BücherMagazin

Interview mit einem Buch: Blitzen!

Von Sachbüchern erhofft sich der Leser Antworten auf konkrete Fragen, und in dieser Reihe befragt Michael J. Hußmann Fachbücher darüber, welche Antworten sie geben können. Die Autoren von „Blitzen! – Das Workshop-Buch für bessere Bilder“ zeigen, was der Einsatz von Blitzlicht für die Qualität Ihrer Fotos tun kann.

Von einem Lehrbuch der Blitzfotografie erwartet man vielleicht Anleitungen, wie man mit mehreren Studioblitzen und einem großen Arsenal an Lichtformern das optimale Licht setzt. Kyra und Christian Sänger holen ihre Leser dagegen dort ab, wo sich viele Amateurfotografen befinden: Diese haben ein Blitzgerät, sind sich aber unsicher, wie sie es zur Verbesserung ihrer Bildergebnisse einsetzen sollen, ohne dass der natürliche Charakter der Fotos verloren geht. Die Autoren demonstrieren daher auch, was sich selbst mit einer vergleichsweise bescheidenen und noch erschwinglichen Ausrüstung erreichen lässt. In vielen der Workshops ihres Buches gehen sie darauf ein, wie sich Blitzlicht und Umgebungslicht optimal verbinden lassen, sei es bereits während der Aufnahme oder im Nachhinein, indem verschieden belichtete Fotos einer Szene in Photo­shop kombiniert werden.

Im ersten Kapitel geben sie einen Überblick über die Technik der Blitzgeräte, die Synchronisation von Blitz und Verschluss sowie die Möglichkeiten, das Licht zu formen, sei es das eines auf die Kamera montierten oder das eines entfesselt eingesetzten Blitzgeräts. Mehr als 50 Workshops zu Themen aus den Bereichen Porträt, Gegenstände und Räume, Makro, Natur, Sport und Action sowie Food führen dann anhand konkreter Beispiele vor, wie der Einsatz des Blitzlichts Ihre Fotografie verbessern kann. Wir befragen zu diesen Themen das Buch, und es antwortet mit der Stimme seiner Verfasser.

Wie kann man die Blitzleistung objektiv vergleichen?

Beim Vergleich der Stärke verschiedener Systemblitze gilt es, die zur Ermittlung der Leitzahl verwendeten Basiswerte zu beachten, denn ISO-Wert und Leuchtwinkel müssen für einen objektiven Vergleich identisch sein. Üblicherweise geben die Hersteller die Leitzahl auf der Basis von ISO 100 und dem kleinsten Leuchtwinkel an, den der Blitz liefert. Beim Canon Speedlite 600EX/EX II-RT bezieht sich die Leitzahl 60 zum Beispiel auf dem Leuchtwinkel für ein 200-mm-Objektiv. Das Speedlite EL-100 wird dagegen mit einer Leitzahl 26 bei einem Leuchtwinkel für 50 mm angegeben. Bei 50 mm hat das Speedlite 600EX II-RT nur noch eine Leitzahl von 39, die also keineswegs mehr als doppelt so hoch ist. Da in der Bedienungsanleitung der Blitzgeräte meist Tabellen zur Leitzahl bei verschiedenen Leuchtwinkeln zu finden sind, ist ein objektiver Vergleich dennoch möglich.

Was tun, wenn die Farbtemperatur des Umgebungslichts von der des Blitzlichts abweicht?

In solchen Situationen kann es zu Farbstichen im Bild kommen, weil sich der Weißabgleich auf das gesamte Bild auswirkt und das Licht der einen oder der anderen Lichtquelle in der falschen Farbgebung dargestellt wird.

Eine typisches Beispiel ist der Einsatz von Blitzlicht in Räumen, die mit Glühlampenlicht beleuchtet sind. Anhand des Bildes einer Clownfigur ist das zu erkennen. Wird der Weißabgleich auf die Lampe abgestimmt, hinterlässt der Blitz einen Blaustich auf dem Clown 1. Umgekehrt sieht der Hintergrund gelbstichig aus, wenn es mit dem für das Blitzlicht optimalen Weißabgleich aufgenommen wird 2.

