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You do the rest – Unvermeidbare Veränderungen in der Fotografie

In der aktuellen DOCMA-Ausgabe geht Michael J. Hußmann der Frage nach, ob es sich wirklich lohnt, sich allzu viele Gedanken Zu machen: über unvermeidbare Veränderungen in der Fotografie und ihre Vor- und Nachteile.

You do the rest – Unvermeidbare Veränderungen in der FotografieRobert M. Pirsigs halb-autobiografischer Roman „Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten“ (1974) war in meiner Jugend ein Kultbuch. Ich muss gestehen, dass ich es für überbewertet halte; der nahezu besessene Charakter seiner Hauptfigur lässt mich eher frösteln, als dass ich ein Vorbild in ihm sehen könnte. Dennoch spricht Pirsig darin einen interessanten Punkt an: Er spottet über Motorradfahrer, die nur deshalb eine BMW fahren, weil sie diese Maschine vermutlich nie reparieren müssen und noch den einfachsten Handgriff lieber einer Vertragswerkstatt überlassen. Ihm hingegen genügt nicht das „Fahrvergnügen“; vielmehr will er sein Motorrad in seiner technischen Funktionsweise verstehen.
Solche unterschiedlichen Herange­hens­weisen gibt es auch in der Fotografie, und es steht zu vermuten, dass Sie als DOCMA-Leser eher Pirsigs Position zuneigen – als Bildbearbeiter werden Sie von Ihrer Kamera kaum erwarten, dass sie ohne jeden weiteren Eingriff bereits perfekte Bilder liefert, denn die Bildbearbeitung sehen Sie als zweite Hälfte der Fotografie an. Wer hingegen von der Technik möglichst nichts wissen will, liefert sich ihr aus und reagiert hilflos, wenn sie einmal nicht mitspielt. So wie Pirsigs trommelnder Reise­gefährte John, der sich geschmeidig durch das Leben grooven will, ohne sich die Finger dreckig zu machen. Natürlich fährt er eine BMW.
So unterschiedlich, wie die Heran­ge­hensweisen an die Fotografie sind, so unterschiedlich fallen auch die Reaktionen aus, wenn sich etwas ändert. Aktuell ist das die Sensortechnologie, denn 2014 wird als das Jahr in die Geschichte der Fotografie eingehen, in dem die CMOS-Sensoren auch die letzte verbliebene Bastion des CCD erobert haben – das Mittelformat. Die neuen Mittelformatkameras enthalten CMOS-Chips von Sony (Hasselblad, Leaf, Phase One und Ricoh) oder CMOSIS (Leica), und es steht zu vermuten, dass  CCDs in wenigen Jahren aus der Fotografie verschwunden sein werden.
Aber, so werfen manche Fotografen ein, was bleibt nun von der Bildanmutung, die wir vom CCD gewohnt sind? Sehen die Tonwerte aus einem CMOS-Sensor nicht irgendwie „digitaler“ aus und sind die Farben nicht mehr (oder weniger) gesättigt? Tatsächlich hat die Sensortechnologie keinen wesentlichen Einfluss auf den Charakter eines Bildes, sieht man davon ab, dass die CMOS-Technologie, auf die sich schon seit Jahren alle Anstrengungen in Forschung und Entwicklung konzen­trieren, ISO-lose Sensoren (siehe DOCMA 56 ab Seite 104) mit sehr geringem Rauschen und einem hohen Dynamikumfang hervorgebracht hat, die zudem noch eine Live-View und den Einsatz als Videokamera unterstützt. Eine Fotografie fast ohne Licht, die dennoch eine für viele Anwendungen hinreichende Bildqualität bietet, ist durch diese Sensoren überhaupt erst möglich geworden.
Natürlich gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Sensoren, auch ganz unabhängig von CCD oder CMOS. Die Durchlasscharakteristik der RGB-Farbfilter ist entscheidend für die Farbwiedergabe, und die Anordnung der Farbfilter kann sich ebenso wie der Verzicht auf ein Tiefpassfilter (siehe Seite 96) auf die Detailwiedergabe auswirken. Was immer der Unterschied zwischen CCD und CMOS für einen Unterschied in der Bildanmutung macht wird meist von anderen Faktoren überdeckt.
Es lohnt sich einfach nicht, sich allzu viele Gedanken über die Veränderungen zu machen, die ein CMOS-Sensor möglicherweise bringen mag. Eine neue Kamera wird stets etwas andere Ergebnisse liefern als das alte Modell, und woran immer das liegt – der CMOS-Chip wird es vermutlich nicht sein. Was Sie aus den Rohdaten machen, bleibt ohnehin Ihre Sache, und rauscharme wie hoch aufgelöste Aufnahmen bieten die besten Voraussetzungen dafür. Machen Sie sich mit der neuen Technik vertraut und haben Sie keine Scheu, mit der Kamerakalibrierung in Camera Raw oder Lightroom (siehe Seite 48) selbst für eine Farbwiedergabe zu sorgen, wie sie Ihnen gefällt.
Ihr Michael J. Hußmann
You do the rest – Unvermeidbare Veränderungen in der Fotografie: Diesen Kommentar finden Sie im Artikel „Mobile Bildspeicher“ in der aktuellen DOCMA-Ausgabe, die Sie im Zeitschriftenhandel bekommen und in unserem Webshop bestellen können.
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Johannes Wilwerding

Johannes Wilwerding hat bereits Mitte der Achziger Jahre und damit vor dem Siegeszug von Photoshop & Co. Erfahrungen in der Digitalisierung von Fotos und in der elektronischen Bildverarbeitung gesammelt. Seit 2001 ist er freiberuflicher Mediengestalter und seit 2005 tätig für das DOCMA-Magazin.

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Kommentar

  1. … und vergessen Sie dabei nicht einen farbtreuen Monitor mit Hardwarekalibrierung, damit die Farbwiedergabe der Bilder nicht an der Realität vorbei geht.
    Ich empfehle meinen, da leistbar und von hervorragender Qualität: BenQ SW2700PT.
    Ein paar wenige Fakten: 27 Zoll LED-Monitor (IPS-Panel), WQHD, 2560 X 1440 Pixel, 68,58 cm, 99% Adobe RGB, 14bit 3D LUT, mit kostenlos beigelegter Blende gegen Reflexionen und Seiteneinstrahlungen. Kostenpunkt: Knapp 700.- EUR (und damit noch deutlich billiger als das Pendant von EIZO).
    Ehrlich. So etwas ist weitaus wichtiger als man denkt, denn sonst druckt man sich einen Käse zusammen, der mit realistischen Farben nichts mehr zu tun hat, also auch völlig unabhängig vom Sensor-Typ … have fun!

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