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Meine Photokina 2018: Der „Fluch“ der Zufriedenheit?

Gestern hatte mein Kollege Michael in seinem Blogbeitrag bereits die Photokina-Messe als potentielles Auslaufmodell thematisiert. Ich möchte meine persönliche Sicht auf die Photokina 2018 ergänzen.


Photokina 2018: Warum war ich dort?


Um ehrlich zu sein: Wäre ich nicht zur langen Adobe Nacht (hier geht es zur Aufzeichnung des sehenswerten Livestreams!) am Donnerstag sowieso in Köln gewesen (ich fotografierte zusammen mit dem sympathischen Stockfoto-Helden Lasse Behnke anwesende Gäste und wir bastelten anschließend daraus und aus Adobe Stock-Fotos Fotomontagen), wäre ich nicht extra zur Photokina 2018 gefahren.

Meine Photokina 2018
Olaf Giermann + Tessa Achtermann + Adobe Stock. Meine Schnellmontage schnell noch mit dem Smartphone vom Bildschirm abfotografiert. Mehr unter @olafgiermannart bei Instagram.

Auf Einladung von Excire Search hing ich nun halt noch die zwei letzten Tage der Photokina 2018 an meinen Kölnbesuch an. Tatsächlich war es eines meiner persönlichen Highlights, die „Jungs“ hinter dem Excire-Lightroom-Plug-in für die inhaltsbasierte Suche, mit denen ich bisher nur per E-Mail oder telefonischen Kontakt hatte, endlich mal persönlich kennenzulernen.

Meine Photokina 2018
Schön, einmal Online- und Telefonkontakte live zu treffen: Thomas Käster (links) und Israel (Sol) Sonnenschein (rechts). Entwickler und Werber bei Excire Search.

Im Heft und im Blog hatte ich bereits mehrmals über das Plug-in berichtet. Auf der Messe wurde (auch mir) nun erstmals der frühe Prototyp einer Standalone-Version von Excire vorgestellt. Das heißt, es wird in absehbarer Zeit eine Lightroom-unabhängige Bildverwaltung von Excire geben, die vor allem Wert auf die Performance beim Navigieren und Durchsuchen des Bildbestands legt. Noch etwas Zeit – und jetzt wird es noch interessanter für professionelle (Sport-, Hochzeits- …) Fotografen mit hohem Fotoaufkommen – wird wohl das (so nenne ich es jetzt mal) Culling-Modul benötigen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten alle Fotos mit geschlossenen Augen, alle auf Gesicht/Auge/„Point of interest“ unscharfen Fotos oder alle Bilder, auf denen jemand nicht lächelt per Mausklick aussortieren, ohne erst Bild für Bild in bei über 20 MPx-Fotos zwangsläufig zunehmend lahm-ladender 1:1-Ansicht durchzugehen … Die Zukunft ist verheißend. Ich zumindest bin sehr gespannt.


Photokina 2018: Was wollte ich sonst noch dort?


Tja, was wollte ich sonst noch auf der Photokina 2018? Klar: Andere Kollegen wieder treffen, zu denen ich teilweise bereits seit Jahren Kontakt habe (die meisten waren dieses Mal sowieso schon bei der Adobe-Nacht am Donnerstag vor Ort, so dass ich aus diesem Grund nicht die Messe hätte besuchen müssen). Schön war es auch, einige Fans/Follower persönlich zu treffen und sich zu mit ihnen zu unterhalten. Da die Messe flächenmäßig deutlich kleiner als die der vorherigen Jahre war, trifft man sich deutlich wahrscheinlicher per Zufall im Vorbeigehen.

Aber sonst?

Um mich zu informieren war ich nicht dort. Alles, was mich an technischen Eckdaten und Funktionsweisen interessierte, konnte ich bereits vorher und vor allem ausführlicher im Netz erfahren.

