PNG 3: Die stille Auferstehung eines vergessenen Formats

Jahrelang lag PNG in meinem digitalen Werkzeugkasten wie ein vergessenes Schweizer Taschenmesser – da, aber selten benutzt. JPEG für das Web, TIFF für den Druck, RAW für die Fotografie und PSD für Montagen. Aber PNG? Das war das Format für Screenshots und Logos mit transparentem Hintergrund. Punkt. Eine Nischenlösung für Spezialfälle. Dann kam die generative KI-Revolution, und plötzlich änderte sich alles. Über Nacht wurde PNG zu meinem Standardformat für generierte Bilder. Nicht aus nostalgischen Gründen oder technischer Sentimentalität, sondern aus purer Notwendigkeit, denn wenn man KI-Bilder aus den Generatoren herunterladen will, geht das ohne Detailverluste meist in PNG. Und nun sind mit PNG 3 auch zusätzliche Fähigkeiten in Aussicht gestellt.
Mit Welle der generativen Künstlichen Intelligenz kam zudem ein fundamentaler Wandel in der Art, wie wir Bilder produzieren und weiterverarbeiten. Die Bilder waren nun erstmal zwischen einem und vier Megapixel groß und damit vollzog sich eine stille Revolution in meinem Workflow: Das vernachlässigte PNG wurde zum unangefochtenen Arbeitstier, zum zentralen Format für jede anspruchsvolle Weiterbearbeitung. Begünstigt durch den Umstand, dass Indesign seit einger Zeit nun auch PNGs verarbeitet. Diese persönliche Wende ist vermutlich keine Anekdote, sondern Symptom eines Paradigmenwechsels, der viele in der visuellen Medienproduktion betrifft.
Der KI-Effekt: Wenn Algorithmen keine Kompromisse dulden
Wer heute professionell mit KI-Bildgeneratoren wie Midjourney, Imagen oder Flux arbeitet weiß, dass der erste generierte Output selten das finale Produkt ist. Er ist vielmehr ein Rohdiamant, der Ausgangspunkt für einen komplexen Veredelungsprozess: Upscaling, Inpainting, Compositing, Farbkorrektur. Und das alles erstmal in Minimalauflösung. Genau an dieser kritischen Schnittstelle zwischen Generierung und Bearbeitung offenbart sich die Stärke von PNG.
Während das menschliche Auge über die subtilen Artefakte einer JPEG-Kompression gnädig hinwegsieht, sind diese für eine nachgeschaltete KI pures Gift. Jedes Blockartefakt, jede unscharfe Kante, jeder Farbsaum ist für den Algorithmus nicht nur eine ästhetische Störung, sondern fehlerhafter Input, der zu unvorhersehbaren und meist minderwertigen Ergebnissen bei der Weiterverarbeitung führt. Ein KI-Upscaler, der auf einem komprimierten JPEG aufsetzt, skaliert nicht nur das Bild hoch, sondern oft auch die Fehler der Kompression.
Aus diesem Grund ist PNG zum De-facto-Standard für die verlustfreie Ausgabe bei nahezu allen führenden KI-Bildgeneratoren geworden Wer die bestmögliche Qualität aus seinem Prompt herausholen will, um sie anschließend weiter zu verfeinern, wählt PNG. Das Format liefert ein technisch makelloses, digitales Negativ. Jeder Pixel ist exakt so, wie die KI ihn berechnet hat – eine saubere, verlässliche Datenbasis, frei von den Kompromissen der verlustbehafteten Kompression.
Mehr als nur Abwesenheit: Die neue Macht der Transparenz
Die Fähigkeit, Transparenzen zu speichern, war schon immer die bekannteste Tugend von PNG. Doch im KI-Zeitalter gewinnt diese Eigenschaft eine neue, strategische Bedeutung. KI-gestützte Freistellungs- und Maskierungswerkzeuge jenseits von Photoshop sind in viele Workflows eigebaut und produzieren als Ergebnis fast ausnahmslos PNG-Dateien. Die Transparenz ist hier nicht mehr nur eine gestalterische Option, sondern das technische Fundament für komplexe Compositing-Arbeiten.
