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Rein- UND rausretuschiert. Der Vatikan-Krimi Teil 2

Vor zwei Wochen hatte Doc Baumann an dieser Stelle zwei Bilder mit einer Szene aus den Vatikanischen Gärten in Rom vorgestellt. In einer war ein Geistlicher offenkundig falsch einmontiert worden, in der anderen fehlte er. Zu seinem Beitrag kamen zahlreiche Kommentare, so dass die geplante Fortsetzung nun noch deutlich spannender und verblüffender wird als vorgesehen.

Rein- UND rausretuschiert. Der Vatikan-Krimi Teil 2
Ja, wo ist denn der Papst geblieben? Hat er sich in Rauch aufgelöst?

„Der Prälat wurde nicht aus dem Foto herausretuschiert, sondern hineinmontiert. Und die Fehler, die damals dabei unterlaufen sind, sind immer noch dieselben, die wir auch heute beobachten“, lautete das – vorläufige – Fazit meines letzten Beitrages. Aber die Überschrift hatte ja gelautet: „Rein- oder rausretuschiert?“ – und auf das Rausretuschieren war ich noch gar nicht eingegangen.

Rein- UND rausretuschiert. Der Vatikan-Krimi Teil 2
1 So sieht das Bild ohne Papst in der Rom-Broschüre von etwa 1950 aus.

Einem Leser immerhin ist da etwas aufgefallen und er kommentierte: „Ich finde trotzdem eines interessant – im Sepiabild sieht man genau an der Stelle, wo er im anderen Bild steht, die Pflastersteine so verwaschen … wie schlampig rüberkopiert … und zusätzlich passt bei einer der kleinen Säulen an der Mauer, wo er im anderen Bild steht, unten die Längs-Fluchtlinie nicht.“ (Bild 2) Gut beobachtet, Herr Huber!

2 Dort, wo im nächsten Bild der Papst steht, gibt es hier bei Pflaster, Mauer und Vegetation erkennbare Retuscheartefakte.

Bleiben wir zunächst bei diesem beiden Aspekten: Der Stelle, wo der Mann in der blau getonten Version steht, und der Fluchtlinie. In der Tat lässt sich genau innerhalb der Personen-Umrisse aus der bläulichen Version (Bild 3) in der sepiafarbenen erkennen, dass sowohl Pflaster wie Vegetation im Hintergrund blasser und verschwommen sind. Und nicht nur das: Genau innerhalb dieser Konturen ist auch der senkrechte Rand der Mauerkrone deutlich heller. Wurde also hier etwas herausretuschiert?

3 In der zweiten Version der Broschüre steht an derselben Stelle nun der Papst, aber hier stimmt etliches nicht: Die Beleuchtung kommt von der falschen Seite, er wirft keinen Schlagschatten … und, wie wir später sehen werden, ist er viel zu klein.

Der zweite Hinweis von Herrn Huber ist richtig, aber nicht ganz vollständig. Denn das Hauptproblem ist nicht die von ihm angemerkte Fluchtlinie, sondern die Position der Pilaster vor der Mauer, die sich hinter der einmontierten Person befinden würden. Stehen die tatsächlich an den zu erwartenden Stellen?

Perspektivische Rekonstruktion

Um das herauszufinden, habe ich die Szene mit etlichen Flucht- und Hilfslinien ergänzt. In Abbildung 4 sind alle zu sehen, aber das ist so unübersichtlich, dass ich das besser in ein paar Teilbilder aufsplitte.

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4 Bei diesen ganzen Flucht-, Hilfs- und Konstruktionslinien blickt man kaum noch durch.
Ich blende im Folgenden etliche für einen besseren Überblick aus.

Der Fluchtpunkt lässt sich recht einfach durch Mauerkrone und Standfläche der Mauer ermitteln, gegebenenfalls könnte man noch die eher unregelmäßige Hecke rechts zu Hilfe nehmen (Bild 5). Dass der resultierende Fluchtpunkt mitten auf dem Weg liegt, ist nicht verwunderlich, denn der steigt dort an (und das Stück davor davor fällt wohl leicht ab). Eine weitere (hellblaue) Fluchtlinie folgt dem Mauerschatten, eine zusätzliche liegt an einer beliebigen Stelle in der Mitte des Weges.