Aber ein Punkt wäre ein Hands-on, also das persönliche Anfassen, bevor manche Geräte in den Handel kommen. Beispiele:

  1. Bei der neuen Canon EOS R hätte mich das persönliche Testen der Ergonomie interessiert, einfach deshalb, weil ich die Bedienung in den Vorschauvideos als extrem gruselig empfand (zusätzlich: Touchstrip bei Kälte? Mit Handschuhen?). Aber am Canon-Stand wurde die Wartereihe wie in Stoßzeiten am Flughafen durch ein Wartelabyrinth unterteilt. Das war mir die Wartezeit nicht wert. Denn Canon kommt für mich persönlich aufgrund der Sensor-bedingten gitterförmigen Artefakte in den Schattenbereichen der Fotos nicht mehr in Frage.
    Meine Photokina 2018
    Es wundert mich etwas, dass Canon mit fliegenden Tüchern herumwundert, mit denen ihre Kameras mit der Gesichtserkennung Probleme haben. Für mein iPhone (sorry) kein Problem.
  2. Mehr interessiert hat mich da schon die Nikon Z7 – und ich hatte tatsächlich das Glück, bei einem kurz abreißenden Besucherstrom vor Ort zu sein und eines der Geräte in die Hand nehmen zu können. Als D850-Nutzer fühlte ich mich natürlich von der Bedienung her gleich zu Hause, aber hier interessierte mich vor allem der elektronische Sucher (EVF). Meiner Meinung nach kommt er immer noch nicht an das optische Sucherbild der DSLR heran, aber das war schon ziiiiemlich nah dran, im Vergleich zu anderen EVFs, durch die ich ansonsten bisher und auf der Messe angucken durfte. Von den großen Vorteilen eines EVFs mal abgesehen, ist aber auch die Z7 keine Kaufoption für mich, da deren Fotos ein streifenförmiges Banding aufweisen, das auf die Konstruktion des Phasendetektions-Autofokus zurückzuführen ist und den tatsächlich nutzbaren Dynamikumfang ziemlich einschränkt. Also nee.
  3. Überrascht war ich zufälligerweise über den großen Andrang bei Fuji, deren (Nicht-Vollformat) Kameras ich persönlich gar nicht auf dem Schirm hatte, da ich die (ohne mich näher damit zu beschäftigen) in meine persönliche „Für Nostalgiker“-Schublade gesteckt habe, so wie auch Leica und bauähnliche Co. 😉 Ich habe mit Nostalgie wirklich nichts am Hut (ich war nie ein Freund der analogen Fotografie), eine Kamera muss nicht gut oder gar alt aussehen, damit ich sie mag. Sie muss halt funktionieren. Hier hatte das „Hands-on“ mit der Fuji X-T3 tatsächlich ein kleines Aha-Erlebnis zur Folge: Ohne je zuvor ein Gehäuse des Herstellers in der Hand gehabt zu haben, fühlte ich mich sofort zu Hause, da alle relevanten Einstellungen direkt per Drehknopf erreichbar sind: Blende am Objektiv, ISO und Zeit beziehungsweise Belichtungskorrektur oben am Gehäuse. Egal, was das Gerät sonst noch alles kann: Das war mir schon ein kleines Grinsen wert! 😉 Ich behalte Fuji mal im Auge.
Meine Photokina 2018
Einfach mal am Rad drehen – für die gewünschten Einstellungen. Bei Fuji kein Problem.

Photokina 2018: Der „Fluch“ der Zufriedenheit


Aber wissen Sie was? Genau genommen, interessierte mich auf der Messe nichts so wirklich. Ich nenne diesen Zustand „Zufriedenheit“ 😉 und vielleicht leidet eine große Messe wie die Photokina genau darunter?! Also unter dem „Fluch der Zufriedenheit“?

Da ich kein Technik-Journalist, sondern nur ein individueller Anwender bin, fange ich immer nur dann an zu recherchieren und verschiedene Hardware und Software zu testen und zu vergleichen, wenn mich irgendetwas persönlich stört. Mein acht Jahre alter Käsereibe-Mac-Pro tut immer noch wartungsfrei schnell und zuverlässig seinen Dienst, obwohl er meist rund um die Uhr läuft (Kaufpreis: gefühlt total überteuert, Preis-Leistung auf die Dauer gerechnet: konkurrenzlos). Nur in Sachen 3D schwächelt er inzwischen. Deshalb schiele ich erstmals seit Jahren wieder in die Windowswelt hinüber, weil Apple sich lieber auf die Armbandfarben der neuesten Apple-Watch als auf die Pro-User konzentriert). Als Bildschirmarbeiter ist der Schreibtisch und der Bürostuhl natürlich wichtig – auch da habe ich nach vielen Fehlkäufen endlich das Optimum aus einem elektrisch höhenverstellbaren Tisch sowie einem sitz- und atmungsaktivem Bürostuhl gefunden.

