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Die Zukunft der Kreativität

Schönere Fotos per Motivklingel? ;-) Bild: Olaf Giermann. Fotolia-Stocks: BillionPhotos.com, Elnur Amikishiyev
Schönere Fotos per Motivklingel? 😉
Bild: Olaf Giermann. Fotolia-Stocks: BillionPhotos.com, Elnur Amikishiyev

Spannende Zeiten


Bilder zu verwirklichen, die in Ihrem Kopf herumschwirren, war noch nie so einfach und auf so vielfältige Weise möglich wie heutzutage. Ganz so einfach wie wir hatten es die Erschaffer der bekannten Höhlenmalereien aus Lascaux nicht – die musste Werkzeuge und Farbpigmente noch komplett selbst basteln.

Zeichnen? Papier und Bleistift gibt es fertig in ungezählten Varianten.

Malen? Alle Pinsel, Farben und Maluntergründe sind mit wenigen Klicks weltweit für jedermann bestellbar. Auch digitales Malen

Fotografieren? Fotos zu machen war nie so einfach, günstig und von so hoher technischer Qualität wie heute. Bildbearbeitung lässt sich ebenfalls in überschaubarer Zeit lernen.

3D? Okay … hier wird es etwas komplexer. Bildbearbeitungswissen wird vorausgesetzt, hinzu kommen alle die Tools für die einzelnen Schritte des Modellierens, UVs erzeugen, Texturieren, Beleuchten (hier spielen übrigens die „echten HDR-Bilder“ eine Rolle) und Renderns. Das ist kein Pappenstil.

Umso erstaunlicher ist deshalb das, was Adobe Research auf der SIGGRAPH 2014 gezeigt hat (unbedingt das Video auf Vimeo anschauen!):

Automatic scene inference for 3D object compositing - SIGGRAPH 2014
Automatic scene inference for 3D object compositing – SIGGRAPH 2014

Automatic scene inference for 3D object compositing – SIGGRAPH 2014 from Kevin Karsch on Vimeo.

Stellen Sie sich vor, Sie brauchen einfach nur Ihr 3D-Modell (von denen es tausende auch kostenlose Stocks gibt!) in ein ganz gewöhnliches Foto zu ziehen – und die Technik übernimmt den Rest für Sie: Das Modell wird automatisch perspektivisch korrekt platziert, der Szene entsprechend beleuchtet und in der Schärfentiefe angepasst. Diese Magie basiert auf einer automatischen Ableitung eines 3D-Modells aus der fotografierten Szene. Also ich bin sehr beeindruckt, wie gut das funktioniert. Falls Sie Einzelheiten interessieren, finden Sie hier das zugehörige Paper der Forscher als PDF.

Das Paper zeigt auch, welche Fortschritte von 2012 bis 2014 bei der automatischen Szenenerkennung gemacht worden sind. Seitdem sind mittlerweile schon wieder zwei Jahre vergangen. Steht die Praxisreife bevor?
Das Paper zeigt auch, welche Fortschritte von 2012 bis 2014 bei der automatischen Szenenerkennung gemacht worden sind. Seitdem sind mittlerweile schon wieder zwei Jahre vergangen. Steht die Praxisreife bevor?

Um das so in Photoshop beziehungsweise einem ausgewachsenen 3D-Programm hinzubekommen, müssen Sie schon ein ganzes Stück Erfahrung und Gefühl für Subtilitäten von Licht, Farbe und Perspektive mitbringen.

Der große Vorteil bei solchen Entwicklungen, wie auch bei dem bereits von mir hier im Blog bereits vorgestellte automatisierte Freistellen von Personen, ist, dass sich der Anwender um technische Einzelheiten irgendwann nicht mehr zu kümmern braucht, sondern sich vollends auf das Bild konzentrieren kann. Anders ausgedrückt: Der kreative Prozess wird also nicht durch unnötig technisches Gefummel unterbrochen (wenn das alles denn eines Tages wirklich perfekt funktionieren sollte). 😉

Die Oh-Gottogott-Fraktion


Natürlich wird es hier wieder die typische Gruppe der Nörgler geben, die das alles gar nicht gut findet. „Was hat das noch mit Kreativität zu tun?“, „Dann macht ja jeder plötzlich coole Bilder!“ … Ich höre es schon klingen.

Aber so gesehen sollten diese Leute konsequenterweise selbst auf jeden Fortschritt verzichten. Nehmen wir mal den Reparaturpinsel aus Photoshop. Der macht Retuschen doch so schön einfach, weil er Farbe und Helligkeit an das Umfeld anpasst. Na sowas! Plötzlich kann jeder einen Pickel wegretuschieren, ohne sich mit dem vergleichsweise kruden Stempelwerkzeug herumzuschlagen und Übergänge passend zu machen.

Oder nehmen wir mal die Kameras … Fast alle sind besser als die Kameras mit denen einige ikonische Fotoklassiker gemacht wurden. Die stellen heute selbst scharf, machen selbst den Weißabgleich, regeln die korrekte Belichtung und erlauben schon beim Fotografieren eine Vorschau des finalen Bildes. Unerhört!

Macht deshalb heute jeder gute oder bessere Fotos? Nein. Kann jeder nach dem Bestellen der besten Mal-Utensilien mal eben selbst eine Höhle so eindrucksvoll bemalen wie unsere Vorfahren bei Lascaux? Und so wird auch nicht jeder große Kunst schaffen, nur weil ihm eine Software die Einpassung eines 3D-Modells in ein Foto erleichtert.

Also keine Angst vor der Technologie. Die ist nur das Werkzeug. Wie ein Bild am Ende aussieht, bestimmt immer noch der Nutzer dieser Werkzeuge. Denn allein korrekte Farben, gute Abbildungsqualität und korrekte Perspektive machen noch kein gutes Bild aus. Für gute Fotos braucht es dann vielleicht nur noch die Motivklingel für die Kamera und die Bildbearbeitungssoftware (siehe Titelbild) … hüstel 😉

Olaf Giermann
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Olaf Giermann

Olaf Giermann gilt heute mit 20 Jahren Photoshop-Erfahrung sprichwörtlich als das »Photoshop-Lexikon« im deutschsprachigen Raum und teilt sein Wissen in DOCMA, in Video­kursen und in Seminaren.

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