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5 Eine perspektivische Tiefenunterteilung sorgt für eine Achtelung der Strecke.
Die schwarzen Linien zeigen, dass die Abstände mit der Ferne kontinuierlich abnehmen.

Die Position des ersten Pilasters links im Bild, weitgehend außerhalb des Fotos, lässt sich so leicht ermitteln. Von dort ziehen Sie eine waagerechte Linie nach rechts, bis sie die rechte Fluchtlinie schneidet. Ziehen Sie eine zweite waagerechte Linie vom Fuß des ersten Pilasters, das hinter der im Vergleichsbild einmontierten Person zu erkennen ist (weiße Kontur), nach rechts, auch sie schneidet die rechte blaue Fluchtlinie.

Wir haben nun also ein Trapez mit vier Ecken; das ist die perspektivische Ansicht eines Rechtecks an dieser Stelle. Verbinden Sie im ersten Schritt diese vier Ecken mit zwei (roten) Diagonalen. Wo die sich schneiden, ziehen Sie eine weitere waagerechte Linie ein (rot). So wie diese Linie durch den Diagonalenschnittpunkt auch ein Rechteck halbieren würde, entspricht sie der perspektivischen Halbierung unseres Trapezes. Hier fällt bereits auf, dass sie links nicht ganz exakt am Fuß des „mittleren“ Pilasters verläuft.

Teilen wir die sich ergebenden Hälfte erneut, diesmal mit gelben Linien, entspricht das der Entfernung von einem Viertel und einem Dreiviertel des Trapezes. Und eine weitere Diagonalenunterteilung (grün) markiert schließlich eine Achtelteilung.

Nun wird nachprüfbar deutlich, was sich bereits bei der Betrachtung von Abbildung 2 erahnen ließ: Mit dem Abstand dieser Pilaster stimmt etwas nicht. Dort, wo die gelbe Linie ein Viertel der Tiefe anzeigt, steht kein Pilaster, ebenso wenig bei 5/8. Einfaches Abzählen erweist: Dort, wo auf dieser Strecke eigentlich acht Pilaster stehen sollten, sind es nur sechs. (Die erste Linie ganz vorn darf man in beiden Fällen nicht mit zählen, sie ist nur der Startpunkt.)

Abbildung 6 stellt das noch einmal gegenüber: Die weißen waagerechten Linien markieren Stellen, wo im Bild Pilaster zu sehen sind – die schwarzen dagegen, wo sie eigentlich stehen sollten. Die senkrechten schwarzen Linien rechts zeigen einen in die Bildtiefe sich stetig verringernden Abstand – die Abstände der weißen Linien dagegen sind unregelmäßig, mal enger, mal weiter. Ein weiteres Indiz dafür, dass der Hintergrund hinter dem Geistlichen künstlich ergänzt und Elemente hineingemalt wurden.

Rein- UND rausretuschiert. Der Vatikan-Krimi Teil 2
6 Zieht man hingegen weiße Konstruktionslinien von den Stellen, an denen die Pilaster vor der Mauer auf dem Boden stehen, nach rechts, sind deren Abstände ungleichmäßig. Die Pfeiler hinter dem Papst (weiße Kontur) wurden also offenbar manuell rekonstruiert.

Und jetzt wird’s richtig verwirrend! Wir haben als weiteres Indiz ja noch die Schlagschatten der Mauer mit ihren vorspringenden Pilastern. An denen wurde wohl nichts verändert, da sie ja außerhalb der zu retuschierenden Papst-Konturen liegen. Wie ich schon beim letzten Mal gezeigt habe, steht die Sonne links und die Palme (wie die Sträucher links im Garten) wirft daher einen waagerechten Schatten. Verbinden wir die hinteren Ecken der Pilaster an der Mauer mit den hinteren Ecken der Schlagschatten … dann befinden sie sich alle (bis auf den vorletzten hinten, dem kein Schatten entspricht) an der ungefähr richtigen Stelle (die vorderen beiden liegen außerhalb des Bildes.)

