
Die KI-Landschaft rotiert in einem Tempo, das selbst erfahrene Beobachter ins Schwitzen bringt. Kaum hat sich der Staub um die letzte Ankündigung gelegt, schiebt OpenAI nach: Der Bildgenerator, der bereits in ChatGPT für Furore und millionenfache Nutzung sorgte, steht nun via API auch Drittanbietern offen. Prominenteste Abnehmer: Adobe, Figma und Canva. Was auf den ersten Blick wie eine logische Weiterentwicklung aussieht – die Integration potenter KI-Werkzeuge in etablierte Kreativ-Software – wirft bei genauerem Hinsehen für Bildprofis, die auf verlässliche Werkzeuge und rechtliche Absicherung Wert legen, drängende Fragen auf. Insbesondere Adobes Strategie mit Firefly gerät damit auf den Prüfstand.
Die technische Seite ist schnell umrissen: Das Modell gpt-image-1, eine nativ multimodale KI, soll nicht nur vielfältige Stile beherrschen und präzise Vorgaben umsetzen, sondern auch Text relativ zuverlässig in Bilder integrieren können. Diese Fähigkeiten sollen nun direkt in Adobe Firefly und Adobe Express, aber auch in Figma, Canva, bei GoDaddy und weiteren Plattformen nutzbar werden. Die Vision: Nahtlose Integration von High-End-Bildgenerierung in bestehende Workflows, um Ideenfindung, Entwurfsprozesse und die Anfertigung von Assets zu beschleunigen.
Adobes Strategiewechsel: Fragen zur Qualität und Rechtssicherheit
Spannend wird es jedoch, wenn man diesen Schritt im Kontext von Adobes bisheriger KI-Strategie betrachtet. Erinnern wir uns: Adobe positionierte Firefly von Beginn an als die „kommerziell sichere“ Alternative im wilden Westen der generativen Bild-KI. Das zentrale Verkaufsargument war, dass Firefly ausschließlich auf lizenzierten Inhalten aus Adobe Stock sowie gemeinfreiem Material trainiert wurde, dessen Urheberrechtsschutz abgelaufen ist. Dieses Vorgehen sollte Anwender vor potenziellen Urheberrechtsverletzungen schützen, die bei Modellen mit unklarer Trainingsdatenhistorie drohen – ein Problemfeld, das aktuell diverse Gerichte beschäftigt. Adobe ging sogar so weit, für Unternehmen in gewissem Umfang Rechtssicherheit für Inhalte zu gewähren, die mit ausgewählten Firefly-Workflows generiert wurden – ein starkes Signal der Zuversicht in die eigene juristische Absicherung.
Die nun angekündigte Integration von OpenAIs gpt-image-1 in Firefly und Express stellt dieses Versprechen zumindest in Frage, wenn nicht gar zur Disposition. Warum sollte Adobe, wenn Firefly doch die qualitativ hochwertige und rechtssichere Lösung darstellt, ein externes Modell mit potenziell undurchsichtigerer Trainingsdaten-Herkunft einbinden? Drängt sich hier der Verdacht auf, dass die Ergebnisse von Firefly allein den professionellen Ansprüchen möglicherweise doch nicht immer genügten und man nun auf die populäre, wenn auch rechtlich weniger klar definierte, Technologie von OpenAI zurückgreift, um konkurrenzfähig zu bleiben?
Zwar betont OpenAI, dass auch das API-Modell Sicherheitsmechanismen gegen schädliche Inhalte enthalte (wobei das, was genau „schädlich“ ist, im Dunkeln bleibt) und C2PA-Metadaten zur Nachverfolgung der Herkunft einbette. Letzteres ist zwar ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz, adressiert aber nicht die grundlegende Frage der Urheberrechtskonformität der Trainingsdaten von gpt-image-1. Für professionelle Anwender, die auf die kommerzielle Nutzbarkeit und Rechtssicherheit ihrer Arbeitsergebnisse angewiesen sind, entsteht hier eine neue Unsicherheit. Gilt Adobes Freistellungsversprechen auch für Bilder, die zwar innerhalb einer Adobe-Applikation, aber mittels der OpenAI-Engine generiert wurden? Vermutlich nicht. Das ursprüngliche „Reinheitsgebot“ von Firefly scheint damit aufgeweicht.
Die Kostenfrage: Ein neuer Posten in der Kalkulation
Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Aspekt ist die Kostenstruktur. Die Nutzung der OpenAI-API ist nicht Teil eines bestehenden Adobe-Abos oder eines Freikontingents, sondern wird pro generiertem Bild abgerechnet. OpenAI nennt Richtwerte von etwa 0,02 US-Dollar für niedrige, 0,07 US-Dollar für mittlere und 0,19 US-Dollar für hohe Qualität bei quadratischen Bildern.
Diese Preisstruktur führt eine neue Variable in die Kalkulation professioneller Projekte ein. Während die Nutzung von Firefly bisher oft über Creative Cloud-Abonnements oder spezifische Credit-Pakete abgedeckt war, fallen nun potenziell für jede über die OpenAI-Schnittstelle generierte Variante direkte, zusätzliche Kosten an. Bei umfangreichen Projekten, Moodboard-Entwicklungen oder der Generierung hochauflösender Assets für den Druck kann dies schnell zu einem relevanten Budgetposten werden, der eingeplant werden muss. Die Zeiten, in denen man „mal eben schnell“ Dutzende KI-Varianten durchprobieren konnte, ohne direkt auf den Kostenzähler zu schauen, könnten damit – zumindest bei Nutzung der OpenAI-Integration – vorbei sein.
Ausblick: Zwischen Workflow-Optimierung und neuen Fallstricken
Die Integration von OpenAIs leistungsfähiger Bild-KI direkt in die Werkzeuge des täglichen Bedarfs ist technologisch verlockend. Sie verspricht kürzere Wege, schnellere Iterationen, Bildqualität auf aktuellem Niveau und potenziell neue kreative Möglichkeiten durch die Kombination verschiedener KI-Ansätze innerhalb einer Umgebung.
Doch dieser Fortschritt kommt mit einem Preisschild – nicht nur in Dollar und Cent, sondern auch in Form potenzieller rechtlicher Grauzonen und einer Verwässerung des ursprünglichen Sicherheitsversprechens von Adobe. Professionelle Fotografen, Designer und Bildbearbeiter müssen nun noch genauer abwägen, welche KI-Werkzeuge sie für welche Zwecke einsetzen und welche Risiken sie dabei eingehen wollen oder können. Die Bequemlichkeit der Integration darf nicht den Blick auf die fundamentalen Fragen der Kostenkontrolle und der kommerziellen Rechtssicherheit verstellen. Die KI-Revolution im Kreativbereich geht weiter – sie wird aber auch komplexer und erfordert eine noch kritischere Auseinandersetzung mit den Werkzeugen und ihren Rahmenbedingungen.