Rundum-sorglos-Paket: Spyder5Capture Pro
In Photoshop nehmen Sie sich mit Farben und Tonwerten alle Freiheiten, aber am Beginn jeder Bearbeitung sollte ein Bild stehen, das die Realität möglichst naturgetreu abbildet. Um das sicherzustellen, brauchen Sie Werkzeuge zur Kalibrierung von Kamera und Bildschirm. Datacolor hat diese in einen Koffer gepackt und Michael J. Hußmann hat hinein geschaut.
Auch dem schon länger verfügbaren Spyder5Studio-Koffer mit Kalibrierungswerkzeugen für den Bildbearbeiter hat die Firma Datacolor (spyder.datacolor.com/de) nun einen Koffer für den Fotografen gepackt. Spyder5Capture Pro soll den fotografischen Workflow unterstützen, weshalb dieses Bundle unter anderem die Farbtesttafel SpyderCheckr zur Farbkalibrierung von Kameras enthält. Dagegen ist das Messgerät zur Druckerprofilierung gegenüber Spyder5Studio weggefallen. Da sich aber bereits mit den Profilen der Papierhersteller oftmals gute Druckergebnisse erzielen lassen, dürften Fotografen darauf verzichten können.
Spyder5Capture Pro: Nachgeschärft
Der Autofokus aktueller DSLRs arbeitet schnell, kann aber nicht immer eine perfekte Fokussierung sicherstellen. Anders als spiegellose Systemkameras, die mit dem Bildsensor scharfstellen, setzen Spiegelreflexkameras dazu einen separaten AF-Sensor mit eigenem Strahlengang ein. Wenn dieser nicht korrekt kalibriert ist, liegt die Schärfe knapp vor oder hinter dem anvisierten Fokuspunkt. Je höher die Auflösung, desto störender macht sich ein solcher Front- oder Backfocus im Bild bemerkbar.
Die Kamerahersteller sehen schon seit Jahren eine Möglichkeit vor, den Autofokus global oder für bestimmte Objektive zu justieren. Dazu müssen Sie nicht zum Uhrmacherschraubenzieher greifen, denn die nötigen Einstellungen lassen sich im Menü vornehmen. Ohne ein hierfür geeignetes Target ist die AF-Kalibrierung allerdings mühsam und auch fehleranfällig.
Mit SpyderLenscal ist die Justage in wenigen Minuten abgeschlossen. Montieren Sie das Target auf ein Stativ, lassen Sie den AF auf die schwarzen und weißen Quadrate fokussieren und lesen Sie dann auf der im Winkel von 45 Grad schräggestellten Skala ab, wo die Schärfe tatsächlich liegt. Mit der Justage – die Details dieser Einstellung unterscheiden sich je nach Kamerahersteller leicht – können Sie die Fokussierung nun verschieben. Meist reichen wenige Versuche aus, um sich an die optimale Korrektur heranzutasten, die dann in der Kamera gespeichert bleibt. Diese Kalibrierung sollten Sie für jedes Ihrer Objektive separat durchführen.
Spyder5Capture Pro: Farbpalette
Nachdem die Schärfe stimmt, können Sie sich den Farben widmen. Die gängige Methode, für eine naturgetreue Farbwiedergabe der Kamera zu sorgen, beruht darauf, ein Target mit einer möglichst großen Zahl von Feldern unterschiedlicher Farbe, Helligkeit und Sättigung zu fotografieren. Eine Software bestimmt dann den Unterschied zwischen Bild und Original und berechnet daraus ein Korrekturprofil. Für eine möglichst präzise Farbwiedergabe in jeder Situation können Sie das Target bei Ihren Fotoprojekten in der jeweiligen Szene einmal mitfotografieren und auf dieser Basis eine Kalibrierung für alle Fotos dieser Session anlegen.
Spyder5CapturePro liegt die SpyderCheckr-Farbtafel mit 48 Feldern bei; die gleichnamige Software zur Auswertung der Testbilder unterstützt aber auch ein vereinfachtes Target mit 24 Feldern.
Das Anwenden der Farbkalibrierung setzt einen Raw-Workflow voraus. Die Hilfetexte der SpyderCheckr-Software führen Sie durch die nötigen Bearbeitungsschritte im Raw-Konverter – neben Adobes Camera Raw und Lightroom wird auch Hasselblads Phocus unterstützt – woraufhin Sie das Bild der Farbtafel exportieren und mit SpyderCheckr auswerten können.
