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Halbes Mittelformat: Halb leer oder halb voll?

Welchem Mittelformat gehört die Zukunft? Ich war schon im vergangenen Jahr auf das Thema eingegangen, muss aber noch einmal darauf zurückkommen: Die Bedeutung des Mittelformats wird künftig wachsen und Mittelformatkameras werden sich zur Konkurrenz für professionelle Kleinbildkameras entwickeln, aber das gilt nur für die „kleinen“ Mittelformate von 44 x 33 mm oder 45 x 30 mm.

Natürlich bleiben Sensoren mit 44 x 33 mm deutlich hinter den Bildformaten des Rollfilms zurück, die einst das Mittelformat definierten. In der analogen Zeit waren die typischen Mittelformate 6 x 6 (56 x 56 mm), 6 x 4,5 (42 x 56 mm), 6 x 7 (56 x 68 mm) und 6 x 9 (56 x 83 mm). Heutzutage gibt es immerhin Mittelformatkameras mit Sensoren im Format 56 x 42 mm, die solchen Bildgrößen nahe kommen. Aber diese Kameras werden Produkte für einen Nischenmarkt bleiben.

Kameras mit so großen Sensoren werden sicherlich nicht vom Markt verschwinden. Es wird weiterhin fotografische Aufgabenstellungen geben, die damit am besten zu bewältigen sind, aber solche Kameras wird man eher mieten statt kaufen. Nur eine kleine Minderheit der Fotografen wird sich für die „großen“ Mittelformatkameras als bevorzugtes Arbeitsgerät entscheiden. Die Mittelformatfotografie schickt sich aber gerade an, aus ihrer Nische auszubrechen, und daran werden die großen Sensorformate keinen Anteil haben.

Halbes Mittelformat: Halb leer oder halb voll?
Drei aktuelle Kameramodelle mit 44×33-mm-Sensor: Pentax 645Z, Fuji GFX 50s und Hasselblad X1D 50c

In den letzten Jahren sind mehrere neue Mittelformatsysteme auf den Markt gekommen. Zunächst das S-System Leicas, dann die spiegellosen Systeme von Hasselblad und Fuji. Sie setzen allein auf das „kleine“ Bildformat von 44 x 33 mm – nur Leicas S-System basiert auf dem Format 45 x 30 mm, das noch ein wenig kleiner ist, sich aber vor allem durch das Kleinbild-typische Seitenverhältnis von 3:2 absetzt, während Fuji und Hasselblad bei dem im Mittelformat verbreiteten Verhältnis 4:3 bleiben. Auch Ricohs Pentax-Modelle 645D und 645Z gehören in diese Klasse, denn obwohl Ricoh an das analoge Pentax-645-System anknüpft, sind die neuen Kameras und Objektive auf 44 x 33 mm ausgelegt.

Die Vorteile des kleineren Formats sind offensichtlich: Darauf ausgelegte Systeme können von den Abmessungen, dem Gewicht und dem Preis her noch ernsthaft mit Kleinbildsystemen konkurrieren, die sie qualitativ in die Schranken verweisen. Was spräche konkret dafür, heute noch nach den größeren Bildformaten des Rollfilms zu streben?

Ist es die Auflösung? 100 Megapixel gibt es im „kleinen“ Mittelformat noch nicht, doch sind beispielsweise die Objektive in Fujis G-System bereits für eine solche Auflösung gerechnet. Der Sprung von den aktuell 51 auf 100 Megapixeln auf 44 x 33 mm ist nur eine Frage der Zeit. Wenn man eine so hohe Auflösung denn braucht – und bereit ist, sich den Herausforderungen zu stellen, die damit verbunden sind. Sofern sich Kamera und Motiv nicht bewegen, und das sind für so hochauflösende Aufnahmen allemal die besten Bedingungen, kann man auch die Auflösungsvergrößerung per Sensor-Shift nutzen, wie sie die Pentax 645Z schon heute bietet.

Es ist auch nicht so, als ob die größeren Sensoren mehr Licht sammeln und Bilder mit noch geringerer Schärfentiefe einfangen würden. Die Möglichkeit dazu wäre gegeben, aber die tatsächlich verfügbaren Mittelformatobjektive sind keineswegs so lichtstark, dass sie hier mehr als auch nur die Kleinbildsysteme bieten könnten. Vermutlich wäre auch kaum jemand bereit, die dazu nötigen Abmessungen, das Gewicht und den Preis zu akzeptieren.

Der entscheidende Grund, weshalb Sensoren im Format 56 x 42 mm als heiliger Gral des Mittelformats erschienen, war dieser: Die etablierten Mittelformat-SLR-Systeme von Herstellern wie Hasselblad und Phase One waren einst für so große Formate konzipiert worden und ihr Objektivsortiment ist bis heute weitgehend darauf ausgelegt. Kombiniert man solche Objektive mit einer Kamera mit kleinerem Sensor, fehlt einem der extremere Weitwinkelbereich, während man andererseits einen großen Teil des von den Objektiven bedienten Bildkreises ungenutzt lässt. Kameras und Objektive passen nicht zusammen, und daher machen größere, an den Formaten des Rollfilms orientierte Sensoren Sinn.

Die neuen Systeme sind aber von vornherein für die kleineren Sensorformate gerechnet, so dass dieses Argument wegfällt. Qualitativ sind Kameras dieser Systeme einer Mittelformatkamera mit Rollfilm-Magazin allemal überlegen, und daher sind sie es, die dem Mittelformat künftig einen größeren Marktanteil erobern werden.

Michael J. Hußmann
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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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Kommentar

  1. Kleine Korrektur: Die Pentax 645z kennt kein Pixelshift. Das gibt es erst seit Pentax K3ii oder Pentax K1.

    …hmm, stimmt jetzt alles in euren Artikel nur so ungefähr? Gerade so technische Details lassen sich einfach überprüfen vor dem Veröffentlichen, wenn man sich dessen nicht ganz sicher ist. Ich jedenfalls schreibe in meinem Blog nur, was ich ganz sicher weiss. Glaubwürdigkeit, wo gehst du hin?

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