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Digitale Bildkulturen

Es wirkt wie aus der Zeit gefallen, die oft kurzlebigen Phänomene der Netzkultur in gedruckten Büchern zu studieren, aber genau dazu dienen die kleinformatigen Taschenbücher der Reihe Digitale Bildkulturen aus dem Verlag Klaus Wagenbach.

Digitale Bildkulturen
„Filter“ und „KI-Kunst“, zwei Neuerscheinungen in der Wagenbach-Reihe „Digitale Bildkulturen“

Die ersten Bände dieser Reihe sind schon 2019 erschienen, aber ich stieß erst kürzlich im Shop der Hamburger Kunsthalle darauf. 12 Euro kostet jeder der der schmalen Bände mit je 80 Seiten, und ich kaufte spontan Filter von Berit Glanz und KI-Kunst von Merzmensch, die in diesem Jahr erschienen sind. Der Verlag bringt in dieser Reihe jeweils vier Bände pro Jahr heraus.

Die Vorlaufzeit der Buchproduktion scheint kurz zu sein, denn der Inhalt der Bücher ist relativ aktuell, was bei dieser Art von Themen ja entscheidend ist. Inhaltlich wird wenig vorausgesetzt; die Autoren führen jeweils mit einem geschichtlichen Abriss in das Thema ein – es gibt in dieser Reihe beispielsweise Bücher über Memes, Krypto-Kunst, Selfies, Netzfeminismus, Emojis und Copyright –, um die Leser von fast Null auf den aktuellen Stand zu bringen. Aber auch wer mit einer Thematik bereits vertraut ist, stößt auf neue, interessante Deutungsansätze und Blickwinkel. Ich habe nur einen – in diesem Zusammenhang nicht weiter dramatischen – sachlichen Fehler bemerkt: Im Buch zur KI-Kunst werden die Begriffe „starke KI“ und „schwache KI“ falsch verwendet. (Hier geht es nämlich nicht, wie der Autor meint, um unterschiedlich leistungsfähige oder universelle KI-Systeme. Die schwache KI-These besagt vielmehr, dass Computer möglicherweise alles, was Menschen mittels ihrer Intelligenz leisten, ebenfalls leisten können, ohne deshalb wie ein Mensch zu denken, also zu verstehen, was sie tun, und zu meinen, was sie sagen. Nach der starken KI-These können Computer dagegen etwas entwickeln, das dem menschlichen Geist entspricht.)

Digitale Bildkulturen
Die kleinen Abbildungen in KI-Kunst sind dunkel und die Details schwer erkennbar.

Vielleicht hängt es mit der Geschwindigkeit der Herstellung zusammen, dass die gestalterische Qualität der Bücher nicht den von Wagenbach gewohnten Standard erreicht. Bei einem ohnehin schon kleinen Format sind die meist nicht seitenfüllenden Abbildungen noch einmal kleiner, und da auf Farbe verzichtet wird, ist oft wenig von dem nachvollziehbar, das der begleitende Text beschreibt. Beim Band KI-Kunst kommt hinzu, dass die Bilder alle recht dunkel geraten sind. Auf der Website www.digitale-bildkulturen.de wird ergänzendes Material versprochen, aber weder zu KI-Kunst noch zu Filter habe ich bislang etwas gefunden, etwa eine Linkliste oder farbige, hochaufgelöste Bilder. Bei meinem Exemplar von KI-Kunst war ein Teil des Leims von der Bindung zwischen die Seiten gedrungen – kein Lesehindernis, aber von beispielsweise der Kleinen Kulturwissenschaftlichen Bibliothek desselben Verlags kenne ich solche Unsauberkeiten nicht. An einen Preis von 12 Euro für 80-Seiten-Büchlein muss man sich angesichts der Inflation vielleicht gewöhnen; ich empfand ihn dennoch als etwas hochgegriffen. Der nächste, für den März 2024 geplante Band, Metabilder von Estelle Blaschke, in dem es um die Metadaten von Bilddateien geht, soll allerdings nur noch 10 Euro kosten.

Am Rande erwähnt: Berit Glanz, die Autorin von Filter, war mir von ihrem Roman Pixeltänzer (2019) her bekannt, in dem sie die fiktiven Erlebnisse einer Berliner App-Entwicklerin mit der wahren Lebensgeschichte eines Künstlerpaares im Hamburg der 1920er Jahre verknüpft. Sehr empfehlenswert!

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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