Magnum lüftet die Geheimnisse der Dunkelkammer
Das neu eröffnete Foto Arsenal Wien startet mit der Ausstellung „Magnum: A World of Photography“ und gewährt noch bis zum 15. Juni 2025 erstmals Einblicke in die sonst streng gehüteten Arbeitsprozesse der legendären Fotoagentur. Kurator Felix Hoffmann präsentiert über 300 Fotografien und Objekte aus sieben Jahrzehnten Magnum-Geschichte und macht dabei sichtbar, was bisher verborgen blieb: die handwerklichen Techniken, mit denen aus Negativen Ikonen der Weltgeschichte wurden.
Dunkelkammer-Geheimnisse werden zum ersten Mal öffentlich
Was diese Schau von anderen Magnum-Retrospektiven unterscheidet, ist ihr Fokus auf das fotografische Handwerk. Erstmals zeigt eine Ausstellung die Arbeitsmaterialien der Magnum-Drucker: Testabzüge im Format 11×14 Zoll mit handschriftlichen Anweisungen für Abwedeln und Nachbelichten sowie Kontaktbögen mit Markierungen. Diese Magnum Darkroom Collection macht die Entstehung berühmter Bilder nachvollziehbar und zeigt, wie viel manuelle Kunst in jedem Print steckte.
Die ausgestellten Vintage Prints stammen von Magnum-Größen wie Robert Capa, Elliott Erwitt, Dennis Stock, Inge Morath, René Burri und Eve Arnold.
Doch die wahren Protagonisten sind oft die anonymen Dunkelkammer-Printer, deren Notizen auf den Testabzügen verraten, mit welcher Präzision sie Belichtungszeiten, Kontraste und lokale Korrekturen optimierten. Für jeden, der schon einmal selbst in der Dunkelkammer gestanden hat, sind diese Dokumente pure Faszination.
Analoges Handwerk trifft digitale Archivierung
Während Magnum Photos 2024 ein klares Statement gegen KI-generierte Bilder abgegeben hat, zeigt die Ausstellung gleichzeitig den Spagat zwischen analoger Tradition und digitaler Zukunft. Das laufende Projekt „A World in Color“ digitalisiert derzeit 650.000 Farbdias aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
In der Ausstellung lernt in den Texten manchmal Erstaunliches. So etwa, dass die Farbfilme der frühen Jahre „immanent rassistisch“ waren, weil sie nur auf die Haufarben weißer Menschen kalibriert wurden, deswegen „dunklere Hauttöne somit oft ungenau oder gar nicht dargestellt werden konnten“.
Die Schau konfrontiert Besucher neben solchen moralischen Gendersternchen-durchsetzten Geschichtsinterpretationen auch mit der Frage, wie sich unsere heutige Smartphone-Fotografie zur sorgfältigen Auswahl und Bearbeitung der Magnum-Ära verhält. Während wir täglich hunderte Bilder schießen und in Cloud-Speichern verschwinden lassen, zeigen die ausgestellten Kontaktbögen, wie bewusst und selektiv die Magnum-Fotografen ihre Motive auswählten und bearbeiteten .
Zeitgenössische Perspektiven ergänzen die Retrospektive
Dass Magnum mehr ist als ein Geschichtsmuseum, beweisen die Arbeiten zeitgenössischer Agentur-Mitglieder wie Susan Meiselas, Bieke Depoorter und Rafał Milach. Sie zeigen nicht nur im Bild, sondern auch in der Präsentationsform, wie sich die Magnum-Tradition in aktuelle gesellschaftspolitische Kontexte übersetzen lässt.