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Buchbesprechung „Geheimnisse der Waldfotografie“

Ich schreibe nicht oft Buchrezensionen, aber „Geheimnisse der Waldfotografie“ von Yvonne Albe hat mich nicht nur zum überfliegenden Durchblättern, sondern auch zum Lesen verleitet – vielleicht auch, weil ich seit zwei Jahren ganz in der Nähe der Autorin und ihrer bevorzugten Fotomotive wohne und „den Wald“ schätzen gelernt habe.

Buchbesprechung „Geheimnisse der Waldfotografie“
Das Buchcover
© Yvonne Albe

„Mein“ Wald

Persönlich bin ich in Bezug auf Bilderwelten eher ein Freund von Dark Art und Science-Fiction. Matte Paintings, Fotomontagen und 3D-Werke sind das, was mich ganz besonders fasziniert. Aber dann ist da auch der Wald. Seit ich vor zwei Jahren in den Odenwald (kein durchgehender Wald übrigens, sondern ein Mittelgebirge) und damit in die direkte Nähe vieler mehr oder weniger großer Wälder gezogen bin, weiß ich die visuelle und akustische Ruhe des Waldes sehr zu schätzen. Ein Waldspaziergang ist der perfekte Ausgleich für den oft hektischen Alltag. Und mit der Kamera im Anschlag entdeckt man oft interessante Details, die einem im Vorbeigehen entgangen wären. Mithilfe der Kamera kann man die Gedanken noch besser abschalten als allein durch einen Spaziergang. Mir zumindest geht es so.

Die Liebe zum Wald

Eine ähnliche Liebe zum Wald strahlt das neue (ihr erstes!) Buch von Yvonne Albe aus. Das wird schon allein durch die Bilder deutlich, die sehr behutsam und stimmungsvoll bearbeitet sind, um die Atmosphäre vor Ort einzufangen. Für die musste die Autorin sicher oft sehr früh aufstehen, denn ein Großteil der Fotos besteht aus mystischen, lichtdurchzogenen Nebelszenen. Nebel schafft nicht nur Stimmung, sondern separiert auch die einzelnen Bäume und Baumreihen – und macht Lichtstrahlen sichtbar.

Yvonne Albe engagiert sich aber auch vor Ort als Waldschützerin, worauf sie in einem kurzen Nachwort eingeht. Vor allem die beschriebene Ausdünnung der Wälder durch die intensive Bewirtschaftung kann ich live vor meiner Haustür mitverfolgen. Albe sieht aber noch Hoffnung, dass ein Umdenken stattfinden kann. Na, schauen wir mal und drücken wir die Daumen.

Falls Sie jetzt befürchten, beim vorliegenden Buch mit einem aktivistischen Krawall-Machwerk zu tun zu haben, kann ich Sie beruhigen: Es ist alles andere als das. Das sieht man auch schon daran, dass das fürchterliche Gendern ausschließlich in der Verlagsbeschreibung auf der Buchrückseite zu finden ist („Landschaft- und Naturfotograf*innen“, „Einsteiger*innen …“, „Waldliebhaber*innen“). Hier geht es wirklich um den Wald selbst und nur um ihn – in schönen Bildern, mit etwas Hintergrundwissen garniert.

Hintergrundwissen

Man merkt, dass sich die Autorin – auch abseits der Fotografie – intensiv mit dem „Waldgeschehen“ auseinandergesetzt hat. Die Kapitel „Die Geschichte des Waldes“, „Wald ist nicht gleich Wald“ und das „Nachwort einer Waldschützerin“ fand ich für mich persönlich am interessantesten.

Klar: Der Wald besteht aus Schichten. Aber wenn man sich das nicht bewusst macht, sieht man es auch nicht – und kann es dann vielleicht auch nicht gezielt in Szene setzen. Geheimnisse der Waldfotografie
Klar: Der Wald besteht aus Schichten. Aber wenn man sich das nicht bewusst macht, sieht man es auch nicht – und kann es dann vielleicht auch nicht gezielt in Szene setzen.

