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Zölle und Kameras

Als hätte der Kameramarkt nicht schon genug unter der Chip-Krise gelitten, stürzt die US-Regierung den Welthandel nun mit willkürlichen und sich immer wieder ändernden Zollsätzen ins Chaos. In den USA werden (nicht nur) Kameras teurer, und manche Modelle verschwinden auf absehbare Zeit ganz aus dem Handel. Was bedeutet das für uns? Können wir der weiteren Entwicklung gelassen zuschauen, weil sie Europa nicht betrifft?

IKEA nutzt die Zoll-Krise in den USA zu einem Wortspiel: „Tariff-free China“ heißt so viel wie „zollfreies Porzellan“. (Quelle: IKEA)

Lange Zeit mussten wir uns über die Konsequenzen der Globalisierung keine Gedanken machen. Alles, was wir brauchten, war im Handel reichhaltig verfügbar oder wurde just in time produziert. Wen interessierte schon, wie und wo etwas hergestellt wurde? Es bedurfte einer Pandemie, um uns darauf aufmerksam zu machen, dass beispielsweise viele überlebenswichtige Medikamente gar nicht mehr in Europa hergestellt werden, sondern in Indien oder China. Als dann eine weltweite Verknappung auftrat, hatten wir keine Chance, mit lokalen Maßnahmen gegenzusteuern – außer mehr zu zahlen und als Meistbietende anderen die knappe Ware wegzuschnappen.

Während die Verknappung des Toilettenpapiers, von der in den Medien zunächst am meisten zu hören war, teilweise vermeidbar gewesen wäre – weil Egoisten Vorräte hamsterten, leerten sich die Regale und die vernünftigeren Kunden bekamen gar nichts mehr –, wurden viele Produkte tatsächlich nicht mehr in den gewohnten Mengen produziert. Davon war auch die Halbleiterindustrie betroffen, was zu einer lange andauernden Chip-Krise führte, die auch die Kameraproduktion ausbremste. Da die Umsätze im Kameramarkt ohnehin schon länger rückläufig waren, kam diese Krise zu einer denkbar ungünstigen Zeit.

Doch das war ja nun Geschichte. Der stetige Niedergang des Kameramarkts konnte gestoppt werden und im vergangenen Jahr sind die Verkaufszahlen (nach Stückzahlen ebenso wie nach Wert) wieder leicht gestiegen. Auch 2025 ließ sich noch gut an, denn die CIPA-Zahlen von Januar und Februar lagen noch einmal über denen der Vergleichsmonate in 2024. Nun aber sind wir schon wieder in der nächsten Krise, diesmal verursacht durch die irrationale und chaotische Politik des US-Präsidenten.

Die Einführung hoher, durch nichts begründeter Einfuhrzölle gegenüber praktisch allen Handelspartnern der USA veranlasste die Industrie, ihre Zukunftsplanungen zu überdenken. Dass Zölle willkürlich eingeführt, zeitweilig zurückgenommen und dann erneut und in noch größerer Höhe wieder in Kraft gesetzt wurden, machte eine solide Planung aber praktisch unmöglich, und so blieb nur, auf Sicht zu fahren und sich auf den ungünstigsten Fall einzustellen – was durchweg auf eine Reduktion der Produktion hinaus lief. Und das gilt auch für die US-Industrie, die vielfach Rohstoffe und Vorprodukte einführen muss und daher ebenso von Einfuhrzöllen betroffen ist wie die Mitbewerber außerhalb der USA.

Der Furor des Präsidenten, einen fairen Welthandel zu unterbinden, beschränkt sich nicht allein auf die Höhe der Zölle. Gleichzeitig senkte er die Höchstgrenze für ein vereinfachtes Verfahren zur Zolldeklaration von 2500 auf 800 US-Dollar ab. Wie Reuters meldete, verweigert DHL deshalb die Zustellung an Privatpersonen in den USA, wenn der Wert der Waren 800 Dollar übersteigt. Die aufwendige Zollabwicklung wäre andernfalls nicht mehr zu bewältigen. Für viele Systemkameras bedeutet das das Aus – jedenfalls wenn DHL die Zustellung übernehmen soll.