Obwohl also die Abstände der rekonstruierten Pilaster nicht stimmen und unregelmäßig sind, sind ihre Schlagschatten regelmäßig und passen weitgehend zu der Tiefenunterteilung aus Abbildung 5 … aber eben auch zu den Ecken der falschen Pilaster. Die nächstliegendste Vermutung wäre die, dass es einfach die originalen Schatten seien – was ja durchaus zu Abbildung 7 passen würde –,  aber warum liegen ihre Ecken dann in der Sonnenstrahl-Fortsetzung der falschen Pilaster?

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7 Konstruiert man auch die Sonnenstrahlen und verbindet sie mit den hinteren Ecken der Pilaster, wird das Ganze völlig undurchschaubar.

Meine Konstruktionslinien könnten nicht exakt genug sein, es könnte leichte Unregelmäßigkeiten der Mauer geben, der Winkel der Sonneneinstrahlung könnte ein wenig versetzt sein, etwa um einen Pilaster-Abstand … rätselhaft!

Der „Prälat“

Ich muss gestehen, dass ich bei meinem ersten Text ziemlich betriebsblind war. Ich hatte nur auf Merkwürdigkeiten der Retusche geachtet, den rein- und/oder herausretuschierten Geistlichen selbst aber kaum weiter beachtet. Daher bin ich Oliver Sittel sehr dankbar, der darauf hinwies, dass es sich bei ihm höchstwahrscheinlich um Papst Pius X. handelt. Von meiner Unaufmerksamkeit abgesehen, hätte ich das auch nicht ohne Weiteres vermutet, da das Buch um 1950 erschienen ist, Pius X. aber bereits 1914 starb. (Sollte das Buch vielleicht erst 1954 erschienen sein, dem Jahr, in dem er von seinem Nachfolger Pius XII. heiliggesprochen wurde, und die Montage also eine entsprechende Ehrung darstellen?)

Nach dem Hinweis begann ich in dieser Richtung zu recherchieren und fand in der Tat etliche Bilder von Pius X. in den Vatikanischen Gärten. Und da ich weder Kosten noch Mühe scheue, um Ihnen interessantes Material anbieten zu können, habe ich etliche Ansichtskarten-Originale davon bestellt, selbst aus Barcelona. (Ich kann hier aus Urhebberrechtsgründen ja nicht einfach Bildmaterial aus dem Web wiedergeben.)

Und dabei entdeckte ich wiederum recht Spannendes: Etwa die beiden Ansichtskarten der Abbildungen 8 und 9. Leider sind beide undatiert, die Poststempel auf der Rückseite nicht lesbar. Die bayerische 5-Pfennig-Briefmarke mit dem Porträt von Prinz Luitpold passt aber zur Amtszeit Pius’ X. Es spricht viel dafür, dass beide Aufnahmen etwa zeitgleich entstanden, vor allem, weil die Palmwedel und ihre Positionen identisch sind. Die Beleuchtungsbedingungen (abgesehen von der Kameraposition und der Kleidung) verweisen allerdings auf einen anderen Zeitpunkt als den unserer beiden Retusche-Fotos oben.

8 und 9 Zwei Ansichtskarten zeigen Papst Pius X. ungefähr an derselben Stelle, aber in anderer Kleidung und zu einem anderen Zeitpunkt.

Eine weitere Ansichtskarte (Bild 10) zeigt Pius X. mit  derselben Kleidung wie im retuschierten Foto 3; auch hier gibt es abweichende Beleuchtungsbedingungen und Positionen der Palmwedel, wenn auch eine ansonsten gleiche Kameraposition. Hier stimmen zwar die Beleuchtungsbedingungen von Szene und Papst weitgehend überein, aber der Papst könnte dennoch einmontiert worden sein. Auffällig ist, dass ihm hier das Mäuerchen nur bis übers Knie reicht – bei der ersten Montage 3 verläuft die Mauerkrone dagegen in Bauchhöhe.

10 Und noch einmal Pius X. – diesmal in „richtiger“ Kleidung, aber ebenfalls zu einem anderen Zeitpunkt – und wahrscheinlich wiederum einmontiert.

Und schließlich gibt es noch die Version von Bild 11, aufgenommen wiederum an derselben Stelle. Nur ist es diesmal Papst Pius XI., möglicherweise abermals einmontiert. Sein Schlagschatten jedenfalls ist aquarelliert, vielleicht so reingemalt oder auch nur verstärkend.

