KI-Plattform NightCafe

Seit 2020 gibt es die australische KI-Plattform NightCafe. Hier können User eigene Kreationen mit zahlreichen KI-Modellen und Stilvorgaben umsetzen lassen. Die Stärke liegt bei Illustrativen Bildern. Besonders interessant sind die täglichen „Challenges“: Dabei kann man dem Volk zwar nicht „aufs Maul“, aber immerhin auf die Tastatur schauen. | Doc Baumann Die Oberfläche von NightCafe ist in drei Teile gegliedert: Links KI-Modell (a), Prompt-Eingabefeld (b), Prompt-Editor (Auswahl aus Stil-, Künstler- und Technik-Vorgaben (c), Verwendung eines eigenen Startbildes (d), Anzahl gewünschter Bilder (e), Bildproportionen (f) und weitere Parameter. In der Mitte werden eigentlich die erzeugten Bilder angezeigt (g) – zu Demonstrationszwecken habe ich vier Beispiele aus „Challenges“ und „Explore“ eingefügt. Ganz oben erscheint der verwendete Prompt (h). Die Leiste rechts (i) zeigt bisher generierte Bilder. NightCafe setzt illustrative Stile gut um, klassische weniger überzeugend; fotoähnliche KI-Bilder sind seit der Einbindung von Stable Diffusion XL deutlich besser geworden. Verfolgt man die Wettbewerbe auf NightCafe, gewinnt man einen recht guten Eindruck davon, was aktuell an KI-Bildern produziert und in Kommentaren gefeiert wird. Ob das nun, wie behauptet, als „Kunst“ gelten kann, ist eine ganz andere Frage. Aber von den Ergebnissen ausgehend kann man nicht leugnen, dass hier Laien und Hobby-Künstler ein Werkzeug gefunden haben, mit dem sie Bilder erzeugen können, deren technische Perfektion bisher Profis vorbehalten war. Man darf das (meiste davon) gern als „Kitsch“ bezeichnen, was aber nur dann aussagekräftig wäre, wenn sich der überwiegende Anteil traditionell produzierter Bilder ästhetisch nicht ebenso einordnen ließe. Auf jeden Fall haben zahllose Hobbykünstler mit den Challenges von NightCafe ein ideales Austauschforum gefunden. Aber natürlich lassen sich die hier bereitgestellten KI-Werkzeuge auch professionell einsetzen; seit der Einbindung von Stable Diffusion XL hat sich auch die Qualität der Foto-Umsetzungen deutlich verbessert. Die Preisspanne der Abos reicht von $ 4,70 pro Monat (100 Credits oder 310 SDXL-Kreationen) bis $ 39,99 (1400 Credits). Die Plattform ist ohne komplizierte Web-Umwege direkt erreichbar unter www.docma.info/22962. Mehr über die Hintergründe und Ziele von NightCafe, benannt übrigens nach van Goghs gleichnamigem Gemälde, erzählt der Gründer Angus Russell in unserem Interview. Docma: Angus, auf Ihrer Website erklären Sie, wie NightCafe entstanden ist. Im Jahr 2020 gab es kaum alternative Anbieter für solche Dienste, was heute ganz anders ist. Welche Merkmale unterscheiden NightCafe heute von anderen KI-Plattformen? Angus Russell: NightCafe Studio ist eine umfassende KI-Kunstgemeinschaft, nicht nur ein KI-Kunstgenerator. Benutzer kommen zu NightCafe, um KI-Kunst zu produzieren, Kunstwerke anderer anzuschauen, mit Gleichgesinnten zu chatten und zu interagieren, an täglichen Challenges teilzunehmen, eigene für die Gemeinschaft vorzuschlagen und vieles mehr. Wir sind die Anlaufstelle für alles rund um KI-Kunst. Docma: NightCafe veranstaltet täglich Wettbewerbe (Challenges), an denen jeder Abonnent teilnehmen kann. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Angus Russell: Die Leute lieben es grundsätzlich, in ihrem Alltag eine kreative Ausdrucksmöglichkeit zu haben. Unsere täglichen Challenges wurden entwickelt, um den Menschen einen Ort zu bieten, an dem sie ihre Kreativität ausleben und dabei Spaß haben können. Unsere Benutzer schätzen es, dass ihnen dabei täglich ein Thema vorgegeben wird. Dies gibt ihnen den nötigen Anstoß, um kreativ zu werden und etwaige künstlerische Blockaden zu überwinden. Docma: Seit einiger Zeit können Benutzer ihre eigenen Gesichter oder Objekte trainieren. Wie gut wird dieses Feature von den Benutzern aufgenommen und genutzt? Angus Russell: Das Feintuning ist immer noch eine recht neue Ergänzung zu NightCafe. Viele Benutzer haben Freude daran, ein „Gesichtsmodell“ zu trainieren, um