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photokina 2018: Es geht los!

Gestern war der Pressetag der photokina 2018 – oder „Medientag“, wie es heutzutage heißt. Ich machte mich als rasender DOCMA-Reporter auf, die Pressetermine der Kamerahersteller abzuklappern.

photokina 2018
Jeder photokina 2018-Tag beginnt damit, über die Hohenzollernbrücke auf die rechte Rheinseite zu wechseln, wo das Messegelände liegt. Als es der Kameraindustrie noch besser ging, war die Brücke stets mit photokina-Fahnen geschmückt oder wurde gar für Ausstellungen genutzt.

Der Medientag der photokina 2018 begann mit Sony, die relativ kurzfristig noch eine Pressekonferenz um 10 Uhr angesetzt hatten. Sollte es etwa doch noch neue Produktankündigungen geben? Und was bedeutete der „Sony Strategy Update“, mit dem die Präsentation von Kenji Tanaka, Sonys Vizepräsident und Senior General Manager für die Fotoprodukte, überschrieben war?

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Sonys Innovation im Bereich spiegelloser Kleinbildkameras.

Tatsächlich war es dann aber eine Tour d’Horizon zu Sonys E-Mount-Kamerasystem. Den unausgesprochenen Hintergrund bildete Canons und Nikons Ankündigungen eigener spiegelloser Kleinbildsysteme, und wohl auch die Ankündigung der L-Mount-Allianz zwischen Leica, Panasonic und Sigma. Tanaka betonte Sonys fünfjährige Erfahrung in diesem Segment, die technischen Innovationen, die sie in dieser Zeit verwirklicht haben, und das breite Sortiment an Kameragehäusen und Objektiven. Tanaka ging auch darauf ein, wie viele Komponenten Sony in-house produziert, und dass sie Marktführer sowohl bei den Bildsensoren wie auch den elektronischen Suchern sind. Und um das von Canon und Nikon in den Pressekonferenzen später am Tag möglicherweise vorgebrachtes Argument gleich zu entkräften: Nein, das Bajonett müsse keineswegs größer sein, um hoch korrigierte Objektivrechnungen zu ermöglichen, wie Tanaka mit Beispielen aus dem Tele- sowie dem Weitwinkelbereich illustrierte.

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Eine Sony-Innovation im optischen Bereich: Besonders glatte und präzise asphärische Oberflächen vermeiden störende Ringe in Unschärfekreisen und erzeugen ein ruhigeres Bokeh.

Seine Präsentation erinnerte mich an Apples berühmte Zeitungsanzeige „Welcome, IBM. Seriously.“ vom August 1981. IBM hatte gerade seinen PC vorgestellt, eine Produktkategorie, die Apple mit dem Apple II überhaupt erst geschaffen hatte und die sie seitdem dominierten. Einerseits sah man in IBMs Markteintritt eine Bestätigung der eigenen Ideen, aber andererseits war es auch Pfeifen im Walde – würde Apple gegen den (damaligen) Giganten IBM bestehen können? Wie es sich bald herausstellte, konnten sie es nicht. Sony hat im Marktsegment der spiegellosen Kleinbildsysteme bislang eine allzu leicht errungene Dominanz gehabt, denn außer ihnen war ja nur Leica in diesem Markt vertreten – ein Hersteller, dessen Produkte schon aufgrund ihrer hohen Preise außer Konkurrenz liefen. Nachdem sich aber der Marktführer Canon sowie der einstige Zweite, Nikon, diesem Marktsegment zugewandt haben, steht Sony jetzt einer echten Herausforderung gegenüber. Zudem tut sich Leica nun mit zwei japanischen Partnern zu einer formidablen L-Mount-Allianz zusammen. Es verspricht, spannend zu werden.

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Nach der Erkennung menschlicher Augen sowie der von Hunden und Katzen bringt Sony nun eine Augenerkennung für Wildtiere, seien es wie in diesem Beispiel ein Löwe oder beispielsweise eine Eule.

Womit ich zur zweiten Pressekonferenz des Tages komme, nämlich der von Leica, die eigentlich eine gemeinsame Pressekonferenz mit Panasonic und Sigma war. Aber dazu später. Zunächst einmal stellte Produktmanager Stephan Schulz die neue S3 vor, Nachfolger der S (Typ 007). Die neue Kamera mit 45 mm × 30-mm-Sensor löst 64 (statt wie bisher 37,5) Megapixel auf und kann im 4K-Videomodus die gesamte Sensorbreite nutzen. Damit stellt sich der „Mittelformatlook“ auch in allen Videomodi ein. im Frühjahr 2019 kommt die Neue in den Handel; auf dem Leica-Stand kann man sich bereits einen Prototypen anschauen.