Momentan zielt der Zorn des Präsidenten vor allem auf China, aber China ist als Wirtschaftsnation stark genug, die Angriffe zu parieren. Einerseits mit reziproken Zöllen auf US-Produkte, andererseits aber auch mit der Verweigerung nötiger Rohstoffe. Das betrifft vor allem die sogenannten Seltenen Erden. Diese für viele technischen Produkte nötigen Metalle sind zwar gar nicht so selten und auf praktisch allen Erdteilen zu finden, aber sie zu gewinnen ist aufwendig und oft mit Umweltschädigungen verbunden. Daher waren wir ursprünglich froh, dass Länder wie China, in denen die Löhne niedrig sind und der Arbeitsschutz als ebenso unwichtig wie der Umweltschutz gilt, die Förderung Seltener Erden übernahmen und uns diese zu einem attraktiven Preis verkauften. Bis sie das dann nicht mehr taten.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als beträfe dies alles nur die Bürger der USA. Sie müssen generell mit steigenden Preisen rechnen, denn die Einfuhrzölle werden ja entweder von ihnen direkt eingezogen oder vom Importeur auf die Verkaufspreise aufgeschlagen. Ein Einfuhrzoll ist eben nicht, wie der US-Präsident seinen Anhängern weiszumachen versucht, eine Steuer, die von anderen Nationen und deren Industrie erhoben wird; vielmehr werden sie von den Käufern in den USA getragen. Selbst wenn diese auf US-Produkte ausweichen würden, was im Kameramarkt schwerlich möglich wäre, müssten sie mehr zahlen, denn die importierten Produkte waren vor den Zollerhöhungen durchweg preisgünstiger als die einheimischen Alternativen. Zudem sind US-Unternehmen vielfach selbst von Einfuhrzöllen betroffen.

Manche Fotoprodukte sind derzeit gar nicht mehr in den USA verfügbar. Fujifilm kündigte an, dass sie aktuell keine Bestellungen der X100VI, der GFX100RF sowie der schwarzen Gehäusevariante der X-M5 akzeptieren würden – schlicht weil es angesichts fluktuierender Zolltarife keine verlässliche Basis für eine Preiskalkulation gibt. Die laufenden Verhandlungen zwischen den Regierungen von Japan und den USA konnten dem nicht abhelfen; die japanische Delegation musste frustriert feststellen, dass die Vertreter der USA nicht einmal sagen konnten, was sie eigentlich wollten.

Der Rückzug der USA aus dem regelbasierten Welthandel und der Niedergang des US-Dollar als globaler Leitwährung wird mittelfristig zu engeren Handelsbeziehungen zwischen den übrigen Industrienationen führen. Wer bislang noch am Sinn von Freihandelsabkommen zweifelte, wird diesen jetzt eher zustimmen. Wenn die USA künftig weniger Produkte aus Japan, China, Südkorea und anderen asiatischen Ländern einführen (viele japanische Hersteller produzieren längst auch in China, Thailand, Vietnam oder den Philippinen), bleibt eben um so mehr für uns. Wenn unsere Einfuhrzölle niedrig sind oder gänzlich wegfallen, sinken die Preise oder steigen zumindest nicht. Selbst US-Produkte könnten sich aufgrund des fallenden Dollarkurses verbilligen. Sicher ist, das wir nicht die Hauptleidtragenden der US-Politik sein werden – das sind die Bürger der USA selbst.

Ganz so einfach und hoffnungsträchtig ist die Situation dennoch nicht – zumindest nicht kurzfristig. Die Turbulenzen im Welthandel, die Manager weltweit ihre Füße still halten lassen, betreffen auch uns. Aktuell traut sich kaum jemand, in eine Produktionsoffensive zu gehen; man hält sich lieber zurück, um nicht auf einer Überproduktion sitzen zu bleiben. Die Verknappung Seltener Erden durch China betrifft ohnehin die ganze Welt. Die Weltwirtschaft wird sich künftig neu organisieren und so robust aufstellen müssen, dass sie unabhängig von den Aktionen eines frei drehenden US-Präsidenten florieren kann. Der Trend zur Globalisierung, der für uns vor allem bedeutete, dass andere preisgünstig lieferten, was immer wir brauchten, wird sich nicht völlig rückgängig machen lassen, aber wir werden selbst wieder mehr Verantwortung für unsere Angelegenheiten übernehmen müssen. Und wir müssen die internationale Zusammenarbeit auf eine faire Basis stellen, denn nur wenn sie im Interesse aller Teilnehmer ist, kann sie auch nachhaltig stabil sein.