Ein KI-generiertes Objekt, freigestellt und als PNG mit Alphakanal gespeichert, lässt sich nahtlos in jede beliebige Szene integrieren. Das Format wird so zur Brücke zwischen generierten und fotografierten Realitäten, zum Träger einer modularen Bildsprache, in der Elemente frei kombiniert und neu kontextualisiert werden können.
Die Vision des Universalformats: Was PNG 3 verspricht
Die Entwicklung stagniert nicht. Mit der Spezifikation von PNG 3 rückt das Format noch näher an die Rolle eines potenziellen Universalformats für zukünftige Medienproduktionen heran. Die offizielle Integration von Animationen (APNG) macht es zu einem ernsthaften Konkurrenten für das alternde GIF, aber mit dem Vorteil von 24-Bit-Farben und Alpha-Transparenz.
Noch wichtiger ist die standardisierte Einbettung von Metadaten wie EXIF. Wenn die Provenienz eines Bildes – seine Herkunft, sein Schöpfer, die verwendeten Werkzeuge – immer wichtiger wird, ist dies ein entscheidender Schritt. Ein PNG kann so zum lückenlosen Dokument seiner eigenen Entstehungsgeschichte werden, vom initialen KI-Prompt bis zur finalen Farbkorrektur. Die Rückwärtskompatibilität sorgt dabei dafür, dass auch ältere Software die Dateien problemlos lesen kann, selbst wenn sie die neuen Features nicht interpretiert.
Damit fehlt eigentlich nur noch ein letzter Baustein zur Perfektion: eine extrem sparsame, aber qualitativ brillante Kompressionsvariante. Könnte PNG eines Tages eine optionale, verlustbehaftete Kompression anbieten, die es in Sachen Effizienz mit JPEG oder WebP aufnehmen kann, wäre sein Siegeszug vermutlich kaum noch aufzuhalten. Es wäre das eine Format, das alles Wichtige kann: verlustfreie Archivierung, transparente Composites, Animationen und eine effiziente Web-Auslieferung.
Das einstige Aschenputtel hat den Ballsaal der digitalen Bildproduktion nicht nur betreten – es ist dabei, die Regeln des Tanzes neu zu definieren.
Hallo Christoph!
Toller Artikel zum PNG!
Viele Grüße!
Jens Koenig
Transparenz geht doch mit TIF auch, Animation natürlich nicht, samt verlustfreier Kompression.
Und soll eine „qualitativ brillante Kompressionsvariante“ was anderes tun, als verlustfrei zu komprimieren (sogar mit Varianten ZIP oder LZW), wie jetzt auch schon? Mit Ebenen und Alphakanälen.
Das PNG-Format war ja als Ersatz für das völlig veraltete GIF-Format mit seinen 256 Farben gedacht – vor 25 Jahren hatte ich selbst noch Farbpaletten optimiert, damit ein GIF mit 256 Farben nicht allzu schrecklich aussah. Man konnte auch keine variable Transparenz definieren, sondern nur eine Farbe als transparent erklären. PNG war GIF in fast jeder Hinsicht überlegen, nur unterstützte es keine Animationen; für diese blieb GIF die erste Wahl und ist es bis heute. Für Websites habe ich schon ewig keine GIFs mehr verwendet, sondern für Fotos JPEG und für alles andere PNG. (Wenn GIF-Animationen verboten würden, hätte ich absolut nichts dagegen.)
Gegenüber TIFF hat PNG den Vorteil, streambar zu sein und Interlacing zu unterstützen. Letzteres ist allerdings nur bei langsamen Internetverbindungen relevant – das Bild baut sich dann schrittweise von grob zu fein auf und man kann schon etwas erkennen, bevor alle Daten übertragen sind. Außerdem ist TIFF ein sehr variables und mächtiges Format, bei dem man nicht davon ausgehen kann, dass es von allen Browsern unterstützt wird; seine Verwendung im Web ist daher nicht ratsam.
Was PNG bislang fehlt, ist ein verlustbehaftetes Kompressionsverfahren; die bislang unterstützte Kompression ist verlustfrei. Das ist zwar insofern kein Problem, als man für Fotos ja JPEG oder WEBP verwenden kann, aber wenn sich PNG als universelles Format im Web etablieren soll, ist die Option einer verlustbehafteten Komprimierung unabdingbar.