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Praxistest Sony a7rII – Das Handling (Teil 2)

Nach einer langen Nacht, die ich mit dem Lesen von Handbuch und dem Testen von Einstellungen verbracht habe, ist die Neue in etwa so konfiguriert, dass ich alle für mich wichtigen Funktionen im schnellen Zugriff habe. Alle? Na ja, fast alle, denn trotz intensiver Lektüre bin ich mir immer noch nicht so ganz sicher, ob ich den Themenkomplex „Autofokus“ wirklich kontrolliere.

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Mäßige Dokumentation


Das Gemeine an den vielen Funktionen, die auf den Autofokus einwirken (wie etwa die Gesichtserkennung), ist ihr Hang sich gegenseitig zu überschreiben. Solche Details sind in der Bedienungsanleitung rudimentär erklärt, ebenso wie die genauen Funktionsweisen der einzelnen, manchmal etwas speziellen Fokusmodi. Solange man die nicht ganz genau kennt, fokussiert sich die Kamera gerne selbsttätig auf irgendeinen Bildbereich, der ihr wichtig erscheint – aber mir leider nicht.


Haptik


Hoffen wir, diese kleinen Ärgernisse erübrigen sich von selbst, wenn ich nur genug mit der Kamera arbeite durch „Trail & Error“. Die Chance auf ein intensives Tête-à-Tête mit dem Gerät ist dank der neuen Form und der neuen Armierung deutlich gestiegen. Die a7rII liegt – trotz oder wegen des leichten Gewichtszuwachses – besser in der Hand als ihre Schwestern aus der ersten Baureihe und fasst sich hochwertiger an. Der etwas nach vorne verlagerte Auslöser sitzt jetzt definitiv an der richtigen Stelle und auch die (zusätzlichen) Funktionstasten sind leichter bedienbar. Außerdem wackeln selbst schwerere Objektive nicht mehr im Bajonett wie noch an der a7.

Stromhunger


Stromhunger


Die Bauform ist für große Hände wie meine noch gut bedienbar, aber ich überlege, den optionalen Batteriegriff zu ordern. Einerseits hat man dann bei lang-gebauten Brennweiten mehr in der Hand, vor allem aber ist die Stromversorgung damit besser. Als Canon-DSLR-User kann man mit einem Akku rund 750 Bilder machen. Bei den a7-Modellen hört der Spaß nach etwa 250 Bildern auf und der Akku will erneuert werden. System-wechselnde Vielfotografierer haben also die Taschen im 1:3 Verhältnis gefüllt mit Zusatzakkus.
Für sie gibt es dennoch eine gute Nachricht: Die a7rII kann man jetzt auch per USB mit Strom versorgen.
Geeignet dafür sind neben Notebooks und Tischrechnern besonders Akkus, die man normalerweise zum mobilen Nachladen von Handys erwirbt.

Wer alte Autos fährt, verfügt unter Umständen auch über einen Starter-Akku. Solche heute bisweilen auch mit USB-Schnittstelle ausgestatteten Kraftpakete eignen sich ebenso zur Verlängerung der Laufzeit. Zwar muss auch bei dieser Art der Stromversorgung ein Akku eingelegt sein, aber die externe Batterie übernimmt nach Anschluss die Stromversorgung – und lädt den internen Akku gleich noch mit auf. Herausfinden, wie weit man mit so einer Zusatz-Akkuladung kommt, werde ich wohl erst bei der nächsten große DOCMA-Fotoaktion. Beim Auto weiß ich es jetzt schon: Da hält der Akku rund zehn Startvorgänge mit einer komplett entladenen Batterie – an einem V8-Agregat. Aber diesen Wert kann man leider nicht einfach umrechnen. Bei der Kamerafunktion soll es reichen, überprüft zu haben, dass die USB-Verstromung wie im Handbuch beschrieben arbeitet.


Sucher


Das Thema Stromhunger hat seine Ursache unter anderem im Verzicht auf einen optischen Sucher. Sein elektronischer Ersatz wurde gegenüber den Schwestermodellen noch einmal verbessert. Hier hat das Bessere das ohnehin schon sehr Gute ersetzt. Das Ergebnis ist gelungen – ich habe bisher noch nie durch einen so exzellenten elektronischen Sucher geschaut. Schlechte E-Sucher waren für mich lange ein zentrales Kriterium bei DSLRs zu bleiben. Frei nach dem Motto: Lieber schleppen und dafür besser sehen. Allerdings ist der Vorzug des neuen XGA-OLED-Suchers – auch der des Größensprungs von 0,71 auf 0,78 – im praktischen Einsatz nicht so überwältigend wie ich mir erhofft hatte. Jedoch, das muss man fairerweise sagen, bewegt sich diese Klage auf höchstem Niveau. Nachteile zum optischen Sucher meiner Canon 5D Mark III erkenne ich nur noch bei sehr geringem Umgebungslicht, wenn das elektronische Bild geringfügige Artefakte zeigt. Die „typische“ Elektro-Sucher-Krankheit, bei wenig Licht ruckelnde Bilder zu liefern, hatte auch schon die a7 weitestgehend überwunden.


Zwischenfazit: Handling


Die a7rII liegt gut in der Hand, bietet einen fast perfekten Elektro-Sucher und eine merklich höhere Funktionsvielfalt als die Schwestermodelle. Man kann sie sehr individuell an seine persönlichen Bedürfnisse anpassen – das ist positiv. Nicht so positiv ist, dass man es auch tun muss, um in den vollen Genuss der gebotenen Funktionsvielfalt zu kommen.

Ein wenig erinnert mich die damit verbundene „Konfiguritis“ an meine frühen Versuche, LINUX- und frühe Windows-Betriebssysteme so einzurichten, dass die Arbeit damit Spaß macht. Irgendwann habe ich aufgegeben, und bin zu Macintosh-Rechnern gewechselt – schlicht weil hier alles seinen Ort hatte, viele Fragen einfach ungestellt blieben und man produktiv und mit Freude arbeiten konnte.
In der Kamerawelt gibt es leider kaum Hersteller, die für eine wirklich rundum intuitive Benutzerschnittstelle sorgen. Einzige Ausnahme ist die Leica S, aber dort finden sich (neben der elitären Preisgestaltung) einige andere Aspekte, die vom Kauf zurückschrecken lassen.
Der Stromhunger von CSC-Modellen ist nichts Neues, ärgerlich bleibt er dennoch. Die jetzt verfügbare Möglichkeit der USB-Aufladung ist zumindest für Vielfotografierer und Filmer ein wichtiges Zusatzfeature.


Mehr lesen:


Teil 1: Der Plan und erste Raw-Bilder
Teil 2: Das Handling
Teil 3: Fokussieren
Teil 4: Der Stabilisator
Teil 5: Die Bildqualität
T
eil 6: Das Fazit

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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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