste reduziert, nichts Wichtiges sticht hervor, alles hat gleiche Bedeutsamkeit, weiß und kontrastarm. Oder schwarz und kontrastarm, was ich noch unangenehmer finde – da erkenne ich gar nichts mehr.

Früher boten manche Programme wenigstens die Möglichkeit, für Anwender, welche die jeweils neueste „Ästhetik“ nicht schätzen, in einen „Classic“-Modus mit vertrauter Oberfläche umzuschalten. Schon die Bibel verkündet, dass der Sabbat für den Menschen gemacht sei und nicht der Mensch für den Sabbat – es wäre erfreulich, wenn auch Software-Entwickler diese antike Weisheit beherzigen würden. Ich hab’ ja nichts dagegen, dass Menschen, die dieses puristische Design mögen, damit beglückt werden – bei mir führt das allerdings dazu, dass ich letztlich lieber wieder mein vertrautes Photoshop CS6 öffne und auf die CC-Neuerungen verzichte.

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Doc Baumann

Doc Baumann befasst sich vor allem mit Montagen (und ihrer Kritik) sowie mit der Entlarvung von Bildfälschungen, außerdem mit digitalen grafischen und malerischen Arbeitstechniken. Der in den Medien immer wieder als „Photoshop-Papst“ Titulierte widmet sich seit 1984 der digitalen Bildbearbeitung und schreibt seit 1988 darüber.

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2 Kommentare

  1. Danke für die Ausführungen zum „modernen Interface“ bzw. wie Apple es nennt, „flachen Design“. Ich habe auch lieber einen Button, wo jetzt Text steht (ein Suchen und Finden für einen Klick) oder nervt dunkelgraue Schrift auf schwarzem Hintergrund! Der Spaß an Softwarenutzung tendiert gegen Null…

  2. Ja da ist man nun als Windows Oldie in der Welt der neuen Benutzeroberflächen angekommen. Wer alles mit gemacht hat seit c64 und Atari dann Windows Version + Version +++++ bis zu Windows 10. Gut finde ich es alle mal nicht, besonders wenn man einmal gelehrt hat das eine Benutzeroberfläche nicht nur klar und übersichtlich gestaltet sein soll, sondern selbst erklärend und durch die Funktionen führend. Da wir nun aber in einer Welt leben wo jeder mit seinen Smartphon als Mini Bildschirm alles machen möchte braucht es natürlich klare Fenster Strukturen damit man mit seinem Zeigefinger nicht zu oft daneben tippt. Da sind dann alle die noch brav an ihrem möglichst komfortablen PC sitzen mit solch überdimensionierten Buttons konfrontiert.
    Trotzdem weiterhin viel Spass es ist doch immer spannend, was vom Umsatz getriebene SW-Entwickler neues präsentieren.
    Viele Grüsse M,Mallow

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