Technik

Smartphone statt Systemkamera, Drohne statt Stativ?

Jahr für Jahr liefert der „State of the Photography Industry Report“ von Zenfolio Diskussionsstoff für die Branche. Die frisch vorgelegte Ausgabe für 2025 bildet da keine Ausnahme und verspricht erneut Einblicke in die Strategien und Werkzeuge, mit denen sich professionelle Fotografen im dynamischen Marktumfeld behaupten. Besonders zwei Aspekte dürften für Aufsehen sorgen: die zunehmende Akzeptanz von Smartphones und der anhaltende Aufstieg von Drohnen im professionellen Werkzeugkasten. Doch was bedeuten diese Trends konkret und welche weiteren Erkenntnisse lassen sich aus der Analyse für das eigene Geschäft ableiten?

Die wichtigsten Erkenntnisse: Diversifizierung, Drohnen und das Smartphone

Ein zentrales Ergebnis ist die Notwendigkeit der Diversifizierung für den Geschäftserfolg. Erfolgreiche Profis scheinen sich nicht mehr nur auf eine einzige Einnahmequelle oder ein eng definiertes fotografisches Genre zu verlassen. Angesichts des Marktdrucks und sich wandelnder Kundenbedürfnisse wird die Fähigkeit, verschiedene Geschäftsfelder zu bedienen – sei es durch unterschiedliche Aufnahmebereiche, das Angebot von Videodienstleistungen, Workshops oder den Verkauf von Prints – offenbar immer wichtiger.

Überraschender mag für viele die wachsende Rolle des Smartphones im professionellen Kontext sein. Während die Debatte über die Bildqualität im Vergleich zu dedizierten Kamerasystemen weitergeht, zeigt der Report offenbar, dass immer mehr Profis das Smartphone gezielt einsetzen. Zwar nutzen laut früheren Erhebungen die meisten Profis Smartphones eher für persönliche Aufnahmen, doch die Grenze scheint zu verschwimmen. Denkbar ist der Einsatz für Behind-the-Scenes-Material, schnelle Social-Media-Updates, Location Scouting oder sogar als unauffällige Zweitkamera in bestimmten Situationen. Die technologische Entwicklung bei Smartphone-Kameras, insbesondere im Bereich der Computational Photography und KI-gestützten Bildverbesserung, macht sie zu einem immer potenteren Werkzeug, das Profis offenbar nicht mehr ignorieren.

Noch signifikanter scheint der Trend zur Drohnenfotografie zu sein. Laut Zenfolio-Report ist der Einsatz von Drohnen unter Profis mittlerweile weiter verbreitet als der von Smartphones für professionelle Zwecke. Drohnen eröffnen völlig neue Perspektiven und ermöglichen Aufnahmen, die früher nur mit erheblichem Aufwand (etwa Helikoptermiete) realisierbar waren. Ob in der Immobilien-, Event-, Landschafts- oder Werbefotografie – die Vogelperspektive bietet einen einzigartigen visuellen Reiz. Die kontinuierliche Verbesserung der Kameratechnik in Drohnen, gepaart mit sinkenden Preisen und einfacherer Bedienbarkeit bei Einsteigermodellen, trägt maßgeblich zu dieser Entwicklung bei. Für Profis bedeutet dies nicht nur eine Erweiterung ihrer kreativen Möglichkeiten, sondern auch die Notwendigkeit, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Flugtechnik auseinanderzusetzen.

Zuletzt spielt auch die Künstliche Intelligenz eine Rolle in den Anpassungsstrategien der Fotografen. Der Report deutet an, dass Profis Wege finden, mit KI umzugehen. Dies dürfte von KI-gestützten Software-Funktionen zur Workflow-Optimierung (Culling, Verschlagwortung) über fortschrittliche Bearbeitungswerkzeuge bis hin zur Auseinandersetzung mit generativen Modellen reichen.

Einordnung und Nutzwert: Mehr als nur Schlagzeilen?

Diese Schlaglichter aus dem Zenfolio-Report zeichnen das Bild einer Branche im Wandel, in der technologische Adaption und unternehmerische Flexibilität entscheidend sind. Doch wie belastbar sind diese Erkenntnisse, und welchen konkreten Nutzen können Profis daraus ziehen? Zunächst ist zu bedenken, dass Zenfolio als Anbieter von Business-Lösungen für Fotografen ein natürliches Interesse daran hat, bestimmte Trends hervorzuheben, die möglicherweise mit dem eigenen Produktportfolio korrelieren. Eine gesunde Skepsis gegenüber der Interpretation der Daten ist also angebracht.

Die Methodik der Umfrage – Stichprobengröße, Zusammensetzung der Teilnehmer, Fragestellungen – ist entscheidend für die Aussagekraft, wird aber in der Zusammenfassung nicht detailliert dargestellt. Sind die befragten „Profis“ repräsentativ für die gesamte Bandbreite des Berufsstands? Oder handelt es sich primär um Nutzer der Zenfolio-Plattform?

Die Beobachtung, dass erfolgreiche Fotografen diversifizieren, ist wenig überraschend und eher eine Bestätigung dessen, was viele ohnehin schon praktizieren oder zumindest diskutieren. Auch der Vormarsch von Drohnen ist seit Jahren ein sichtbarer Trend. Die wachsende Bedeutung von Smartphones im professionellen Umfeld ist vielleicht der interessanteste, aber auch am meisten zu differenzierende Punkt. Hier wäre eine genauere Analyse wünschenswert: Für welche konkreten Aufgaben werden Smartphones eingesetzt? In welchen Genres? Ersetzen sie dedizierte Kameras oder ergänzen sie diese lediglich?

Fazit

Trotz dieser kritischen Anmerkungen bietet der Report wertvolle Denkanstöße. Er fungiert als eine Art Seismograph für Branchentrends und Stimmungen. Die Ergebnisse können Profis helfen, die eigene Positionierung zu reflektieren: Bin ich ausreichend diversifiziert aufgestellt? Nutze ich die Potenziale neuer Technologien wie Drohnen oder KI-Tools? Habe ich eine klare Strategie zum Einsatz meines Smartphones im beruflichen Kontext? Der Report liefert keine fertigen Antworten oder gar Erfolgsgarantien, aber er kann die Grundlage für strategische Überlegungen und Diskussionen unter Kollegen bilden.

Zeig mehr

Christoph Künne

Christoph Künne, von Haus aus Kulturwissenschaftler, forscht seit 1991 unabhängig zur Theorie und Praxis der Post-Photography. Er gründete 2002 das Kreativ-Magazin DOCMA zusammen mit Doc Baumann und hat neben unzähligen Artikeln in europäischen Fachmagazinen rund um die Themen Bildbearbeitung, Fotografie und Generative KI über 20 Bücher veröffentlicht.

Schreibe einen Kommentar

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"