Auf der Photokina hätte ich nun durch Suchen und Ausprobieren mein Foto-Equipment optimieren können. Oder? Das Problem: Ich bin gerade absolut zufrieden (sorry, ich gebe keine Links zu irgendwelchen konkreten Produkten, da sich sonst ja immer jemand auf dieser Plattform wegen Schleichwerbung und vermutetem Sponsoring beschwert, was zum jetzigen Zeitpunkt nicht der Fall ist):

  • Kamera?
    Dynamikumfang, Bedienung, Abbildungsqualität (Sensor und Objektive) geht derzeit kaum besser (Mittelformat mal außen vor; Video interessiert mich gerade noch nicht). Okay, es ist eine DSLR mit ihren Vor- und Nachteilen gegenüber der spiegellosen Konkurrenz. Und ein wenig stört das Gewicht der Ausrüstung. Aber um daran zu sparen, müsste ich auf Vollformat verzichten (wiederum-kurz-zu-Fuji-schielen).
  • Stativ?
    Da hat mich jetzt nix vom Hocker gehauen. Ich habe ein größeres Carbon-Stativ und ein kompaktes Reisestativ mit China-Kugelköpfen. Reicht nicht nur, sondern tut immer genau das, was ich erwarte.
  • Kameratasche oder -rucksack?
    Für den Alltag habe ich meine perfekte Umhängetasche gefunden, in die meine Kamera mit aufgesetztem Objektiv (auch 70-200, f/2.8) und zusätzlichen ein bis zwei Objektiven passt, ohne als Kameratasche aufzufallen. Für Wanderungen habe ich den für mich perfekten Rucksack eines anderen Herstellers gefunden, der zwar nur wenig mehr Kameraequipment als die Umhängetasche fasst, dafür ermüdungsfrei und ohne direkte Rückenauflage zu tragen ist. Ist als Handgepäck für einige Fluglinien leider ein kleines Stück zu lang. Aber ich habe noch keinen Ersatz gefunden, mit dem ich zufriedener wäre.
  • Licht-Equipment?
    Was ich an Blitzen und Lichtformern habe, reicht für meine Zwecke. Was es sonst auf der Messe gibt, kennt man alles schon. Ist es günstiger als die Konkurrenz? Erfährt man im Netz!
  • Fotobuch/Druck
    Die Dimensionen der Stände von CEWE und Co. haben mich tatsächlich überrascht. RIESIG! DAS Geschäft scheint zu laufen. Hatte ich selbst nicht auf dem Schirm, da ich nur dann und wann einmal ein Bild oder Fotobuch drucken lasse.

Dementsprechend „unvor“-interessiert lief ich durch die Photokina-Hallen und war oft sehr schnell uninteressiert, da ich für meine Zwecke keinen Mehrwert sah. Auch gab es keine Aussteller zu 3D-Software. VR/AR waren auf eine extra-Messe ausgelagert. Gähn. Drohnen wie die sehr interessante Mavic 2 Pro mit Hasselblad-Kamera finde ich sehr spannend.

Meine Photokina 2018
DJI hat seine Drohnen wie in einem Käfig präsentiert. Wie Raubtiere. Rechtlich gesehen richtig. Mich beeindruckte die Mavic 2 vor allem dadurch, wie leise sie ist.

Wenn ich dann aber darüber nachdenke, wie oft ich diese nutzen würde und wieviel an Anmeldungs- und Versicherungskosten ich dafür aufbringen müsste, nur um sie hier und da mal – wo es denn erlaubt ist – fliegen zu lassen und damit fotografieren zu können … sinkt mein Interesse auch gleich wieder rapide.

Denn eigentlich bin ich gerade mit dem, was ich habe, sehr zufrieden. Für mich ein Segen. Für die Messe als Konsum-Zentrum wohl ein Fluch.