11 … und noch einmal an derselben Stelle. Aber diesmal ist es gar nicht Pius X.,
sondern Jahre später Pius XI.

Weitere Quellen finden Sie bei Interesse im Web. So gibt es eine kolorierte Fassung mit weiteren einmontierten Personen, die auf dem Foto 9 basiert.

Eine zeitlich leicht versetzte Version von Bild 8 ist diese mit zwei Begleitern, wahrscheinlich echt.

Auch ein kurzer Film zeigt Pius X. in den Gärten, allerdings an einer anderen Stelle.

Weiterhin gibt es mehrere Fassungen einer anderen Szene, in der der Papst mit Obergewand und Hut an derselben Stelle, aber zu einem weiteren Zeitpunkt aufgenommen wurde. Einmal hält er den Hut in der Hand, einmal trägt er ihn auf dem Kopf.

Von dieser Szene gibt es sogar eine Stereoaufnahme. Da alle drei übereinstimmen, dürften auch sie echt sein.

Eine wirkliche Hilfe bei der Analyse unserer beiden Ausgangsfotos sind all diese Varianten aber leider nicht. Sie belegen lediglich, dass diese Stelle in den Vatikanischen Gärten eine sehr beliebte Location gewesen sein muss. (Der Weg scheint heute nicht mehr zu existieren, jedenfalls konnte ich weder ihn noch die Palme auf Google Earth entdecken).

Ach ja, die Palme. Da könnte man auch noch etwas spekulieren. Ich habe mal versucht, die Palme aus einem unzweifelhaft echten Foto von Pius X. (rechts) auf denselben Stammdurchmesser zu bringen wie die in unserem Ausgangsbild (1). Genau gelungen ist mir das nicht (obwohl beide an derselben Stelle nun exakt dieselbe Breite in Pixeln haben) – die Krone in Bild 1 ist etwas höher. Das könnte (aber bitte ganz großer Konjunktiv) bedeuten, dass Bild 1 einige Jahre später aufgenommen wurde als das Vergleichsbild und der Baum inzwischen ein Stück gewachsen ist. Allerdings ist die Anordnung der Palmwedel in dem wahrscheinlich ebenfalls echten Fotos Nr. 8 und 9 der in Bild 1 seht ähnlich, was gegen die Hypothese der späteren Aufnahme spricht.

13 Die Krone der Palme aus Bild 1 (links) scheint etwas höher zu sein als die aus dem Vergleichsfoto rechts. In beiden Bildern verläuft der untere waagerechte Strich in Höhe des Dachfirsts der Sixtinischen Kapelle. War die Palme inzwischen gewachsen, das Foto also später entstanden? Oder ist nur der Vergleich zu ungenau, etwa wegen eines abweichenden Kamerastandortes?

Aber was ist wirklich geschehen in diesem Vatikan-Krimi? Zum einen wissen wir nun aus den vielen anderen Fotos, dass die Mauer nicht so hoch ist (im Verhältnis zur daneben stehenden Person), wie es unsere (blau getonte) Montage 3 mit Pius X. nahelegt. Andererseits entsprechen die Konturen in der Sepia-Variante genau seinem einmontierten Umriss. Hätte da zuvor ein anderer Papst (oder sonst wer) gestanden, hätte er in einem echten Foto größer sein müssen. Also ist wahrscheinlich die blaue Version die frühere (mit einem einmontierten, falsch beleuchteten und zu kleinen Papst) und die leere sepiafarbene (mit Retuscheartefakten und unzutreffend rekonstruierter Mauer) die spätere. Dann muss es aber noch eine dritte, originale gegeben haben. Die hat dann entweder eine menschenleere Szene gezeigt oder dort stand eine nicht mehr identifizierbare Person. Da die aber größer gewesen sein müsste als der zu klein einmontierte Papst, sollte man dann in dessen Umfeld in Bild 3 Reste der Retusche entdecken können, was aber nicht der Fall ist. Rätsel über Rätsel!

Die „Lösung“

Wir könnten die Lösung ja mal in einer Verschwörungstheorie suchen, das ist meist der einfachste Weg: Demzufolge sollte sich im Originalfoto an der fraglichen Stelle eine Person befunden haben, die man zunächst gern dort fotografiert hat, die aber später in Ungnade gefallen ist und aus der Geschichte gelöscht werden sollte – man nennt das damnatio memoriae.

