Mit KI sprechen wie ein Kundenberater

Es ist unwahrscheinlich, dass wir Montagen von jemandem vorstellen würden, der gerade einmal zwei Monate Erfahrung mit Photoshop hat. Doch genau so lange (eher so kurz) benutzt Thomas Meinert Midjourney. | Doc Baumann Wer generative künstliche Intelligenz wie Midjourney oder Firefly dazu bringen möchte, genau das Bild zu erzeugen, das er im Kopf hat, muss viel Geduld mitbringen. Bei einem Hund hilft es ja auch nicht weiter, wenn man den Satz „Hol das Stöckchen!“ besonders langsam oder laut ausspricht. Arbeitet jemand etwa als Kundenberater und merkt, dass sein Gesprächspartner nicht so recht versteht, worum es geht, führt weder Anbrüllen noch mehrfaches Wiederholen des unverstandenen Satzes zu einem befriedigenden Abschluss – man muss seine Worte so formulieren, dass der Kunde sie kapiert. Genau diese Erfahrung half Thomas Meinert beim Einstieg in die KI, denn er arbeitet im Hauptberuf als Kundenberater im Textilbereich. Entdeckt hatte ich einige seiner Bilder, als ich für unseren Blog KI-generierte Wandkalender für 2024 vorstellte (www.docma.info/23021). Prompt für Midjourney: »Planet landscape, spaceship above, warrior, weapon in hand, woman, fighting position, different worlds, futuristic, yellow orange red pink gold« Am besten gefiel mir einer mit dem recht ungewöhnlichen Thema „Marktfrauen im 18. Jahrhundert“, vor allem wegen seiner stilistischen Einheitlichkeit; auch andere von ihm fand ich bemerkenswert. Ich rief ihn also an, wir plauderten eine Weile über seine Kalenderprojekte, und dann erwähnte er eher nebenbei: „Ich arbeite jetzt seit zwei Monaten mit Midjourney.“ Dieser Satz fasst knapp zusammen, was sich im letzten Jahr verändert hat. Um beeindruckende Bilderzu erschaffen, braucht es keine jahrelange Vertrautheit mehr mit den Werkzeugen und Programmfunktionen. Die einfache Aufzählung von Objekten und Merkmalen reicht aus, damit Bilder entstehen, die technisch, kompositorisch und ästhetisch meist stimmig sind, und für die man früher mehrere Tage hätte einplanen müssen (in der Zeit vor digitaler Bildbearbeitung und 3D gewiss noch weit mehr). Prompt für Midjourney: »clown, woman, freaky, red black, Halloween, daylight, on street« Prompt für Midjourney: »full body photo of a blond female cyber citizen, cyber punk theme, body modifications« Prompt für Midjourney: »1200 century, woman, full size, old time sitting on market«. Der Kalender mit diesen Bildern hieß dann allerdings „Marktfrauen im 18. Jahrhundert“, weil Architektur und Kleidung doch eher dieser späteren Epoche entsprachen. »(Motivname), white background, modern, tribal, logo black and white graphics, vector, background white« In der Phase des Auswählens unter den vorgeschlagenen KI-Resultaten wird es – gemessen an traditionellen Vorgehensweisen – noch seltsamer. Da löschen wir zahllose Kreationen, die an sich qualitativ hervorragend sind, nur eben nicht das visualisieren, was wir gerade im Kopf haben. Hier immerhin ist eine gewisse Kompetenz hilfreich, wie sie Meinert mitbringt, der nicht nur als Cutter beim Film gearbeitet hat, sondern auch seit vordigitalen Zeiten in seiner Freizeit intensiv fotografiert. „In den letzten Jahren der Analogfotografie hatte ich mir eine Spiegelreflexkamera gekauft. Zu Beginn der digitalen Filmerei und Fotografie pausierte ich einige Jahre, da ich mit der Qualität ganz und gar nicht zufrieden war. 2008 kaufte ich mir dann eine digitale Spiegelreflexkamera und begann wieder zu fotografieren. Ich brachte mir alles mit der Lektüre verschiedener Fachzeitschriften und Bücher autodidaktisch bei. Dann kam die Filmerei dazu, zuerst wieder mit ein paar Hochzeiten und Taufen. Daneben habe ich auch einige Musikclips für verschiedene Sänger produziert. Fotografieren und Filmen, was ich nebenberuflich betreibe, faszinieren mich bis heute“, sagt er. „Meine Kamera habe ich fast immer dabei.“ Nachdem er in den Medien Beispiele KI-generierter Bilder gesehen hatte, wollte er die neuen Möglichkeiten selbst ausprobieren und stieg bei Midjourney über Discord ein. „Schon die ersten Ergebnisse von Midjourney begeisterten mich. Aber schnell stellte ich fest, dass mit den von mir gewählten Wörtern selten die Bilder in meinem Kopf umgesetzt wurden. Durch meine Erfahrung im Kundendienst wusste ich, dass ich nun bestimmte Abläufe anders erklären muss. So experimentierte ich mit verschiedenen Prompts. Ich begann unterschiedliche Nuancen zu formulieren, bis ich zu dem gewünschten Ergebnis kam.“ Dabei hilft sicherlich auch eine weitere Erfahrung mit Bildern. „Im Urlaub fotografiere ich oft besondere Szenen, mache etwa Nachtaufnahmen von Städten. Dabei beschreibe ich zunächst für mich im Vorfeld mein Bild, das ich dann später umsetze. So geht es mir auch bei den KI-Bildern: Ich stelle mir in Gedanken vor, wie mein Bild aussehen soll. Dann schreibe ich das nieder, damit Midjourney mit der Arbeit beginnen kann. Einige der Bilder, die ich mit Midjourney erstelle, nehme ich manchmal sogar als Vorlage, um sie fotografisch umzusetzen.“ Für Bildbearbeitung und Filmschnitt nutzt Thomas Meinert die Adobe-Suite am Mac. „Meine Kameras sind eine Canon 5D Mark IV und eine DJI Phantom 4. Für KI-Bilder setze ich Midjourney und Adobe Firefly ein, auch wenn mich Firefly noch nicht so überzeugt. Ebenso nutze ich einige KI-Funktionen von Photoshop und Lightroom.“ Allein das breite Spektrum seiner erfolgreichen KI-generierten Wandkalender bei calvendo.de zeigt, auf welche Konkurrenz sich professionelle Gestalter in den nächsten Jahren werden einrichten müssen.

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