Der Weißabgleich auf das Umgebungslicht [1] oder das Blitzlicht [2] erzeugt Farbstiche. Ein Orangefilter auf dem Blitz vereinheitlicht die Farbtemperaturen beider Lichtquellen [3].
Der Weißabgleich auf das Umgebungslicht [1] oder das Blitzlicht [2] erzeugt Farbstiche. Ein Orangefilter auf dem Blitz vereinheitlicht die Farbtemperaturen beider Lichtquellen [3].

Für solche Lichtsituationen gibt es eine einfache Lösung: Färben Sie das Licht aus dem Systemblitz mit Filterfolien ein, so dass es der Lichtfarbe des vorhandenen Kunstlichts entspricht. Der Weißabgleich muss dann nur noch auf eine Farbtemperatur eingestellt werden 3. Die Filterfolien können Sie zurechtschneiden und mit Malerkrepp befestigen. Besser sind Filter mit einer Klettbefestigung, wie sie von Lumi­Quest, B.I.G. und Phorex angeboten werden.

Wie kann man mit dem Zoomreflektor gestalten?

Durch das manuelle Verschieben des Zoomreflektors können Sie den Charakter des Lichts auf Ihrem Motiv verändern. Verschieben Sie den Leuchtwinkel des Blitzes in Richtung Weitwinkel, werden die Schatten nicht ganz so intensiv und die Ränder schärfer 4. Verschieben Sie den Leuchtwinkel in Richtung Tele, sind die Schatten dunkler, weisen aber einen diffuseren Rand auf 5. In der Teleeinstellung erhalten Sie auch einen stärkeren Lichtspot mit einer helleren Bildmitte und dunkler auslaufenden Randbereichen. Das Motiv wird stärker hervorgehoben und das Bild wirkt lebhafter.

Die unterschiedliche Lichtwirkung eines Blitzgeräts mit dem Zoom­reflektor in Weitwinkel- [4] und Telestellung [5]
Die unterschiedliche Lichtwirkung eines Blitzgeräts mit dem Zoom­reflektor in Weitwinkel- [4] und Telestellung [5]
Eine mit drei Blitzgeräten ausgeleuchtete Low-Key-Aufnahme
Eine mit drei Blitzgeräten ausgeleuchtete Low-Key-Aufnahme
Der Aufbau der Lichtquellen für das Low-Key-Porträt
Der Aufbau der Lichtquellen für das Low-Key-Porträt

Wie gelingt eine Low-Key-Aufnahme?

Bei Low-Key-Aufnahmen beherrschen dunkle Töne das Bild. Dieser Fotostil eignet sich für Porträtaufnahmen mit einer sinnlichen, edlen oder auch etwas geheimnisvollen Wirkung 6. Für Low-Key-Aufnahmen benötigen Sie einen nicht allzu hellen Raum, denn das Bild soll ausschließlich durch Blitzlicht belichtet werden. Positionieren Sie Ihr Model mit einem Abstand von mindestens einem Meter vom Hintergrund entfernt. Je größer die Distanz ist, desto besser lässt sich gestreutes Blitzlicht auf den Hintergrund vermeiden. Stellen Sie das weiche Konturenlicht, hier eine Strip-Softbox mit Wabengitter, so auf, dass die Lichtquelle als Streiflicht von schräg hinten knapp am Kopf vorbeizielt. Die Konturen sollten nicht überstrahlen. Im gezeigten Beispiel steuerte ein Funkblitzauslöser dieses Licht mit Leistung 1/4. Fügen Sie optional einen zweiten Blitz hinzu, der hinter dem Kopf des Models steht und diesen mit einer feinen hellen Linie konturiert. Setzen Sie nun das Hauptlicht, indem Sie eine zweite Strip-Softbox mit Wabengitter auf der gegenüberliegenden Seite des Konturenlichts aufstellen. So ergibt sich eine Zangenbeleuchtung: Das Konturenlicht zielt von hinten am Kopf vorbei und das Hauptlicht von vorn 7. Das Hauptlicht sollte den Körper aber nur am Rand streifen, also nicht direkt auf den Kopf zielen, sondern knapp daran vorbei. Dies garantiert ein weich auslaufendes Licht, durch das die Licht-Schatten-Partien sanft ineinander übergehen.

Kyra Sänger, Christian Sänger:
Blitzen! – Das Workshop-Buch
für bessere Bilder
Rheinwerk Verlag, 2021
344 Seiten, gebunden
39,90 Euro
www.rheinwerk-verlag.de/5107

Zeig mehr

Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

Ähnliche Artikel

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Das könnte Dich interessieren
Close
Back to top button