Wer könnte das gewesen sein? Es gab da kurz vor Pius X. einen Möchtegern-Freimaurer und Atheisten namens Leo Taxil (eigentlich Marie Joseph Gabriel Antoine Jogand-Pagès), der sich durch seine Schriften den Zorn der katholischen Kirche zugezogen hatte, insbesondere durch sein reißerisches Buch „Die geheimen Liebschaften von Pius IX.“. 1885 schwenkte er zur Verwunderung aller urplötzlich um, bereute seine frevlerischen Publikationen, schrieb nun für katholische Verlage jede Menge Enthüllungstexte über die verdammungswürdige Freimaurerei und wurde fortan als reumütiger Sünder von der Kirche hoch geschätzt und gern zitiert, sogar eine Papst-Audienz bei Pius-Vorgänger Leo XIII. (Papst bis 1903) wurde ihm gewährt.

Was lag also näher, als ihn zu diesem Anlass in den Vatikanischen Gärten zu fotografieren, um aller Welt die Rückkehr des verlorenen Sohnes in den Schoß der Kirche zu dokumentieren?

Doch bald nach dem großen Trienter Antifreimaurerkongress von 1896, der sich vor allem auf seine Schriften stützte, platzte die Bombe! Die „Kölnische Volkszeitung“ entlarvte Taxil; seine Hinwendung zur Kirche war ein riesiger Bluff, seine angeblichen Enthüllungen der Freimaurer-Geheimnisse allesamt erfunden (obwohl sie noch heute gern als echt zitiert werden).

Rächte sich also der Vatikan, indem er auf dem Foto Leo Taxil durch Papst Pius X. ersetzen ließ? Ließ man danach alle Kopien des ursprünglichen Taxil-Fotos verschwinden? Ende gut, alles gut? Wer’s glaubt, wird selig …

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Doc Baumann

Doc Baumann befasst sich vor allem mit Montagen (und ihrer Kritik) sowie mit der Entlarvung von Bildfälschungen, außerdem mit digitalen grafischen und malerischen Arbeitstechniken. Der in den Medien immer wieder als „Photoshop-Papst“ Titulierte widmet sich seit 1984 der digitalen Bildbearbeitung und schreibt seit 1988 darüber.

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8 Kommentare

  1. Vielleicht hat Doc Baumann viel zu kompliziert gedacht, denn manchmal sind die einfachsten Erklärungen zutreffend.
    Da der Blick auf die Vatikanischen Gärten aus dieser Position seht attraktiv zu sein scheint setzte man eben, je nach Bedarf und Epoche, eine andere mit viel Pomp gekleidete Figur hinein.
    Mir kommen jedenfalls die Bilder 8 und 9 (das sind die beiden undatierten Ansichtskarten), was Licht, Schatten, Tonwerte usw. nicht verfälscht vor. Die sehen eher nach Take 1 und Take 2 aus einer unbekannten Anzahl von Takes aus.
    Alle anderen sind wegen Licht/Schatten, Tonwerte und auch Größenverhältbissen und optischer Achse für mich nicht glaubwürdig, sondern eindeutig Collagen.
    Das ist so ähnlich wie die Bilder eines Hawai-Strands auf dem Rummelplatz, wo Leute durch ein ausgeschnittenes Loch ihren Kopf steckten und so ein „Urlaubsfoto“ an die lieben Verwandten und Bekannten schicken konnten, nur eben „echter“.
    Fälscherwerkstätten gab es bekanntlich schon lange vor der Erfindung von Photoshop.

    1. Nun, wenn es so gewesen wäre, wie Sie schreiben: Warum ist dann in dem sepiafarbenen Bild genau die Stelle, wo Papst Pius X. im blauen einmontiert worden war, offensichtlich retuschiert und die Mauer dort rekonstruiert? Warum wurde dann nicht in der sepiafarbenen Fassung enfach das von Ihnen postulierte Original abgedruckt, sondern eines, aus dem der Papst herausretuschiert werden musste? Außerdem ist es ja auch gar nicht immer dasselbe Hintergrundbild, wie Beleuchtung und Position der Palmwedel zeigen; es gibt außer den beiden fraglichen Varianten keine andere (mir bekannte) mit oder ohne Papst. Also wohl keine Basisaufnahme für spätere Montagen, sondern nur eine beliebte Location.