Ist Ihnen bewusst, dass wir es in Deutschland in der Regel nicht mehr mit natürlich gewachsenen Wäldern, sondern mit Wirtschaftswäldern oder nachträglich zugewiesenen Schutzzonen zu tun haben? Allein diese Erkenntnis lässt mich bei vielen Spaziergängen Strukturen erkennen, die auf die Anpflanzungen zurückgehen, die ich vorher übersehen hätte.

„Geheimnisse der Waldfotografie“ ist angenehm und flott zu lesen, denn das Wesentliche wird gesagt – es geht aber nie so sehr ins Detail, dass es rein an Fotografie Interessierte langweilt.

Zielgruppe

Der Praxisteil in Bezug auf die Fotografie und Bildbearbeitung richtet sich klar an ambitionierte Einsteiger, die eben mehr wollen, als einfach nur mit der Kamera draufzuhalten.

Das Wetter ist mit den richtigen Apps und Diensten in gewissem Umfang vorab planbar. Geheimnisse der Waldfotografie
Das Wetter ist mit den richtigen Apps und Diensten in gewissem Umfang vorab planbar.

Das alles ist erzählerisch schön kompakt und auf das Wesentliche konzentriert zusammengefasst und mit kleinen Tipps & Tricks aus der Praxis garniert. Auch erfahrenere Fotografen sollten alles einmal überfliegen – man schnappt doch vielleicht manche Gedanken und Beobachtungen auf, die man so noch nicht hatte.

Stilführendes Element des Buches: Nebelfotos! Aber ich mag neben dem Schreibstil auch das Format des Buches (25 × 25 cm, nur circa 2 cm dick). Oben zum Vergleich meine Tastatur. Geheimnisse der Waldfotografie
Stilführendes Element des Buches: Nebelfotos! Aber ich mag neben dem Schreibstil auch das Format des Buches (25 × 25 cm, nur circa 2 cm dick). Oben zum Vergleich meine Tastatur.

Wenn ich eines an diesem Buch besonders mag, dann ist es der lockere und sehr persönliche Erzählstil – ganz ohne jede inhaltslose Geschwätzigkeit und Phrasendrescherei (die mir bei vielen, auf große Seitenzahlen bedachten Fachbüchern echt auf den Zeiger geht).

Geheimnisse der Waldfotografie: Fazit

Wer Wälder mag und in die Waldfotografie einsteigen will, findet mit „Geheimnisse der Waldfotografie“ ein fotografisch inspirierendes Buch. Es bringt praxisrelevante Tipps auf den Punkt – vom Verständnis des Waldes und dem verantwortungsvollen Umgang mit ihm, über die Grundlagen der Ausrüstung, Aufnahmetechnik und Bildgestaltung, bis hin zur Planung und Wettervorhersage. Denn Nebel und andere Wettersituationen lassen sich bis zu einem gewissen Grad planen. Auch die einfache, aber effektive Bildbearbeitung in Lightroom wird gezeigt.

Empfehlung!

Mehr Informationen und Leseproben auf der Verlagsseite

Erschienen am 12.04.2023, 256 Seiten, dpunkt.verlag, Festeinband

34,90 Euro


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Olaf Giermann

Olaf Giermann gilt heute mit 20 Jahren Photoshop-Erfahrung sprichwörtlich als das »Photoshop-Lexikon« im deutschsprachigen Raum und teilt sein Wissen in DOCMA, in Video­kursen und in Seminaren.