Bilder von sich selbst in verschiedenen Stilen und Szenarien zu generieren. Die beliebteste Anwendung besteht jedoch darin, ein „Stilmodell“, basierend auf den eigenen Lieblingskreationen, zu trainieren. Die Leute mögen ihre eigenen Stile, und Sie können auch mehrere Stilmodelle in einer einzigen Kreation kombinieren. Docma: NightCafe will Werkzeuge zur „Herstellung einzigartiger Kunst“ bieten. Ist das nicht etwas zu ehrgeizig formuliert? Ich sehe bei den Wettbewerben viele Bilder – aber nur wenige würde ich mit dem erhabenen Begriff „Kunst“ beschreiben. Wie sehen Sie das? Angus Russel: Die Bezeichnung „Kunst“ als „erhabener Begriff“ klingt stark nach Gatekeeping, das lehnen wir klar ab. Wir sind der Ansicht, dass jeder, der Freude daran hat, kreativ zu sein, sich als Künstler bezeichnen kann. NightCafe bietet die Werkzeuge zur Erstellung einzigartiger Kunst, und die Art und Weise, wie unsere Werkzeuge genutzt werden, bestimmt die Einzigartigkeit jeder Kreation. Ganz ähnlich wie ein Set von Pinseln und ein paar Farben. Docma: Sie schreiben: „Entgegen der Meinung vieler ist KI in der Kunstwelt nicht dazu da, Künstler überflüssig zu machen. Sie soll das Erschaffen von Kunst für die Massen zugänglich machen.“ Das eine schließt das andere nicht aus; tatsächlich bedeutet die Zugänglichkeit von „Kunst“ für die Massen auch, dass professionelle Künstler wohl weniger gefragt sind. Auch wenn die Massen ohnehin eher Poster und preisgünstige Drucke aufhängen, vernichtet generative KI unzählige Jobs von Illustratoren und Fotografen. Wie sehen Sie diese Verantwortung? Angus Russell: Wir glauben fest daran, dass jeder, der den Wunsch hat, kreativ zu sein, auch kreativ sein darf. Unser Publikum besteht hauptsächlich aus Hobby-Künstlern, die einfach Freude am Prozess und dem Gefühl haben, ihre eigene Kunst zu erschaffen, nicht aus Personen, die an Projekten arbeiten oder Dinge tun, die ansonsten einen professionellen Künstler erfordert hätten. Die Wertschätzung für die Arbeit professioneller Künstler, unabhängig von der Art des verwendeten Mediums, wird immer bestehen bleiben. Docma: Ich bin beeindruckt von einigen „Künstler“- Voreinstellungen, insbesondere von Moebius – während klassische Maler nicht immer überzeugend umgesetzt werden. In den Voreinstellungen ist auch der polnische Illustrator Greg Rutkowski vertreten, der sich dagegen wehrt, dass sein Stil ohne seine Zustimmung verwendet wird, was sich nachteilig auf seine Auftragslage auswirkt. Obwohl ein Stil nicht durch das Urheberrecht geschützt ist – wie gehen Sie mit solchen Fragen um? Angus Russell: Die Voreinstellungen, die den Namen „Greg Rutkowski“ verwenden, stammen alle aus der Zeit vor seinen Äußerungen. Seitdem benutzen alle neuen Voreinstellungen von NightCafe Studio immer weniger Künstlernamen. Aus Gründen der Rückwärtskompatibilität haben wir die älteren Voreinstellungen noch nicht vollständig gelöscht, aber sie sind jetzt viel stärker versteckt als zuvor. Docma: Auch die Nutzungsbedingungen von NightCafe schließen die Darstellung von Nacktheit aus, eine Einschränkung, die uns recht verklemmt erscheint. Das betrifft nicht nur NightCafe. Wir sind immer wieder verwirrt von der seltsamen Gleichsetzung von Nacktheit und Pornographie. Nach dieser Logik müsste ein großer Teil der westlichen Kunst seit der Antike als pornographisch gelten. Ist diese Einschränkung notwendig? Angus Russell: Unsere Nutzungsbedingungen verbieten nur explizite Nacktheit und sexuelle Handlungen. Wenn Sie die „Explore“-Seite mit erlaubten NSFW-Bildern durchsuchen, werden Sie viel künstlerische Nacktheit finden, die auf NightCafe erlaubt ist, wenn sie entsprechend gekennzeichnet ist. Wir möchten die Kreativität nicht einschränken, und wir sind weitgehend mit den Beschwerden einverstanden, die wir über die „Zensur von Kunst“ erhalten. Leider gibt es Menschen mit zu ausgeprägt sexuellen Interessen, und die Regeln, die wir festgelegt haben, sind unser bester Versuch, so viel wie möglich zuzulassen, ohne zu einer Pornoseite zu werden. Angus Russell