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Rundum-sorglos-Paket: Spyder5Capture Pro

imgp2843: Spyder5Capture Pro
Aus dem Rundum-sorglos-Paket: Spyder5Capture Pro – Der Koffer für Fotografen

In Photoshop nehmen Sie sich mit Farben und Tonwerten alle Freiheiten, aber am Beginn jeder  Bearbeitung sollte ein Bild ste­hen, das die Realität möglichst naturgetreu abbildet. Um das sicherzustellen, brauchen Sie Werk­zeuge zur Kalibrierung von Kamera und Bildschirm. Datacolor hat diese in einen Koffer gepackt und Michael J. Hußmann hat hinein geschaut.

Auch dem schon länger verfüg­baren ­Spyder5Studio-Koffer mit Kalibrierungs­werk­zeugen für den Bildbearbeiter hat die Firma Datacolor (spyder.datacolor.com/de) nun einen Koffer für den Fotografen gepackt. Spyder5Capture Pro soll den fotografischen Workflow ­unterstützen, weshalb dieses Bundle unter anderem die Farbtesttafel SpyderCheckr zur Farbkalibrierung von Kameras ent­hält. Dagegen ist das Messgerät zur Druckerprofilierung gegenüber Spyder5Studio weggefallen. Da sich aber bereits mit den Profilen der Papierhersteller oftmals gute Druckergebnisse erzielen lassen, dürften Foto­grafen darauf verzichten können.

 


Spyder5Capture Pro: Nachgeschärft


Der Autofokus aktueller DSLRs arbeitet schnell, kann aber nicht immer eine perfekte Fokussierung sicherstellen. Anders als spiegellose Systemkameras, die mit dem Bildsensor scharfstellen, setzen Spiegelreflexkameras dazu einen separaten AF-Sensor mit eige­nem Strahlengang ein. Wenn dieser nicht korrekt kalibriert ist, liegt die Schärfe knapp vor oder hinter dem anvisierten Fokuspunkt. Je höher die Auflösung, desto störender macht sich ein solcher Front- oder Backfocus im Bild bemerkbar.

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AF-Kalibrierung mit SpyderLenscal: Ohne Justage liegt der Fokus noch etwa 3 cm hinter dem Motiv (links); nach wenigen Korrekturschritten stimmt die Scharfeinstellung (rechts).

Die Kamerahersteller sehen schon seit Jahren eine Möglichkeit vor, den Autofokus global oder für bestimmte Objektive zu justieren. Dazu müssen Sie nicht zum Uhrmacherschraubenzieher greifen, denn die nötigen Einstellungen lassen sich im Menü vornehmen. Ohne ein hierfür geeignetes Target ist die AF-Kalibrierung allerdings mühsam und auch fehleranfällig.

Mit SpyderLenscal ist die Justage in wenigen Minuten abgeschlossen. Montieren Sie das Target auf ein Stativ, lassen Sie den AF auf die schwarzen und weißen Quadrate fokussieren und lesen Sie dann auf der im Winkel von 45 Grad schräggestellten Skala ab, wo die Schärfe tatsächlich liegt. Mit der Justage – die Details dieser Einstellung unterscheiden sich je nach Kamera­hersteller leicht – können Sie die Fokussierung nun verschieben. Meist reichen wenige Versuche aus, um sich an die optimale Korrektur heranzutasten, die dann in der Kamera gespeichert bleibt. Diese Kalibrierung sollten Sie für jedes Ihrer Objektive separat durchführen.

 


Spyder5Capture Pro: Farbpalette


Nachdem die Schärfe stimmt, können Sie sich den Farben widmen. Die gängige Methode, für eine naturgetreue Farb­wiedergabe der Kamera zu sorgen, beruht darauf, ein Target mit einer möglichst großen Zahl von Feldern unterschiedlicher Farbe, Helligkeit und Sättigung zu fotografieren. Eine Software bestimmt dann den Unterschied zwischen Bild und Original und berechnet daraus ein Korrekturprofil. Für eine möglichst präzise Farbwiedergabe in jeder Situation können Sie das Target bei Ihren Fotoprojekten in der jeweiligen Szene einmal mitfotografieren und auf dieser Basis eine Kalibrierung für alle Fotos dieser Session anlegen.

Spyder5CapturePro liegt die SpyderCheckr-Farbtafel mit 48 Feldern bei; die gleichnamige Software zur Auswertung der Test­bilder unterstützt aber auch ein ver­ein­fachtes Target mit 24 Feldern.

Das Anwenden der ­Farb­kali­brie­rung setzt einen Raw-Workflow voraus. Die Hilfetexte der SpyderCheckr-­Software führen Sie durch die nöti­gen Bearbeitungsschritte im Raw-­Konverter – neben Adobes Camera Raw und Lightroom wird auch Hasselblads Phocus unterstützt – woraufhin Sie das Bild der Farbtafel exportieren und mit SpyderCheckr auswerten können.

