KI

ArtHelper.ai: Marketing-KI für Künstler

Marketing – für viele Fotografen und Bildkünstler rangiert diese Tätigkeit in der Beliebtheitsskala irgendwo zwischen Steuererklärung und Zahnarztbesuch. Texte für die Website, Social-Media-Posts, Hashtag-Recherchen – all das frisst Zeit, die man lieber ins nächste Shooting oder die aufwendige Retusche investieren würde. Auftritt ArtHelper.ai: Der Dienst verspricht, mittels künstlicher Intelligenz diese ungeliebten Aufgaben zu schultern. Eine KI, speziell trainiert auf die Analyse visueller Kunstwerke, soll auf Knopfdruck ansprechende Beschreibungen, Social-Media-taugliche Beiträge, Keywords und Hashtags liefern.

Das Kernversprechen ist verlockend: Bild hochladen, Klick, fertig ist die Marketing-Grundlage. Die KI soll, so heißt es, die Grundlagen der Kunst verstehen und erkennen, was ein Werk ausmacht. Ziel sei es, nicht nur Zeit zu sparen, sondern auch die Qualität der Vermarktung zu heben. Man kennt das: Als Kreativer neigt man vielleicht zum „Overthinking“, verzettelt sich in Formulierungen oder schiebt die Texterei lange vor sich her. ArtHelper.ai will hier Abhilfe schaffen, strukturierte Vorschläge liefern und dabei – man höre und staune – sogar die authentische Stimme des Künstlers wahren. Der Wortschatz lasse sich anpassen, damit die Ergebnisse nicht nach generischem KI-Einheitsbrei klingen.

Mehr als nur Textbausteine?

ArtHelper.ai will mehr sein als nur ein Textgenerator auf Steroiden. Für Fotografen, die ihre Werke als Drucke verkaufen, gibt es eine Mock-up-Funktion. Damit lässt sich visualisieren, wie das eigene Bild an einer virtuellen Wand in verschiedenen Ambiente wirkt – ein durchaus nützliches Verkaufswerkzeug, keine Frage. Weiterhin soll die KI helfen, relevante Zielgruppen oder Online-Communities zu identifizieren. Wer interessiert sich für meine spezielle Art der Fotografie? Welche Innenarchitekten könnten potenzielle Abnehmer sein? Die KI soll die mühsame Recherche abnehmen. Das klingt nach einer signifikanten Zeitersparnis bei Aufgaben, die viele als notwendiges Übel betrachten. Effizienz scheint ohnehin ein großes Thema zu sein, Funktionen wie das Verwalten und Löschen von Bildern in Stapeln deuten darauf hin.

Der Haken: Braucht man das wirklich extra?

Das alles klingt nach einem maßgeschneiderten Rundum-sorglos-Paket für den modernen Bildschaffenden. Im Gegensatz zu allgemeinen Text-KIs wie ChatGPT, Gemini oder Claude, die oft erst durch ausgefeiltes Prompting und spezifisches Vorwissen brauchbare Ergebnisse für Nischen wie den Kunstmarkt liefern, positioniert sich ArtHelper.ai als Spezialist. Der Dienst scheint aus dem Umfeld von Art Store Fronts (ASF) zu stammen, einem Anbieter von Webseiten und Marketing-Services für Künstler, was den Fokus auf Verkaufsaspekte erklärt.

Bevor man nun vorschnell das Portemonnaie zückt, lohnt sich ein kritischer Blick auf das, was bereits verfügbar ist. Multimodale KI-Systeme wie GPT-4 (verfügbar im ChatGPT Plus Abo für rund 20 US-Dollar pro Monat), Googles Gemini oder auch Claude (in seinen neueren Versionen) können Bilder analysieren und darauf basierend Texte generieren. Sie können bei der Keyword-Recherche helfen, Social-Media-Posts formulieren und sogar bei der Identifikation von Zielgruppen unterstützen. Zugegeben, es erfordert etwas Einarbeitung und die Fähigkeit, der KI klare Anweisungen (Prompts) zu geben. Man muss der KI vielleicht erst beibringen, im gewünschten Stil zu schreiben oder die relevanten Aspekte eines Bildes zu erkennen.

Fazit

Die Kernfunktionen von ArtHelper.ai – Bildanalyse zur Textgenerierung für Marketingzwecke – sind keine exklusive Magie mehr. Mit etwas Know-how und Experimentierfreude lassen sich ähnliche Ergebnisse heute oft schon mit den gängigen, vielseitigeren KI-Werkzeugen erzielen.

Wer also bereits ein Abo für ChatGPT Plus oder ein ähnliches Tool besitzt, verfügt im Grunde schon über die notwendige Technologie. Der Mehrwert von ArtHelper.ai scheint sich dann primär auf eine spezialisierte, möglicherweise bequemere Benutzeroberfläche und vorgefertigte Workflows zu reduzieren. Man kauft also vor allem Komfort und eine auf die Künstler-Bedürfnisse zugeschnittene Bedienung. Ob dieser Komfort einen zusätzlichen Dienst rechtfertigt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ein nicht unwesentlicher Punkt für den deutschsprachigen Markt: Es scheint aktuell keine explizite Unterstützung für die Generierung deutscher Texte zu geben. Wer also professionelle deutsche Marketingtexte benötigt, muss die englischen Ergebnisse wohl oder übel selbst übersetzen oder einen Übersetzungsdienst bemühen – ein weiterer Arbeitsschritt, den man bei der Kalkulation berücksichtigen sollte.

Grundfunktionen gibt es gratis, die spannenderen Optionen kosten 29 oder 99 Euro pro Monat.

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Christoph Künne

Christoph Künne, von Haus aus Kulturwissenschaftler, forscht seit 1991 unabhängig zur Theorie und Praxis der Post-Photography. Er gründete 2002 das Kreativ-Magazin DOCMA zusammen mit Doc Baumann und hat neben unzähligen Artikeln in europäischen Fachmagazinen rund um die Themen Bildbearbeitung, Fotografie und Generative KI über 20 Bücher veröffentlicht.

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