Umso mehr erfreute ich mich an meiner Rolle als Messe-Nichtkonsument, als ich auf meiner Heimfahrt durch Zufall (ich wollte eigentlich nur etwas zu trinken kaufen) in einem Discounter über eine LED-Schreibtischlampe (als Restposten) stolperte, die verschiedene Lichttemperaturen anbietet (kalt, Tag und warm) und auf deren Standfuß ich einfach mein Smartphone zum drahtlosen Aufladen legen kann. So gesehen hat sich die ganze Fahrt dann doch gelohnt, denn vorher wusste ich gar nicht, dass ich so eine Schreibtischlampe mit Aufladefunktion überhaupt brauche und dass ich das Ding fortan nicht mehr missen möchte. 😉

 

Beste Grüße,

Olaf

Olaf Giermann
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Olaf Giermann

Olaf Giermann gilt heute mit 20 Jahren Photoshop-Erfahrung sprichwörtlich als das »Photoshop-Lexikon« im deutschsprachigen Raum und teilt sein Wissen in DOCMA, in Video­kursen und in Seminaren.

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3 Kommentare

  1. Von einem leitenden Mitarbeiter einer Fachzeitschrift könnte man tatsächlich mehr fachlich und sachlich begründete Inhalte erwarten. In diesem Artikel wird nur dokumentiert, dass der Autor ein bedingungsloser Photoshop-Fan ist. Kritik ist da nicht angebracht, denn ohne Photoshop hätte er keinen Job. Dann gibt es noch den Jubel über eine Einladung(!!!) einer Firma, die ab sofort auch nur mehr bejubelt wird, obwohl es laut Autor erst eine benutzbare Version des Programms geben wird. Also kein Erfahrungsbericht, sonder Jubel auf Vorschuss.
    Ob die EOS R gut oder schlecht sein wird, werde ich nach ausgiebigen Tests in eine paar Monaten entscheiden können, jedenfalls nicht nach Ansicht eines Marketingvideos und schon gar nicht deswegen, weil mich Canon nicht als besonderen Messeteilnehmer zu einer speziellen Vorführung eingeladen hat.
    Dass dem Autor das Bedienungskonzept von Fujis APS-C-Kameras erst jetzt aufgefallen sind zeigt augenscheinlich das besorgniserregende Unwissen des Autors.
    Eine ziemlich armselige Vorstellung.

  2. Olaf Giermann spricht hier eine ernüchternde Erkenntnis an: Wer sich primär von den eigenen Bedürfnissen leiten lässt, wird eine gesunde Distanz zu den vielen Marketing-Hypes behalten. Gerade auch deshalb finde ich es schade, dass der Autor die Zufriedenheit mit seinem Equipment nur allgemein kundtut und nicht konkret erwähnt, von welchen Produkten er schreibt. Das wäre ein Dienst an den Lesern und hat meines Erachtens nichts zu tun mit Schleichwerbung.

  3. Für mich ist es wohltuend, von einem DOCMA Redakteur eine Betrachtung mit gesundem Menschenverstand zu lesen. Obwohl auch die DOCMA schlussendlich vom Konsum lebt, tut eine gewisse Distanz gut. Darum sind ja auch verschiedene MA im Redaktionsteam die die verschiedenen Zielgruppen und Bedürfnisse abdecken können. Was meiner Meinung nach auch sehr gut gelingt. Als technik-affiner Leser stürze auch ich mich auf die meist teuren Neuheiten. Aber meist kommt dann mein „Preis-Leistungs-Gen“ zum Einsatz.
    Olaf Giermann verfolge ich seit Jahren, in video2brain, jetzt Linkedin und seinen Webseiten. DOCMA hat mit Olav Giermann nur noch dazugewonnen. Ich hab seit zwei Tagen die neue DOCMA in der Arbeit. Es ist einfach nur toll wieviel Praxistipps, die mich wieder weiterbringen, auch für Lightroom präsentiert werden. Ich freue mich auf jedes neue Heft und die Donnerstag-Tipps.
    Weil ja auch die Editorials vorne und hinten, nicht nur reinen Konsumfanatismus spiegeln, ist das Heft für mich wertvoller als viele andere. Aber solche Kommentare zeigen, aus wieviel Blickwinkeln man diese Arbeit betrachten kann. Herzlichen Dank, weiter so!

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