Beim HAIBRIDS-Projekt, das wir letzte Woche vorgestellt haben, geht es um die Frage, in wie weit künstliche Intelligenz ökologische Probleme lösen würde – und wie solche Ansätze aussehen könnten. Aber wie real sind die Ergebnisse eigentlich?
Wie geht man da vor?
- Eine KI wird beauftragt, zusammenzustellen, welche Umweltprobleme heute und in Zukunft auf den verschiedenen Kontinenten die Ökosysteme bedrohen.
- Eine KI eines anderen Anbieters erhält diese Informationen und übernimmt die Rolle eines Genforschers. In dieser Funktion entwickelt sie für jeden Kontinent zwölf Konzepte für Kreuzungen heimischer Tierarten. Diese Hybride sollen die lokalen Probleme lösen. Dabei sollen keine unbeabsichtigten Nebenwirkungen entstehen.
- Eine KI-gestützte Bildgenerierung transformiert die entwickelten Konzepte in visuelle Darstellungen. Diese basieren auf den präzisen genetischen und morphologischen Spezifikationen der vorherigen Analyse.
Ein HAIBRIDS Beispiel für Deutschland: Der Reinigungs-Bärwolf

Beschreibung | Einsatzgebiet | Anwendung |
---|---|---|
Der Reinigungs-Bärwolf ist ein robuster, hocheffizienter Hybrid aus Bär und Wolf, der mittels modernster Gentechnik für die gefahrlose Beseitigung organischer und synthetischer Abfälle in natürlichen Habitaten optimiert wurde. Ausgestattet mit einem verstärkten multi-enzymatischen Verdauungssystem und einem ausgeprägten Geruchssinn spürt er zielgenau Müll auf und neutralisiert ihn umweltschonend. Durch sein friedfertiges Wesen und die Scheu vor Menschen stellt er keine Bedrohung für die Bevölkerung dar. | Entwickelt für chirurgisch präzise Interventionen in deutschen Wäldern und Flussläufen. Der Reinigungs-Bärwolf patrouilliert autonom in betroffenen Gebieten, sammelt Abfälle aller Art inklusive Plastik und führt sie seiner Verdauung zu. Unverdauliche Störstoffe scheidet er zu kompakten Ballen komprimiert wieder aus zur einfachen Entsorgung. Durch seine Tarnfärbung mit breiten dunklen Schulterstreifen und lautlose Fortbewegung bleibt er für Waldbesucher praktisch unsichtbar. | Pro 100 km² Einsatzgebiet werden 4 Reinigungs-Bärwölfe ausgesetzt. Modifizierte Pheromone leiten nach Abschluss der Reinigungsmission die Rückkehr zum Sammelpunkt ein, wo die Einheiten rückstandslos und für die Öffentlichkeit unsichtbar durch kontrollierte Autolyse entsorgt werden. Durch implementierte Sterilitätsgene ist eine unkontrollierte Ausbreitung und Gefährdung des ökologischen Gleichgewichts ausgeschlossen. Die erwartete Flächenleistung beträgt 5 km² pro Hybrid-Einheit und Woche bei minimalen Begleitschäden. |
Ist das wirklich möglich?
Eine Mixtur aus Bär und Wolf, die Müll frisst und mit einem „multi-enzymatischen Verdauungssystem“ kompostiert. Die Unverdaubares in Ballen ausscheidet, welche später eingesammelt werden. Außerdem versteckt sich dieses Wesen und entsorgt sich am Ende seiner Lebenszeit durch „kontrollierte Autolyse“. Man muss kein Biologe sein, um sich von der Darstellung irritiert zu fühlen.
HAIBRIDS – Der Reality-Check
Um herauszufinden, was an den Konzepten realistisch ist und was nicht, kommt nun im vierten Schritt die nächste KI ins Spiel: Dabei handelt es sich um eines der aktuell höchstentwickelten Modelle von OpenAI, das Large Language Model GPT-4. Dieses kann beauftragt werden, zusätzlich zu seinem Informationsschatz in den im Web zugänglichen Fachpublikationen nachzuforschen, wie umsetzbar die Konzepte mit den verfügbaren Methoden der Genforschung sind. Bei unserem Reinigungs-Bärwolf kam Folgendes heraus:
» Das Konzept des Reinigungs‐Bärwolfs weist einerseits technologische Ansätze moderner Genmanipulation auf, ist jedoch in mehreren Bereichen noch experimentell und unzureichend abgesichert. Insgesamt wird die realistische Umsetzbarkeit auf etwa 70%, die Konsistenz zwischen Einsatzgebiet und Tierbeschreibung auf circa 65%, die Glaubwürdigkeit der Zahlenangaben auf rund 55% und die Ausgereiftheit der Neutralsierungsmethode auf nur ca. 30% geschätzt.«
Dann folgt eine mehrere tausend Zeichen lange Detailanlyse. Eine so große Realitätsnähe des Grundkonzepts ist zwar nicht der Spitzenreiter unter den 84 Hybriden des HAIBRIDS-Projekts, aber schon im oberen Bereich angesiedelt. Eher im unteren Mittelfeld bleibt allerdings die Neutralisierungsmethode. Da gibt es erheblich Wirkungsvolleres. Zum Abschluss macht die KI dann noch auch eine ganze Reihe von Verbesserungsvorschlägen:
»Es empfiehlt sich, zur Verbesserung der Neutralsierungsmethode mehrere unabhängige Sicherheitsmechanismen zu integrieren. Dazu könnte etwa die Kombination von genetischen Kill-Switches, chemisch aktivierbaren Rücksetzsystemen und extern gesteuerten Kontrollmechanismen gehören, die im Zusammenspiel eine mehrfache Absicherung bieten. Zudem müssten umfassende Tests unter realweltlichen Bedingungen erfolgen, um den Transfer von Laborergebnissen in die praktische Anwendung zu validieren.«
Fazit
Man lernt bei dem HAIBRIDS-Projekt eine Menge über Biologie, Genetik, den aktuellen Stand der Wissenschaft und die Selbstüberschätzung der KI, wenn man ihr freien Lauf lässt. Am meisten Spaß machen sicherlich die HAIBRIDS-Motive, die oftmals wie verwissenschaftlichte Varianten von Hieronymus Boschs Fantasiegeschöpfen aus dem „Garten der Lüste“ erscheinen.