Fotorealistische Porträts – KI und die Anziehungskraft des Alltäglichen

Passt das zusammen? Im Beitrag schaut sich KI-Experte Adrian Rohnfelder an, wie sich die aktuellen KI-Tools bei der Generierung von fotorealistischen Personen schlagen. Neulich in einem Workshop zeigte ich einige Porträts, die ich mit dem Tool Higgsfield Soul generiert hatte – und prompt kam die Frage: „Das ist aber nicht KI-generiert?“ Doch, sie waren KI-generiert – allerdings mit einem Tool, das sich auf authentische Social-Media-Looks spezialisiert hat. Und davon gibt es inzwischen einige. Der Trend geht weg vom künstlerisch-überzeichneten, quietschbunten KI-Look hin zu realen, alltäglichen Szenen. Schnappschüsse, Urlaubsbilder, Social-Media-Stile – visuelle Welten, die echt, lebendig und nicht nach KI aussehen. Viele nutzen KI für abgefahrene Blockbuster-Trailer, wilde Perspektiven, außergewöhnliche Geschichten – für Spektakel. Doch für Marketing, Social Media und den Alltag braucht es häufiger Bilder und Geschichten, die echte Szenen und Menschen suggerieren – lebendig, emotional, glaubwürdig. Midjourney und der Drang zur Perfektion KI-Bildgeneratoren – speziell Midjourney – haben eine natürliche Neigung zur Perfektion. Sie lieben Symmetrie, makellose Oberflächen, glänzende Texturen und dramatisches Licht. Genau auf solche Bildwelten wurden sie trainiert. Zudem übernehmen KI-Tools nicht nur technische Präferenzen, sondern spiegeln auch gesellschaftliche Schönheitsideale wider – und verstärken sie. Das Problem: Diese Ideale sind meist unrealistisch und oft kulturell einseitig. Und wenn man nicht gezielt dagegen steuert, sehen die Bilder auch genauso aus: Überglatte, porzellanartige Haut. Große, glasige Augen. Vollmundige Lippen. Gewelltes Haar. HDR-übertriebene Beleuchtung. Symmetrie. Gestellte Posen. Wer Erfahrung mit Fotografie hat – ob Editorial, Outdoor oder dokumentarisch – erkennt diese KI-Menschen sofort: fast richtig, aber eben nicht echt. Hübsch, aber leblos. Wer authentische Bilder mit KI erstellen will, muss sich bewusst gegen diese Tendenzen stemmen. In diesem Artikel zeige ich Ihnen, wie Sie Bilder generieren können, die – wenn überhaupt – erst auf den dritten Blick als KI-generiert zu erkennen sind. Prompting Mit den richtigen Prompts und Geduld lassen sich Bilder erzeugen, die wirken, als seien sie mit einer Leica bei natürlichem Licht fotografiert – nicht von einer Maschine berechnet. Aber Achtung: Immer wieder lese ich Überschriften wie „Die besten Prompts für fotorealistische Haut“ oder „Folgt mir, kommentiert, und ihr bekommt das ultimative KI-Gesichts-Promptset“. Um es gleich klar zu sagen: Ja, es gibt Prompts, die realistischere Gesichter ermöglichen – aber das eine, ultimative Prompt-Set existiert nicht.Manche Prompts funktionieren besser, manche schlechter. Einige nur in Kombination, manche heute ja, morgen wieder nicht. Das Ziel: individuelle Charakterzüge statt Standard-Schönheit. Unregelmäßiges, natürliches Licht. Haut mit Makeln. Perspektiven wie aus einer Kamera. Zerknitterte Kleidung. Eine Umgebung, die existieren könnte. Vermeiden sollte man ausgelutschte Begriffe wie „hyperrealistic“, „cinematic light“, „beautiful“, „perfect photo“, „amazing light“ – all das führt zu Hochglanz, aber nicht zu Seele. Besser sind präzise Beschreibungen: „natural imperfections“, „slightly messy hair“, „thin lips“, „average looking“. Midjourneys „Durchschnittsmenschen“ wirken meist am realistischsten. Zusätzlich hilfreich: Fotografiebegriffe wie „shot on 35 mm film“, „editorial photo“ Details wie „uneven teeth“, „acne scars“ – das macht Menschen einzigartig Emotionen: „tired“, „melancholic“ Natürliche Posen wie „arms crossed“, „chin resting on hand“ Stilbegriffe wie „candid photo“, „documentary style photo“, „instagram casual“ Mindestens genauso wichtig sind Kontext, Stimmung und Umgebung. Menschen in echten Momenten wirken glaubhafter – besonders, wenn sie interagieren, beschäftigt sind, Accessoires tragen, sich in realistischen Lichtstimmungen befinden. Je alltäglicher die Situation, desto glaubwürdiger das Bild – am besten noch mit kleinen menschlichen Fehlern. Was dabei häufig unterschätzt wird: Iteration. Verfeinern, ausprobieren, Formulierungen ändern – all das gehört zum Promptingprozess. Und es ist kein Zeichen von schlechten Prompts, wenn man mehrere Anläufe braucht! Fragen Sie ChatGPT: „Wie könnte ich diesen Prompt noch natürlicher formulieren?“ „Was fehlt, damit diese Szene wie eine fast langweilige Alltagssituation wirkt?“ Übung macht den Meister – auch, oder vielleicht gerade wegen der KI. Fotorealistische Profile und Moodboards In Midjourney (und ein paar anderen Tools) lassen sich zusätzlich zum Prompt auch einzelne Bilder oder ganze Bildserien als Stilreferenz mitgeben. Die KI „mischt“ dann Ihren Prompt mit der Referenz. Wenn es sich bei den Referenzen um authentische Fotos handelt, wird dieser Look auf das generierte Bild übertragen. Ich habe mir zum Beispiel ein „iPhone-Moodboard“ erstellt – ausschließlich mit echten Schnappschüssen. Damit lassen sich richtig schlechte (und damit realistische!) KI-Bilder generieren. Probieren Sie es einmal aus, indem Sie Ihrem Midjourney-Prompt den Parameter „--p 9fkh7ab“ mitgeben. Nur in Midjourney lassen sich zusätzlich auch eigene Profile trainieren. Sie bewerten dabei Bildpaare, wodurch Midjourney lernt, welcher Look, Stil, welche Perspektiven Ihrem Geschmack entsprechen. Wenn Sie nur authentisch aussehende Bilder bewerten – Achtung: das dauert – können Sie sich so ein fotorealistisches Profil erstellen. Das funktioniert ähnlich wie Stilreferenzen oder Moodboards, nur individueller. „Authentische“ KI-Bildgeneratoren Eine weitere Möglichkeit bieten Tools, die sich gezielt auf die Erzeugung eines möglichst authentischen Stils konzentrieren. Looks, die bewusst nicht perfekt sind: typische Social-Media-Posen, natürlicheres Licht, realistische Kompositionen, Alltagsszenen aus Sicht von Laien statt Profis. Klar – das geht auch mit Midjourney & Co. Aber es ist deutlich einfacher, wenn das Bildmodell bereits auf solche Looks trainiert ist. Meine Favoriten: Higgsfield Soul – Pionier mit rund 50 Presets für Social Styles (Lifestyle, Influencer, Mode u. v. m.) Wan 2.2 – Viele Bilder sehen aus, als wären sie mit einer billigen Kompaktkamera geschossen Seedream 3 – Gute Balance zwischen KI und Authentizität Krea 1 – Neuester Player, schon einer meiner Favoriten Für Auftragsarbeiten lasse ich meinen Prompt meist von mehreren dieser Tools generieren – um Beispiel. über Plattformen wie Freepik oder Krea, die mehrere Bildgeneratoren vereinen. Ein Tool mit allen Modellen? Leider Fehlanzeige. Wenn ich wählen müsste, wäre meine aktuelle Wahl: Krea 1. Häufig liefert der KI-Bildgenerator die beste Mischung aus Authentizität und ansprechender Bildqualität. Upscaling Per Upscaling und Enhancement lassen sich generierte Bilder gezielt verbessern. Zum Beispiel mit Magnific AI, das verschiedene Presets wie „Portrait Soft“ oder „Portrait Hard“ bietet – dosiert eingesetzt, verleihen sie den Bildern realistischere Texturen. Oder mit Enhancor AI, einem auf Gesichter spezialisierten Tool. Hier können gezielt einzelne Partien wie Mund, Augen oder Haut verbessert oder von der Optimierung ausgenommen werden. Fazit Mit den genannten Möglichkeiten – und der rasant wachsenden Qualität der Tools – wird es immer leichter, nicht nur laute, sondern auch leise KI-Bilder zu generieren. Bilder, die Betrachtern ein ehrliches „Das ist jetzt aber nicht KI-generiert, oder?“ entlocken.

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