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Produktmanager Stephan Schulz erklärt die Features der neuen S3, die 64 Megapixel bringt und für 4K-Video die volle Sensorbreite nutzen kann.

Schon jetzt ist eine neue App verfügbar, die mit den meisten aktuellen Leica-Kameras kompatibel ist. Diese Fotos-App für iOS und Android ersetzt die Apps für die einzelnen Modelle und leistet zudem mehr als diese. Über WLAN lässt sich die Kamera fernsteuern, Bilder können übertragen und verwaltet und in sozialen Netzen geteilt werden.

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Mit Leicas Fotos-App für iOS und Android lassen sich aktuelle Leica-Kameras fernsteuern und die damit aufgenommenen Bilder verwalten und teilen.

Aber was hatte es nun mit der Anwesenheit von Panasonic- und Sigma-Vertretern – Junichiro Kitagawa, Vizepräsident von Panasonic, sowie Kazuto Yamaki, CEO von Sigma – auf sich? Die drei Unternehmen haben sich zur L-Mount-Allianz zusammengeschlossen, was bedeutet, dass auch Panasonic und Sigma künftig Kameras und Objektive für Leicas L-Mount anbieten werden. Wer immer schon in dieses System einsteigen wollte, aber die Preise scheute, die Leica für die SL und deren Objektive forderte, wird bald Alternativen haben – kann aber nebenbei auf Leica-Objektive sparen, um sein System damit zu vervollkommnen. Für die nächste Ausgabe der LFI habe ich übrigens einen längeren Text dazu geschrieben.

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Die L-Mount-Allianz: Panasonic, Leica und Sigma (von links nach rechts).

Die Panasonic-Pressekonferenz fand dann im Anschluss im selben Saal statt, und nachdem man die 10 Jahre, die Panasonic nun im spiegellosen Bereich aktiv ist – länger als jeder andere Hersteller –, rekapituliert hatte, ließ Panasonic die Katze aus dem Sack: Nächstes Jahr kommen zwei Kleinbildkameras mit L-Mount. Das ist einmal die S1R mit 47 Megapixeln, einem integrierten Bildstabilisator, einem besonders robusten Verschluss, zwei Kartensteckplätzen für XQD und SD (so geht das, Nikon!) und einem dreh- und schwenkbaren Hauptdisplay und einem monochromen Statusdisplay auf der Oberseite. Die S1 mit 24 Megapixeln ist dagegen als hybride Kamera für Fotos und Video konzipiert. Zu diesen Kameras passt Panasonics Lumix-Pro-Service für professionelle Fotografen, der weltweit angeboten werden soll.

Panasonics neue, spiegellose Kleinbildkameras, S1R und S1.
Die ersten Objektive des neuen Panasonic-Systems.

Micro-FourThirds wird natürlich weiterentwickelt; Panasonic sieht die Vorteile dieses Systems bei den Kriterien „Mobility“ und „Responsiveness“ und empfiehlt es für Genres wie Wildlife, Street, Journalismus und Sport. Auch im MFT-Segment gab es eine Neuigkeit, das mit Leica entwickelte Weitwinkelzoom DG Vario-Summilux 10–25 mm mit einer Lichtstärke von durchgehend f1.7. Wann und zu welchem Preis dieses Objektiv auf den Markt kommen wird, gab Panasonic noch nicht bekannt.

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Panasonic sieht die Kleinbild- und Micro-FourThirds-Systeme als Systeme für unterschiedliche Aufgabenbereiche.

Nicht ganz überraschend kam Panasonics Ankündigung, dass sie zu den Olympischen Sommerspielen 2020 mit 8K-Kameras am Start sein wollen.

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Von dem für 2020 angekündigten XF 33 mm F1.0 war ein Mock-up zu sehen, hier im Größenvergleich mit meiner Hand. Anders als andere hochlichtstarke Standardobjektive soll dieses automatisch fokussieren.