      1. Reverse Engineering ist bei einer so dünnen Faktenlage noch schwieriger. Außerdem ist man heute in Sachen Bildmanipulation doch viel sensibler geworden. Obwohl es auch schon vor Jahrzehnten recht gut bearbeitete Fotos, oft Gruppenbilder, gibt, aus denen in Ungnade gefallene Politiker entfernt wurden. Doch bei Ansichtskarten für Touristen muss man nicht solche Maßstäbe ansetzen.
        Warum z.B. ein Papst wegretuschiert werden musste kann viele Gründe haben, ein ganz einfacher wäre z.B., dass das Original nicht vorhanden war oder zur Verfügung stand. Bei der dünnen Faktenlage und so vielen unbekannten Zeitpunkten kann man viel spekulieren.
        Die Erfahrung zeigt nur, dass Leute bei der Bewältigung einer Aufgabe aus allen möglichen Wegen immer den einfachsten wählen, und da kann man eben auch spekulieren, dass in der damaligen Situation der gewählte für den Bearbeiter der einfachste war.
        So, wie es offensichtlich unterschiedliche Ausleuchtungen gibt kann man auch spekulieren, dass eben ein unerfahrener Lehrling Fehler gemacht hat, die mangels undo-Funktionen in der Dunkelkammer nicht einfach repariert werden konnten.
        Wie gesagt, man kann da bis in alle Ewigkeit spindisieren, oder vielleicht schreibt man in Deutschland „spintisieren“. Beides beschreibt spaßige Denkspiele.

  2. Ich habe noch zwei historische Panoramen gefunden, die diesen Teil der Vatikanischen Gärten aus einer etwas anderen Perspektive zeigen: https://www.loc.gov/pictures/resource/pan.6a23094/ und https://pastvu.com/p/1311230. Der Weg (der Viale del Giardino Quadrato) und die Palme sind ganz rechts zu sehen. Der Giardino Quadrato scheint im 20. Jahrhundert mehrfach umgestaltet worden zu sein (zeitweise standen dort Gewächshäuser), weshalb nicht nur die Palme verschwunden ist; der Weg existiert aber noch.

  3. Hier ist noch ein Vergleichsbild vom Giardino Quadrato aus: https://pastvu.com/p/237171 (1930). Und hier ist eine weitere Version von 9 mit Pius X., die links, rechts und unten einen größeren Bildausschnitt (analog zu 8) zeigt: https://pastvu.com/p/237095 (1908). Was ich dagegen nicht gefunden habe, ist ein halbwegs aktuelles Foto, das von einer Position auf dem Viale del Giardino Quadrato aufgenommen wäre; möglicherweise kommt man auf den Führungen durch die Gärten nicht dorthin. (Falls dieser Aussichtspunkt der Öffentlichkeit tatsächlich nicht zugänglich sein sollte: Was hat der Vatikan dort zu verbergen? 😉 )

    1. Danke für Deine zusätzlichen Fundstücke. Ich hatte mir die aktuelle Szenerie auf Google Earth in der 3D-Version angeschaut, da ist nichts mehr an dieser Stelle wie früher. Auch in dem Bildband „Die Vatikanischen Gärten“ gibt es keine vergleichbare Abbildung.

  4. Meine Frage beim Garde-Museum in CH-Brig-Glis und bei einem ehemaligen Gardisten gab nur den Hinweis, dass ich gerne die Stelle in den Gärten fotografieren könne. Man fand diesen Aufwand hier zumindest seltsam…..

    1. Wenn ich wieder nach Rom komme, werde ich wohl mal die nötigen 40 Euro (35 Euro plus 5 Euro Buchungsgebühr) für eine Führung durch die Vatikanischen Gärten berappen; den nötigen Impfnachweis habe ich ja. Dann wird es sich schon zeigen, ob einen der Führer dorthin lässt. So ließe sich zumindest das Rätsel der Pilaster lösen. Wie die unretuschierten Originale der Motive aussahen und wer dort gegebenenfalls wegretuschiert wurde, das wird aber vielleicht ein ewiges Rätsel bleiben.

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