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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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8 Kommentare

  1. Hallo Zusammen,
    an dieser Stelle muss ich eine deutliche Kritik loswerden. Das Lesen der einzelnen Beiträge wird zur Tortour, wenn durch ändernde Werbung der Inhalt immer wieder einige Zeilen hoch und runter springt. Nicht bei jedem Beitrag aber schon sehr häufig. Mal davon abgesehen, dass ich frustriert aufgebe erreicht die Werbung bei mir genau das Gegenteil: was mich nervt wird ignoriert und verbannt.
    Viele Grüße Jens

    1. Hallo Jens, ich kann Ihre Kritik im Prinzip verstehen, aber hier nicht nachvollziehen. Die Seite hat ein ein einziges Wechselbanner im Kopf in identischer Bannergröße. Da ruckelt nichts. Was wird Ihnen denn als Werbung angezeigt, durch die die Artikel unlesbar werden? Genau aus diesem Grund verzichten wir doch zum Beispiel auf Google-Werbung.

      1. Bei mir tauchte das Problem heute auch schon mehrmals auf, aktuell auf der Seite „https://www.docma.info/ki/ghibli-stil-droht-ki-bildern-in-japan-das-aus“ im Safari Browser unter aktuellem MacOS.

        1. Kann es auch bei diesem Artikel an meinem Mac mit aktuellem System und neustem Safari nicht nachvollziehen. Bei Chrome konnte ich beobachten, dass es bei den ersten Aufrufen der Banner kurz flackert, wenn sie im Anzeigenfeld zu sehen sind. Ist dann aber nach dem Cachen sofort vorbei.

    2. Ich habe mal versucht, das Problem in verschiedenen Browsern nachzuvollziehen. Dabei zeigten sich nur in Safari Auffälligkeiten: Wenn man am Anfang der Seite ist, also unser Eigenwerbungsbanner oben im Blick hat, ruckelte zwar nichts, wenn dieses wechselte, da alle Banner eine identische Größe haben. Scrollt man aber weiter nach unten, kann es bei der Bannerrotation tatsächlich zu Verschiebungen der Seite kommen. In Chrome und Firefox passierte das nicht. Da sich die Position der Seitenelemente bei der Bannerrotation ja nicht ändert, scheint mir das ein Fehler in Safari zu sein.

      (Nebenbeibemerkt: Ich kenne das Problem von anderen Websites, die längere Textstrecken immer wieder mit Werbung unterbrechen. Wenn an diesen Stellen neue Werbung geladen wird, kann die ganze Seite springen, was beim Lesen erheblich stört. Aber diese Art der Werbung gibt es hier ja nicht.)

  2. Hallo liebe Docma Redaktion !
    ich leide ebenfalls unter diesem …springen.. Seit ca. 5 Tagen , ohne das ich ein Update vom Betriebssystem gemacht hätte . Mac Studio, 14.2 Betriebssystem , Safari als Browser. Hoffe das das genauso unbemerkt rasch wieder verschwindet 🙂 Computer sind ja auch nur Menschen …
    Gruss, Jürgen

    1. Auf meinem Mac springt der Content nur in Safari; in Chrome und Firefox steht er bombenfest. Auf meinem iPad beobachte ich das Springen dagegen nicht nur in Safari, sondern auch in Chrome, DuckDuckGo, Opera und Edge. Das liegt daran, dass unter iOS alle Browser Apples WebKit benutzen – es ist also im Kern immer derselbe Browser mit unterschiedlichen Zusatzfunktionen, und daher zeigt sich auch dieser Darstellungsfehler in allen Browsern. Allerdings musste Apple seine Restriktionen lockern und seit letztem Jahr ist es Drittanbietern möglich, ihre eigene Engine zu nutzen. Anscheinend tut das aber aktuell noch keiner.

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