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Sensorgeflüster: Panasonics organischer Sensor

Panasonics organischer Sensor, von dem an dieser Stelle bereits die Rede war, soll in einem Jahr in einer Fernsehkamera Einsatz finden. Grund genug, über die Zukunft organischer Sensoren in der Fotografie zu spekulieren.

Im Februar 2018 hatte ich von der bislang neuesten Version eines organischen Sensors berichtet – ein Konzept, an dem Panasonic – unter Mithilfe von Fuji – schon seit einigen Jahren arbeitet. In diesem Sensor übernimmt eine auf den Sensorchip aufgebrachte Schicht aus einem organischen Material die Aufgabe der photoelektrischen Konvertierung – also Licht in Elektrizität zu verwandeln. Der Chip selbst muss die in jedem Sensorpixel anfallenden Elektronen nur noch sammeln. Diese Aufgabenteilung hat verschiedene Vorteile: Die organische Schicht ist sehr dünn, kann aber trotzdem praktisch alles Licht absorbieren, während Photonen, die auf einen Siliziumchip treffen, teilweise erst in größerer Tiefe absorbiert werden. Bei einem Lichteinfall in flachem Winkel kann das Photon dabei in den Bereich eines Nachbarpixels eindringen und wird dann an der falschen Stelle registriert, was bei einem organischen Sensor nicht passieren kann. Der Chip bietet dagegen Platz für einen sehr großen Ladungsspeicher, weshalb der Dynamikumfang ungewöhnlich groß ist. Die Effektivität der organischen Schicht ist über eine angelegte Spannung vom Maximum bis nahezu Null regelbar, womit sich ein globaler elektronischer Verschluss ohne Rolling-Shutter-Artefakte, aber auch ein variables ND-Filter realisieren lässt.

Panasonics organischer Sensor
Panasonics organischer Sensor: Im Herbst 2019 soll Panasonics Fernsehkamera mit einem organischen 8K-Sensor auf den Markt kommen; die Kamera wird an eine separate Bildverarbeitungseinheit angeschlossen. (Quelle: Panasonic)

Nun hat Panasonic eine Fernsehkamera für Broadcastingzwecke angekündigt, die diesen Sensor verwenden soll. Diese Ankündigung ist im Kontext der olympischen Sommerspiele 2020 in Tokyo zu sehen, die durchgängig in 8K-Auflösung aufgenommen und übertragen werden sollen. Der organische Sensor hat die dazu nötige Auflösung, also 7920 Pixel in der Breite. Bei einem Seitenverhältnis von 16:9 entspräche das 35 Megapixel, bei 3:2 42 Megapixel. Der Sensor hat vermutlich das Super-35-Format, was annähernd APS-C entspricht.

Schon bei der Vorstellung des organischen Sensors vor acht Monaten hieß es, dass die Pixel zu 12 Bit digitalisiert würden. Das erscheint etwas knapp, insbesondere angesichts des großen Dynamikumfangs, den der Sensor bewältigen soll – 16 Bit wären ihm eher angemessen. Bei der Ankündigung der Kamera verriet Panasonic eine weitere Einschränkung: Der globale elektronische Verschluss soll erst ab Verschlusszeiten von 1/120 s aktiv werden; bei längeren Verschlusszeiten arbeitet der Sensor wohl mit einem gewöhnlichen Rolling Shutter.

Panasonics organischer Sensor
Panasonics organischer Sensor: In einem klassischen CMOS-Sensor (links) enthält der Siliziumchip sowohl die Fotodiode wie auch einen etwaigen zusätzlichen Ladungsspeicher. Panasonics neuer Sensor (rechts) verwendet einen organischen Film (OPF) für die photoelektrische Konvertierung, während der Chip darunter nur noch die erzeugten elektrischen Ladungen speichern muss. (Quelle: Panasonic)

Panasonics organischer Sensor: Was der neue Sensor aber wirklich leisten wird, lässt sich heute noch nicht sagen. Manche Beobachter wunderten sich, dass die Kamera eine separate Bildverarbeitungseinheit benötigt; das könnte darauf hinweisen, dass die aus dem Sensor ausgelesenen Daten aufwendige Korrekturen erfordern. Das ist jedoch nur Spekulation. In einem Jahr werden wir beurteilen können, was an der organischen Sensortechnologie wirklich dran ist. Falls sie ihr Potential realisieren kann, werden wir diese Technologie sicher auch bald in Standbildkameras sehen.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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Kommentar

  1. Dass die Kamera eine separate Bildverarbeitungseinheit benötigt, könnte auch daran liegen, dass es heute noch keine Speichermedien gibt, die schnell genug sind, um den gewaltigen Datenstrom mit (35 Megapixel mit 12 Bit 25 bis 30 mal pro Sekunde) aufzuzeichnen.

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