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2 Kommentare

  1. Hallo Olaf,
    vielen Dank für den interessanten Buchtip!

    Aber gestatte mit eine Kritik an Deinem Artikel:
    Du schreibst „Falls Sie jetzt befürchten, beim vorliegenden Buch mit einem aktivistischen Krawall-Machwerk zu tun zu haben, kann ich Sie beruhigen: Es ist alles andere als das. Das sieht man auch schon daran, dass das fürchterliche Gendern ausschließlich in der Verlagsbeschreibung auf der Buchrückseite zu finden ist („Landschaft- und Naturfotograf*innen“, „Einsteiger*innen …“, „Waldliebhaber*innen“)“ und äußerst damit Deine Abneigung zu „Aktivismus“ und „Gendern“.
    Ist es nicht ebenso aktivistisch, ohne Not und Zusammenhang diese Buzzwords zu verwenden? Muß man denn jede Publikation, die mit Naturschutz zu tun hat, gleich negativ konnotieren?
    Und wenn einem Gendern nicht paßt (ich tue es selbst im Alltag auch nicht), kann man es dann nicht einfach ignorieren, statt dagegen zu sticheln? Es tut doch nicht weh, oder?

    1. Hi Randy,

      doch, es tut weh. Und Bücher, in denen vernünftig kommuniziert wird, werde ich loben, und wo das nicht der Fall ist, kritisieren.
      Und ich habe es satt, das Gendern einfach hinzunehmen und überall weiter – oft nur als oberflächliches Virtue Signalling und Gender Washing – gedankenlos wachsen zu sehen. Ich bin entschieden gegen das Gendern. Im Englischen wird gerade das einzig Richtige angestrebt – die Sprache wird entgendert. Das biologische Geschlecht und meinetwegen auch das gewählte Gender sollte gesellschaftlich und kommunikativ überhaupt keine Rolle spielen, es sei denn, es geht gerade genau darum oder es handelt sich um eine höfliche Ansprache, liebe Leserinnen und Leser. Mit der penetranten Sexualisierung der deutschen Sprache ist niemandem geholfen, weder im Redefluss, noch in der Verständlichkeit (neulich wurde in einem halbstündigen Beitrag im DLF die Doppelform „Athletinnen und Athleten“ von der Berichterstatterin so überstrapaziert, dass diese Wortfloskel teilweise im Zehnsekundentakt wiederholt wurde, nur unterbrochen vom „Athlet:innen“ und „Sportler:innen“ der Interviewerin.) Und Gerechtigkeit macht sich nicht an Begriffen fest, sondern an den Assoziationen, die wir mit Begriffen haben. Beispiel: Wenn Mädchen nie ERFAHREN und SEHEN, wie Frauen Ingenieure, Mathematiker, Forscher und Astronauten werden, dann können wir gendern und Partizipien dekonstruieren („Forschende“) bis die Schwarte kracht und nichts würde sich würde sich in den Köpfen der Heranwachsenden und in den gesellschaftlichen Begriffsassoziationen verändern. Dann würden „Forschende“ genauso nur mit „Männern“ assoziiert und eine neue Begriffskuh muss durchs Dorf getrieben werden. Ich halte das Gendern – neben vielen anderen Gründen – für falsch.
      Lesenswert zum Thema:
      Grundsätzliches:
      https://www.berliner-zeitung.de/open-source/streit-ums-gendern-nein-die-deutsche-sprache-diskriminiert-frauen-nicht-li.246245
      Moralisches:
      https://link.springer.com/article/10.1007/s42048-023-00137-2
      Die Petition von Sprachwissenschaftlern:
      https://www.linguistik-vs-gendern.de

      Die Hintergründe sind aber noch vielschichtiger und haben mit den Critical Studies und der Identitätspolitik zu tun, an denen es noch viel mehr zu kritisieren gäbe. Falsche Baustelle hier.

      Tatsächlich habe ich den „Krawall-Aktivismus“ erwähnt, weil der Autorin und dem Verlag an anderer Stelle ein solcher in einer Diskussion unterstellt wurde (https://www.dslr-forum.de/showthread.php?t=2137197). Dem wollte ich hier gleich einmal den Wind aus den Segeln nehmen. Ansonsten habe ich nichts gegen Aktivismus (schon gar nicht für den Naturschutz!) – solange er nicht die persönlichen Freiheiten der Menschen eingreifen will.

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