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Hitzewallungen – Wie lange können Kameras bei 8K cool bleiben?

Bei hochsommerlichen Temperaturen um 33 Grad kommen wir alle ins Schwitzen, aber was ist mit unseren Kameras, die sich ja im Betrieb selbst aufheizen? Canons neue EOS R5 beispielsweise soll im Videomodus öfter zu Pausen zwingen, um sich abzukühlen.

Hitzewallungen – Wie lange können Kameras bei 8K cool bleiben?
Schnell und hochauflösend, im 8K-Modus aber mit Überhitzungsproblemen: die Canon EOS R5 (Foto: Canon)

Vor einem Monat erregte Canon mit der Vorstellung der EOS R5 und R6 einiges Aufsehen, und auch ich war von den neuen Modellen, so weit man sie anhand der Kenndaten beurteilen konnte, gebührend beeindruckt. Zu den besonderen Eigenschaften der EOS R5 zählt ihr 8K-Videomodus, aber auch die Möglichkeit, die 8K-Sensordaten in ein besonders detailreiches 4K-Format herunterzurechnen. Die hohe Sensorauflösung und die große Videobandbreite von bis zu 1880 Mb/s fordern offenbar ihren Preis, wie Tester und erste Besitzer des neuen Modells feststellten: Die Kamera heizt sich stark auf, wenn ihre Möglichkeiten ausgereizt werden, und schaltet dann ab. dpreview.com ist den Berichten nachgegangen und hat die Probleme bestätigt, auch wenn das Verhalten der EOS R5 durchaus der Spezifikation entspricht. Im 8K- und 4K-HQ-Modus ist die Aufnahmezeit beschränkt, und auch Fotoaufnahmen oder Menüeinstellungen begrenzen die Zeit, in der man dann ununterbrochen filmen kann. Das ist insbesondere bei Anwendungen im Reportagebereich oder etwa in der Hochzeitsfotografie problematisch, da man befürchten muss, dass die Kamera eine laufende Aufnahme einfach beendet und man dann warten muss, bis sie sich wieder abgekühlt hat. Abhilfe schafft der normale 4K-Modus, in dem nur jede zweite Zeile des Sensors ausgelesen wird. Nur sind die Ergebnisse dann nicht mit denen des HQ-Modus vergleichbar.

Man könnte denken, dass Canons Entwickler einen Fehler gemacht hätten, aber ich vermute, dass wir uns künftig noch öfter mit heißlaufenden Kameras beschäftigen müssen. Wie viel Wärme eine Kamera im Betrieb erzeugt, hängt vom Datendurchsatz ab, den sie bewältigen muss. Je höher die Auflösung und je höher die Bildfrequenz, desto mehr Strom wird verbraucht, von dem ein Teil in Wärme umgesetzt wird.

Die Wärmeerzeugung beginnt bereits im Sensor. Die A/D-Wandler, von denen mehrere Tausend auf dem Sensorchip integriert sind, heizen den Sensor auf, was sich in einem zunehmenden Rauschen äußert. Die zweite wichtige Wärmequelle ist der Prozessor, der die digitalen Daten verarbeiten muss, und die dritte ist der Akku, der die Kamera mit Energie versorgt.

Hitzewallungen – Wie lange können Kameras bei 8K cool bleiben?
Auf Ergonomie und kompakte Abmessungen getrimmte Kameras bieten nicht die optimalen Bedingungen für eine wirksame Wärmeabfuhr. (Foto: Canon)