Danach ging es im Pressezentrum Nord aufwärts – in den zweiten Stock, wo die Fuji-Pressekonferenz stattfand. Ein neues Fuji-Modell war ja bereits bekannt: Die X-T3, eine neue X-Kamera mit einem CMOS-BSI-Sensor mit 26,1 Megapixeln (wie bisher mit Farbfiltern im X-Trans-Muster), und dem 4-Kern-Prozessor X Processor 4. Die X-T3 ist daher schneller als das Vorgängermodell, was sich unter anderem in der hohen Bildfrequenz von 20 Bilder/s (mit elektronischem Verschluss) oder 30 Bilder/s (mit elektronischem Verschluss und auf 16 Megapixel reduzierter Auflösung). Auch der Autofokus wurde verbessert und 4K-Movies mit 60p können nun mit einer Farbabtastung von 4:2:2 mit 10 Bit gespeichert werden.

Fujis Antwort auf die Welle neuer spiegelloser Kleinbildkameras ist, dass sie einerseits ein APS-C-System (X-Mount) mit kleinen und schnellen Kameras im Programm haben, und andererseits das GFX-System um den G-Mount, dessen Sensorformat linear doppelt und flächenmäßig vier mal so groß wie APS-C ist – ein „Super Full-Frame“-Format sozusagen, wenn man den das Kleinbildformat als „Full-Frame“ bezeichnet.

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Die Fuji GFX 50R im Rangefinder-Stil – mit fest eingebautem elektronischem Sucher und einem nach oben und unten kippbaren Display. Der Akku ist der gleiche wie der der GFX 50s.

Der GFX 50s wird künftig die schlankere GFX 50R zur Seite stehen, bei der „R“ für „Rangefinder“ steht – es ist zwar keine Messsucherkamera, aber wie bei diesen liegt der fest eingebaute Sucher an der linken Seite. Das neue Modell könnte eine Alternative für all jene sein, die Hasselblads X1D-50c wegen ihrer geringen Abmessungen vorgezogen haben, denn die GFX 50R ist 25 mm weniger tief und 145 Gramm leichter als die GFX 50s. Zusammen mit dem neuen GF 50 mm F3.5 bildet die GFX 50R ein besonders kompaktes Kit. Die GFX 50R kommt für 4499 Euro auf den Markt. Dafür muss man auf das monochrome Statusdisplay verzichten und das rückwärtige Display ist nur in zwei statt drei Richtungen kippbar, aber der große Akku der GFX 50s ist der 50R geblieben. Wer lieber zur GFX 50s greift, braucht ab dem 1. Oktober nur noch 1000 Euro mehr zu zahlen, denn deren Preis wird auf 5499 Euro gesenkt.

Noch mehr Aufsehen erregte Fujis Ankündigung der Entwicklung einer GFX 100 mit einem 102-Megapixel-BSI-Sensor. Mit einem Modell mit verdoppelter Auflösung war schon lange gerechnet worden, schließlich hatte Sony den dafür nötigen Sensor im Formfaktor 44 mm × 33 mm schon im letzten Jahr angekündigt und man konnte davon ausgehen, dass alle Mittelformat-Hersteller über kurz oder lang damit ausgestattete Kameras bringen würden. Spannend ist nun aber, dass die GFX 100 erstmals (im Mittelformat) einen eingebauten Bildstabilisator und einen Phasendetektions-Autofokus mit Phasendetektionspixeln auf dem Sensor haben wird. Die Phasendetektionsmessfelder sollen annähernd 100% der Bildfläche abdecken. Neben Standbildern soll die GFX 100 auch Cinema-4K-Videos mit 30p aufnehmen.

Eine Überraschung war auch der Auftritt von Henrik Håkonsson, des CEO von Phase One. Als Mittelformat-Hersteller sind Fuji und Phase One ja Konkurrenten, und die Unterstützung des Raw-Konverters Capture für Kameras von Mitbewerbern war bislang nicht immer gewährleistet. Nun haben sich aber beide Unternehmen auf eine Kooperation in diesem Bereich geeinigt und Capture One unterstützt ab der neuen Version 11.3 auch alle Fuji-Modelle einschließlich der neuen X-T3 – nur die Filmsimulationen müssen noch nachgeliefert werden. Tethering wird mit der X-H1, X-T3, X-T2, X-T1 und X-Pro2 unterstützt. Es wird auch eine spezielle Fuji-Version von Capture One geben und Capture One Express für Fuji können Sie kostenlos nutzen.

Im Rest der Pressekonferenz ging es dann noch um ein neues Fotopapier, die neue hybride Sofortbildkamera instax SQ20, die Bilder digital aufnimmt und auf Sofortbildfilm belichten kann, und eine Kooperation mit Taylor Swift, die Fujis Sofortbildkameras promoten wird (nicht ganz meine musikalische Welt, aber wohl präzise auf die Zielgruppe zugeschnitten).