In Lightroom und Camera Raw wählen Sie normalerweise ein DNG-Kameraprofil zur Kalibrierung Ihrer Kamera aus. Statt für eines der mitgelieferten Profile können Sie sich auch für ein eigenes Profil entscheiden, das Sie mit Adobes kostenlosem Tool DNG Profile Editor erzeugt haben. Wir haben es in DOCMA 59, Seite 96 ff. beschrieben.

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Die Software SpyderCheckr erzeugt aus einer Aufnahme der Farbtafel ein Korrektur-Preset für den Raw-Konverter. Im »HSL«-Panel von Lightroom beispielsweise lässt sich nach Anwendung des Presets genau erkennen, wie die Farbwiedergabe zur Kalibrierung angepasst wird.

Datacolor geht hier einen anderen Weg: Aus der Differenz zwischen Ist- und Soll-Farben berechnet SpyderCheckr Presets für die unterstützten Raw-Konverter, die den Farbton, die Helligkeit und die Sättigung in acht Farbbereichen anpassen. Das bietet den Vorteil, dass sich der Effekt der Kalibrierung im »HSL«-Panel von Camera Raw oder Lightroom kontrollieren lässt; in ein DNG-Kameraprofil hingegen könnten Sie nicht ohne eine spezielle Software hineinschauen. Zudem steht es Ihnen frei, einzelne Reglerstellungen nach eigenem Geschmack zu modifizieren und die geänderte Version als neues Preset zu speichern. Übrigens spricht nichts dagegen, eine Kalibrierung per DNG-Kameraprofil mit einer weiteren Kalibrierung per Spyder­Checkr zu kombinieren, um die Farbwiedergabe noch weiter zu verbessern.

Bei der Berechnung des Presets lässt SpyderCheckr die Wahl zwischen den Optionen »Kolorimetrisch« für eine möglichst präzise Kalibrierung, »Sättigung« für kräftigere, subjektiv oft als schöner empfundene Farben, und »Porträt« für angenehme Haut­töne.

 


Spyder5Capture Pro: Licht und Schatten


Der SpyderCube dient nicht der Kalibrierung im engeren Sinne; er unterstützt Sie vielmehr bei den Einstellungen im Raw-Konverter. Sie können den kleinen Würfel auf ein Stativ oder, wie auf der vorigen Seite gezeigt, auf eine SpyderCheckr-Farb­tafel schrauben. Oder Sie hängen ihn wie eine Weihnachtsbaumkugel in der Nähe Ihres Motivs auf.

Die weißen, schwarzen und grau­en Würfelflächen ergeben einen einfachen Graukeil; eine Lichtfalle sorgt für ein tiefes Schwarz und eine chromglänzende Kugel für helle Reflexe. Anhand einer Testaufnahme mit dem SpyderCube nehmen Sie dann den Weißabgleich im Raw-Konverter vor, indem Sie eine graue Fläche mit der Pipette anklicken. Das Mittelgrau dient auch zur Korrektur der »Belichtung«, während Sie mit den Reglern »Lichter«, »Tiefen«, »Schwarz« und »Weiß« sicherstellen, dass die schwarzen und weißen Flächen noch ein Mindestmaß an Zeichnung behalten, nicht jedoch die Spitzlichter in der Kugel und das Tiefschwarz der Lichtfalle. Diese Einstellungen übertragen Sie dann auf alle weiteren Aufnahmen bei identischen Lichtverhältnissen.

 


Spyder5Capture Pro: Auf den Schirm


Die Notwendigkeit eines kalibrier­ten Bildschirms ist Ihnen als DOCMA-Leser oder -Leserin sicher bewusst. Damit die Bild­bearbeitung nicht im Blindflug erfolgt, muss die Farbwiedergabe verlässlich sein. Für diesen Zweck liegt das Farbmessgerät Spyder5Elite im Koffer, mit dem sich Displays und Beamer kalibrieren lassen. Wie Sie vorgehen und was Sie dabei über Ihren Bildschirm erfahren, haben wir auf www.docma.info/blog/farbecht ausführlich beschrieben.

 


Spyder5Capture Pro: Fazit


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Der Inhalt des Koffers: SpyderCheckr (a), Lenscal (b), Cube (c) und Spyder5Elite (d)

Das Paket, das Datacolor für Foto­grafen und deren spezielle Anfor­derungen an die Kalibrierung von Kamera und Bildschirm geschnürt hat, bietet für 389 Euro einen guten Gegenwert – insbesondere, wenn Sie ohnehin ein Upgrade Ihres älteren Kolorimeters auf den Spyder5Elite planen.

 

 

 

 

 


Diesen Beitrag finden Sie in der neuen DOCMA 73 (Ausgabe 6/2016).


 

 

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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