Moderne Kameras sind gleichzeitig immer leistungsfähigere Computer, aber im Gegensatz zu Desktop-Rechnern oder Laptops enthalten die meisten von ihnen keine Lüfter, die die entstehende Wärme abführen könnten. Generell gibt es zwei Möglichkeiten, überschüssige Wärme an die Umwelt abzugeben. Die erste ist Strahlung: Je heißer ein Gegenstand ist, desto mehr Wärme strahlt er ab, wobei er sich abkühlt. Die zweite Möglichkeit besteht darin, die Wärme an ein kühleres Medium wie beispielsweise Luft abzugeben und die erhitzte Luft gegen kühlere Luft auszutauschen. In jedem Fall ist es nötig, die im Inneren einer Kamera entstehende Wärme nach außen zu transportieren. Das könnte rein passiv über einen Kühlkörper – etwa aus dem besonders wärmeleitfähigen Kupfer – erfolgen, der die Abwärme auf ein ebenfalls wärmeleitfähiges Metallgehäuse überträgt. Das bedeutet allerdings, dass die Kamera in der Hand des Fotografen im Betrieb heiß wird – das ist zwar ein Zeichen dafür, dass die Wärmeabfuhr funktioniert, wird aber als unangenehm empfunden. Ein kunststoffummanteltes Gehäuse fasst sich besser an, schließt die Wärme aber in der Kamera ein, so dass sie sich staut. Auch der Wunsch nach möglichst kleinen Kameras erschwert die Wärmeabfuhr, da diese weder für Kühlkörper noch für die Luftzirkulation viel Platz bieten.

Die Überhitzung der Kamera ist schon bei 4K-Video ein Thema, und bei 8K, das den vierfachen Datendurchsatz erfordert, ist es um so schwieriger, sie zu vermeiden. Reine Videokameras sind hier aus mehreren Gründen im Vorteil. Da sie ohnehin in ein Rig integriert werden, spielt das Handling keine Rolle; man kann die Gehäuseschalen so konstruieren, dass sie die Wärme optimal ableiten. Ein Lüfter wird eher als bei einer Fotokamera akzeptiert, und da die Tonaufnahme über externe Mikrofone oder ganz unabhängig von der Kamera erfolgt, kann ein Lüftergeräusch auch nicht den Ton stören. Den Anschluss für den Akku kann man an die Außenseite des Gehäuses versetzen, was dessen Wärmeabfuhr verbessert.

In den letzten Jahren ist die Foto- und die Videotechnik immer stärker zusammengewachsen. Aktuelle Kameras können in beiden Disziplinen ein professionelles Niveau erreichen. 8K-Video zeigt nun aber möglicherweise eine Grenze dieser Entwicklung auf. Wenn man in dieser Auflösung ohne Kompromisse filmen will, ist eine auf die Bedürfnisse von Fotografen abgestimmte Kamera nicht die beste Wahl. So lange die Entwickler keine Lösung zur Reduzierung der Wärmeentwicklung und zur besseren Wärmeabfuhr der Kameras gefunden haben, sollten wir uns als Fotografen vielleicht auf eine 4K-Option beschränken.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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2 Kommentare

  1. Wenn jemand ernsthaft Videos „drehen“ will, soll eine Videokamera gekauft werden. Für Gelegenheitsvideos reichen ja die Fähigkeiten moderner Fotokameras in jeder Hinsicht aus. Falls jemand tatsächlich 8K-Videos aufnimmt, muss natürlich nachfolgend auch ein leistungsfähiger Videoschnitt zur Verfügung stehen. Das blenden die fleißigen Blogger bei ihren seltsamen Beiträgen aus.

    Wie lange dauert denn die Aufnahme einer Szene in einem professionellen Film? Länger als 20 Minuten? Es ist richtig lachhaft, womit Leute ihre Blogs und Zeitschriften füllen. Einfach nur realitätsfremd. 20 Minuten am Stück und dann 3 Schnitte pro Sekunde, denn mangels Inhalt muss man eben die Gehirne der Betrachter mit kurzen Szenen und Schnitten beschäftigen.

    1. Guter Artikel und auch guter Kommentar.
      Habe den Chef-Kameramann des 1..Ben Hur-Filmes in Prag getroffen. Er filmte mit einer 16 mm-Kamera und Objektiv-Revolver. Alle paar Minuten wechselte er die Spulen und meinte:“ Kennst Du gute Einstellungen, die länger als eine Minute ohne Schnitt dauern?“
      Bezüglich Wärme: Schwarze Kameras und Objektive werden durch Sonnenlicht aufgeheizt, da sie Wärme absorbieren. Ich nutze in heissen Gegenden rote Überzüge, die Wärmestrahlung reflektieren.
      Kamera-Messungen werden bei 20 Celsius gemacht; bei 40 C rauscht es schon gewaltig…

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