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Taylor Swift wirbt jetzt für Fujis instax-Sofortbildsystem.
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Fujis Beamer mit einem um zwei Achsen schwenkbaren Objektiv.

Ein letztes neues Produkt musste noch vorgestellt werden: Ein Beamer mit drehbarem Objektiv, der in sechs verschiedene Richtungen projizieren kann und damit noch aus 75 cm Entfernung ein 254 cm großes Bild erzeugt – auch im Hochkantformat, falls gewünscht. Fuji hat schon länger Projektionsobjektive gebaut, aber nur als OEM-Hersteller agiert; dieser Projektor ist das erste eigene, unter dem Fujifilm-Label vermarktete Produkt. Der Preis des Beamers steht noch nicht fest.

Über Fujis mehrfaches „one more thing“ war es so spät geworden, dass die Canon-Pressekonferenz im anderen, ein ganzes Stück entfernten Pressezentrum bereits begonnen hatte. Ich entschloss mich daher, sie auszulassen – neue Produktankündigungen gab es ja sowieso nicht – und nach einer kurzen Pause direkt zu Nikon zu gehen, deren Pressekonferenz auf dem Nikon-Stand in Halle 2.2 stattfand.

Nobuyoshi Gokyu, Nikons Senior Vice President für die Imaging Business Unit, stellt das Z-System vor.

Aber auch bei Nikon gab es keine Neuigkeiten. Der Trailer zur Ankündigung des spiegellosen Z-Systems wurde noch einmal gezeigt, man betonte, dass das spiegellose Z-System und das DSLR-System friedlich koexistieren würden, und überließ dann die Bühne drei Fotografen, die über ihre guten Erfahrungen mit dem spiegellosen wie dem Spiegelreflexsystem berichteten. Das war’s.

Nikons Kamerasysteme mit (D) und ohne Spiegel (Z) sollen friedlich koexistieren.

Der letzte Termin auf dem Messegelände war auf dem Olympus-Stand in Halle 1. Die Halle, die in früheren Jahren von Leica bespielt und für Fotoausstellungen genutzt worden war, beherbergt diesmal neben dem eigentlichen Olympus-Stand, an dem man sich Kameras und Objektive anschauen kann, den beliebten Olympus-Playground – der diesmal der „Perspective Playground“ ist und mit Perspektiven spielt. Dort kann man sich eine Olympus-Kamera ausleihen und auf dem Playground ausprobieren, was ich dann auch tat. Die Pressekonferenz war ohnehin kurz gehalten; die Kernbotschaft war, dass sich Olympus zu Micro-FourThirds und den Stärken dieses Systems bekennt; es gab keinerlei Hinweis darauf, dass sich Olympus wie sein MFT-Partner Panasonic auch für größere Formate interessieren könnte.

Olympus bekennt sich zum Micro-FourThirds-Standard.
Wer den Olympus Perspective Playground besucht, sollte sich dafür eine Kamera ausleihen; ich habe mich für die OM-D E-M1 Mark II entschieden.
Schaukeln auf dem Olympus Perspective Playground

photokina 2018: Und das war es für diesen Tag, zumindest so weit es die Pressekonferenzen betraf.

Fujifilm X-Night im Mediapark, hoch über den Dächern von Köln.

 

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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3 Kommentare

    1. Nur Geduld. – Die Produkte für gute und scharfe Fotos sind doch jetzt erst alle angekündigt worden. Vielleicht sind es aber auch nur Bilder aus den hochgelobten neuen mobiles? Auf der anderen Seite ist das hier auch ein Magazin für Bildbearbeitung, nicht für Fotografie; vielleicht wurde der Schritt der Bildbearbeitung hier nur vergessen? Fragen über Fragen.. 😉

    2. Ich verzichte schon länger darauf, bei Messen mit der großen Ausrüstung anzurücken. Fast alle Fotos habe ich mit dem iPhone X gemacht, und viele sind zudem von einer Leinwand abfotografiert, auf die ein Beamer das Bild einer Videokamera projizierte – ich konnte nicht in jeder Pressekonferenz ganz vorne sitzen. Teilweise war dann noch eine Perspektivkorrektur nötig. Aber hier geht’s eh um die Berichterstattung, nicht um schöne Bilder.

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