In Lightroom und Camera Raw wählen Sie normalerweise ein DNG-Kameraprofil zur Kalibrierung Ihrer Kamera aus. Statt für eines der mitgelieferten Profile können Sie sich auch für ein eigenes Profil entscheiden, das Sie mit Adobes kostenlosem Tool DNG Profile Editor erzeugt haben. Wir haben es in DOCMA 59, Seite 96 ff. beschrieben.
Datacolor geht hier einen anderen Weg: Aus der Differenz zwischen Ist- und Soll-Farben berechnet SpyderCheckr Presets für die unterstützten Raw-Konverter, die den Farbton, die Helligkeit und die Sättigung in acht Farbbereichen anpassen. Das bietet den Vorteil, dass sich der Effekt der Kalibrierung im »HSL«-Panel von Camera Raw oder Lightroom kontrollieren lässt; in ein DNG-Kameraprofil hingegen könnten Sie nicht ohne eine spezielle Software hineinschauen. Zudem steht es Ihnen frei, einzelne Reglerstellungen nach eigenem Geschmack zu modifizieren und die geänderte Version als neues Preset zu speichern. Übrigens spricht nichts dagegen, eine Kalibrierung per DNG-Kameraprofil mit einer weiteren Kalibrierung per SpyderCheckr zu kombinieren, um die Farbwiedergabe noch weiter zu verbessern.
Bei der Berechnung des Presets lässt SpyderCheckr die Wahl zwischen den Optionen »Kolorimetrisch« für eine möglichst präzise Kalibrierung, »Sättigung« für kräftigere, subjektiv oft als schöner empfundene Farben, und »Porträt« für angenehme Hauttöne.
Spyder5Capture Pro: Licht und Schatten
Der SpyderCube dient nicht der Kalibrierung im engeren Sinne; er unterstützt Sie vielmehr bei den Einstellungen im Raw-Konverter. Sie können den kleinen Würfel auf ein Stativ oder, wie auf der vorigen Seite gezeigt, auf eine SpyderCheckr-Farbtafel schrauben. Oder Sie hängen ihn wie eine Weihnachtsbaumkugel in der Nähe Ihres Motivs auf.
Die weißen, schwarzen und grauen Würfelflächen ergeben einen einfachen Graukeil; eine Lichtfalle sorgt für ein tiefes Schwarz und eine chromglänzende Kugel für helle Reflexe. Anhand einer Testaufnahme mit dem SpyderCube nehmen Sie dann den Weißabgleich im Raw-Konverter vor, indem Sie eine graue Fläche mit der Pipette anklicken. Das Mittelgrau dient auch zur Korrektur der »Belichtung«, während Sie mit den Reglern »Lichter«, »Tiefen«, »Schwarz« und »Weiß« sicherstellen, dass die schwarzen und weißen Flächen noch ein Mindestmaß an Zeichnung behalten, nicht jedoch die Spitzlichter in der Kugel und das Tiefschwarz der Lichtfalle. Diese Einstellungen übertragen Sie dann auf alle weiteren Aufnahmen bei identischen Lichtverhältnissen.
Spyder5Capture Pro: Auf den Schirm
Die Notwendigkeit eines kalibrierten Bildschirms ist Ihnen als DOCMA-Leser oder -Leserin sicher bewusst. Damit die Bildbearbeitung nicht im Blindflug erfolgt, muss die Farbwiedergabe verlässlich sein. Für diesen Zweck liegt das Farbmessgerät Spyder5Elite im Koffer, mit dem sich Displays und Beamer kalibrieren lassen. Wie Sie vorgehen und was Sie dabei über Ihren Bildschirm erfahren, haben wir auf www.docma.info/blog/farbecht ausführlich beschrieben.
Spyder5Capture Pro: Fazit
Das Paket, das Datacolor für Fotografen und deren spezielle Anforderungen an die Kalibrierung von Kamera und Bildschirm geschnürt hat, bietet für 389 Euro einen guten Gegenwert – insbesondere, wenn Sie ohnehin ein Upgrade Ihres älteren Kolorimeters auf den Spyder5Elite planen.
Diesen Beitrag finden Sie in der neuen DOCMA 73 (Ausgabe 6/2016).
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