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Trennt sich Sony von seiner Halbleitersparte?

Es gibt Gerüchte, dass sich der Sony-Konzern von Sony Semiconductor Solutions trennen will, der Unternehmenssparte, die den größten Teil aller Bildsensoren für Digitalkameras produziert. Bei Samsung, dem (mit Abstand) Zweiten in diesem Markt, könnte es ähnliche Überlegungen geben, und SK hynix wird die Sensorproduktion aufgeben. Was ist los in dem bisherigen Wachstumsmarkt?

Ein Sony-CMOS-Sensor im Kleinbildformat (Quelle: Sony)

Sony, so berichtet Bloomberg, will sich auf den Entertainment-Bereich konzentrieren, seine Halbleitersparte ausgliedern und nur eine Minderheitsbeteiligung daran behalten. Eine offizielle Bestätigung steht aus, aber ein klares Dementi solcher Überlegungen gibt es auch nicht. Gleichzeitig scheint Samsung das Interesse an Bildsensoren zu verlieren. Dabei beherrscht Sony mit einem Anteil von fast 50 Prozent den Markt der CMOS-Sensoren; Samsung ist als Zweitplatzierter mit weniger als 20 Prozent weit abgeschlagen und die übrigen Sensorhersteller müssen sich das verbleibende Drittel des Marktes teilen. Canon beispielsweise, die ja die Sensoren ihrer Systemkameras selbst herstellen, haben einen Marktanteil von unter einem Prozent.

Nun hat Sony Semiconductor Solutions schon immer recht unabhängig von anderen Konzernsparten agiert, und es war keineswegs generell so, dass neue Sony-Sensoren zuerst in in Sony-Kameras verbaut wurden – manchmal griffen andere Kamerahersteller schneller zu, womit man in der Konzernzentrale kein Problem hatte. Wenn die Halbleitersparte eigenständig werden sollte, wird sich für Sonys Alpha-Modelle wenig ändern, und ebenso wenig für die anderen Kamerahersteller, die ja überwiegend auch auf Sonys CMOS-Bildwandler setzen. Wohlgemerkt: Seinem Namen entsprechend stellt Sony Semiconductor Solutions alle möglichen Arten von Halbleiterprodukten wie Displays, Laser und Chips für die Satellitennavigation her; Sensoren sind nur ein Teil des Portfolios. Die Bildsensoren wiederum sind vorwiegend für Anwendungen außerhalb der Fotografie gedacht, etwa in der Industrie, im Automobilbau oder der Medizintechnik. Unser auf Fotoprodukte verengter Blick verzerrt die für unternehmerische Entscheidungen relevanten Proportionen.

Die allgemeine Absetzbewegung aus diesem Produktsegment kommt allerdings überraschend, denn CMOS-Bildwandler galten bis 2023 als Wachstumsmarkt, nachdem sich die Industrie von den Nachwirkungen der COVID-Pandemie erholt hatte. Bloomberg macht dafür steigende Produktionskosten und eine entsprechend reduzierte Gewinnmarge verantwortlich und weist daneben auf die zunehmende Konkurrenz durch chinesische Mitbewerber hin. SK hynix hat, wie erwähnt, bereits die Konsequenzen gezogen und will sich künftig auf KI-Chips konzentrieren.

Falls Sony die Entscheidung über die Zukunft seiner Halbleiterdivision dennoch erst einmal vertagen sollte, wofür derzeit manches spricht, dann dürfte das der sprunghaften und uninformierten Politik des US-Präsidenten zuzurechnen sein. Schließlich war das Wachstum des Sensormarkts zuletzt gerade in den USA besonders hoch gewesen, und eine Fortsetzung dieses Trends erscheint nun gefährdet. Aktuell wäre es kaum möglich, die Auswirkungen einer so tiefgreifenden Maßnahme seriös durchzurechnen, und so lange die Umstände keine Entscheidung erzwingen, wartet man besser ab, bis sich die Lage beruhigt hat. So oder so werden Kamerahersteller nicht plötzlich ohne ihren wichtigsten Sensorlieferanten da stehen, aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass der Fotomarkt eine Nische in der Weltwirtschaft ist und seine Bedürfnisse in unternehmerischen Entscheidungen nur eine untergeordnete Rolle spielen.


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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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