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Magnum: Böse Bilder?

Magnum Photos, die renommierte, vor 73 Jahren gegründete kooperative Bildagentur, die bis heute im Besitz der von ihr vertretenen Fotografen ist, hat ein Problem, und ihre Bilddatenbank bleibt vorerst offline, bis es gelöst ist.

Vor knapp zwei Wochen kritisierte ein Artikel der Website Fstoppers, dass Magnum Fotos verkaufen würde, die sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen. Einige davon stammen aus einem Projekt des Magnum-Mitglieds David Alan Harvey aus dem Jahre 1989: „THAILAND. Bangkok. 1989. Thai prostitutes.“ Beispielsweise ist in einem der Bilder ein halbnacktes minderjähriges Mädchen zu sehen, das sich lächelnd dem Fotografen nähert, der anscheinend auf einem Bett sitzt – der Fotograf hatte die Perspektive eines Freiers gewählt. Zu den Schlagwörtern, unter denen man dieses Bild seit vielen Jahren finden konnte, gehören „Prostitute“, „Breast“ und „Teenage girl – 13 to 18 years“.

Magnum: Böse Bilder?
So wurde eines der kritisierten Fotos von David Alan Harvey (in diesem Screenshot nur teilweise zu sehen) beworben – mit Schlüsselwörtern wie „Prostitute“, „Breast“, „Teenage girl“ und „13 to 18 years“.

Man könnte zur Verteidigung des Fotografen geltend machen, dass eine Reportage über die hässliche Realität des Sextourismus in Thailand durchaus verdienstvoll sei, allerdings ist es fraglich, ob die Sexarbeiterinnen darin identifizierbar abgebildet werden sollten. Zumal es unklar bleibt, ob diese ihr Einverständnis zu einer Veröffentlichung in dieser Form gegeben haben.

Heute, 31 Jahre später, gibt es längst keinen aktuellen Bezug mehr, aber wem der Sinn nach Bildern minderjähriger thailändischer Sexarbeiterinnen steht, findet in der Magnum-Bilddatenbank, was er sucht, und kann diese Bilder lizensieren. Oder konnte es jedenfalls bisher, denn nun haben die Magnum-Präsidentin und die CEO verkündet, dass sowohl die angebotenen Bilder als auch ihre Verschlagwortung einer eingehenden (internen) Prüfung unterzogen werden sollen. Bis dahin bleiben sie offline.

Man mag sich fragen, wieso dieser Missstand jahrzehntelang niemandem aufgefallen war. Wenn die Skepsis erst einmal geweckt ist, stößt man noch auf andere Bilder, beispielsweise dieses Foto, ebenfalls von David Alan Harvey, das sich nach wie vor auf der Magnum-Website findet:

Magnum: Böse Bilder?
Ein inszeniertes Foto von David Alan Harvey, das er auf seiner Seite bei Magnum Photos zeigt – hier ein Screenshot der Website.

Ein (in diesem Fall nicht identifizierbares) Mädchen auf einem Schaukelpferd, daneben ein nackter Mann – man muss dabei nicht zwingend an Kindesmissbrauch denken, aber die Idee liegt auch nicht fern. Wie dieses Foto von 2012 verschlagwortet ist, lässt sich aktuell nicht mehr feststellen.

Bei Magnum hat man inzwischen erkannt, dass sie ein Problem haben, auch wenn sie sich dessen Tragweite noch nicht völlig bewusst zu sein scheinen. Magnum spricht davon, manche Fotos seien möglicherweise „unangemessen“ und ihr Inhalt „sensibel“, aber man könnte (wie der britische Fotograf Andy Day) auch darüber hinausgehend argumentieren, dass die Veröffentlichung solcher Bilder den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern erfüllt – zumindest nach den Gesetzen einiger westlicher Staaten. Mit einer internen Revision von Bildauswahl und Verschlagwortung könnte es nicht getan sein.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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3 Kommentare

  1. Hmm…die Kritik an dem Bangkok-Bild kann ich noch nachvollziehen. Bei dem Bild mit der Person auf dem Schaukelpferd eher nicht. Es ist nicht eindeutig zu identifizieren, ob es sich bei der Person auf dem Schaukelpferd, um eine junge Frau oder ein Kind handelt? Wäre es Zweiteres, so ist eine Kritik sicherlich angebracht.
    Handelt es sich aber bei der Person um eine junge Frau (volljährig selbstverständlich), dann ist es dem Fotografen freigestellt, wie er eine Bildidee umsetzt oder was er damit zum Ausdruck bringen will!

    1. Der Bildtitel spricht von „a nude man and a girl on a rocking horse“, und obwohl „girl“ umgangssprachlich auch für eine junge Frau verwendet wird, suggeriert der Gegensatz „man“ und „girl“ nun mal einen größeren Altersunterschied, zumal im Zusammenhang mit einem Schaukelpferd, das ja ein Kinderspielzeug ist. Das Alter des Models ist ohne Belang; entscheidend ist der Eindruck, den das Bild bei einem durchschnittlichen Betrachter hervorruft – und mutmaßlich hervorrufen soll.

  2. Wem wird geholfen, wenn die Bilder als „böse“ erkannt sind und wegkommen? Wird die Welt besser, wenn alles weggelöscht wird, was nicht vollsupi und moralisch (bitte per Konsens) einwandfrei ist? Wo zieht man die Grenze diesseits der Gesetze für sowas? Eine Auseinandersetzung in Worten und Bildern, um davon abzulenken, daß in der Welt der Taten Waffenverkäufe, Bombenwerfen, Lebensmittelspekulation, Menschenhandel und Zwangsprostitution und allerlei ungestört weitergehen. Eine Ablenkung die zielsicher Leute trifft, die an den implizierten Problemen weder schuld sind, geschweige denn etwas ändern können.

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