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Ein, zwei oder drei Polfilter – viel hilft viel?

Was passiert eigentlich, wenn man mehrere Polfilter vor das Objektiv schraubt? Und wie verhält sich ein variables ND-Filter, das ja aus zwei Polfiltern besteht?

Diese Frage hat einen konkreten Hintergrund, denn sie wurde kürzlich im Fuji-X-Forum gestellt. Ein Teilnehmer hatte ein Polfilter vor das Objektiv seiner spiegellosen Systemkamera geschraubt, um störende Reflexionen zu unterdrücken. Als er davor noch ein variables ND-Filter setzte, kehrten die störenden Reflexe jedoch wieder zurück. Wie kann das sein?

Ein, zwei oder drei Polfilter
Zwei Polfilter schlucken mehr Licht als einer allein – oder? (Quelle: Rollei)

Licht ist ja eine elektromagnetische Schwingung, und es schwingt in einer Ebene. Normalerweise kommen im Licht alle möglichen Schwingungsebenen vor, und das bezeichnet man als unpolarisiertes Licht. Wenn das Licht nun aber in einem geeigneten Winkel von Glas, Lack oder anderen glänzenden Oberflächen (aber nicht Metall!) reflektiert wird, schwingt das zurückgeworfene Licht nur noch in einer Ebene – es ist polarisiert.

Ein Polfilter hat nun die Eigenheit, vor allem Licht einer bestimmten Schwingungsebene durchzulassen. Je weiter der Winkel der Schwingungsebene von dieser Vorzugsrichtung abweicht, desto weniger Licht dringt durch das Filter, und wenn die Vorzugsrichtung um 90 Grad gegenüber der Schwingungsebene verdreht ist, wird es weitgehend geschluckt. Da ein aufgeschraubtes Polfilter drehbar bleibt, kann man die Schwingungseebene einstellen, die durchgelassen werden soll.

Wenn das Licht völlig unpolarisiert ist, wirkt ein Polfilter unabhängig von seiner Stellung lediglich als Grau- oder ND-Filter – es kostet etwa zwei Blendenstufen. Polarisiertes Licht, das im rechten Winkel zur Vorzugsrichtung des Filters schwingt, wird aber fast vollständig unterdrückt, und damit eignet sich ein Polfilter dazu, störende Spiegelungen zu beseitigen. Nur bei Spiegeln selbst funktioniert das nicht, denn die Verspiegelung hinter dem Glas ist ja metallisch.

Ein, zwei oder drei Polfilter
Ein teilverspiegelter Rückschwingspiegel, der das Licht polarisiert. (Quelle: Canon)

Bei einem einfachen, linearen Polfilter ist es so, dass das Licht, das das Filter verlässt, nur noch in der Vorzugsrichtung des Filters schwingt. Solche Filter hatten sich lange Zeit in der Fotografie bewährt, bis die ersten Spiegelreflexkameras mit Autofokus auf den Markt kamen. Der Rückschwingspiegel solcher Kameras ist nicht, wie es früher üblich war, vollständig verspiegelt, um das Licht zur Einstellscheibe und dem Belichtungssensor umzuleiten. Der Spiegel einer AF-SLR ist nur teilverspiegelt; in der Mitte ist er durchsichtig, so dass ein Teil des Lichts hindurch und über einen zweiten Spiegel dahinter zum AF-Sensor im Kameraboden umgeleitet wird. Diese Teilverspiegelung erweist sich nun bei der Verwendung eines Polfilters als Problem, denn die Glasfläche des Spiegels polarisiert das Licht, und je nach der Stellung des Polfilters ändert sich dann die Lichtstärke, die vom Belichtungssensor registriert wird – Fehlbelichtungen sind die Folge.

Aus diesem Grunde kamen damals neben den linearen Polfiltern erstmals auch zirkulare Polfilter auf den Markt. Sie enthalten hinter dem eigentlichen Filter eine Platte, die dem austretenden, linear polarisierten Licht eine zirkulare Polarisiation gibt – die Schwingungsebene dreht sich dann wie ein Korkenzieher. Hinter dem Filter kommen also wieder alle Schwingungsebenen vor, womit keine Probleme mit dem Rückschwingspiegel mehr zu befürchten sind. Bei spiegellosen Systemkameras und Kompaktkameras treten solche Probleme ohnehin nicht auf; für sie sind die – preisgünstigeren – linearen Polfilter ebenso gut geeignet. Ob ein Filter vom linearen oder zirkularen Typ ist, kann man leicht herausfinden, wenn man es vor ein Auge hält und dann dreht. Bei einem linearen Filter tritt der polarisierende Effekt immer auf, egal ob man durch die Rückseite oder die Vorderseite des Filters schaut. Zirkulare Polfilter wirken dagegen nur in einer Richtung; schaut man durch ihre Vorderseite, macht eine Drehung des Filters keinen Unterschied.

Schraubt man nun zwei lineare Polfilter hintereinander und dreht sie so, dass ihre Vorzugsrichtung gleich ist, wirken sie prinzipiell wie ein einziges Filter – sie schlucken nur noch mehr Licht, also etwa vier Blendenstufen. Verdreht man aber eines der Filter, unterdrückt das hintere Filter einige Winkel der Schwingungsebene, die das erste Filter noch durchgelassen hatte, so dass noch weniger Licht hindurch dringt, und wenn die Vorzugsrichtungen beider Filter um 90 Grad verdreht sind, wird es im Sucher vollständig dunkel. Zwei Polfilter wirken also als ND-Filter mit variabler Dichte, die man durch Verdrehen eines der Filter einstellen kann.

Es  liegt auf der Hand, dass das vordere Filter eines variablen ND-Filters kein zirkulares Polfilter sein darf, denn dann hätte das hintere Polfilter keine Wirkung mehr – abgesehen davon, dass es unabhängig von der Stellung der Filter rund zwei Blendenstufen schluckt. Das hintere Filter sollte hingegen ein zirkulares Polfilter sein, damit sich das variable ND-Filter auch für AF-SLRs eignet.

Und damit ist auch klar, weshalb ein variables ND-Filter vor einem Polfilter dessen Wirkung zunichte macht: Das Licht, das aus dem ND-Filter kommt, ist zirkular polarisiert, es kommen darin also alle Schwingungsebenen vor. Ein Polfilter dahinter kann daher nicht mehr zwischen polarisiertem und unpolarisiertem Licht unterscheiden. Nur noch das vordere Polfilter des variablen ND-Filters könnte noch eine reflexmindernde Wirkung haben, aber dafür muss das hintere Filter in die gleiche Vorzugsrichtung gedreht werden, womit das ND-Filter seine Variabilität verliert.

Wer wirklich ein variables ND-Filter mit einem einfachen Polfilter zur Reflexunterdrückung kombinieren will, muss das Polfilter nicht hinter, sondern vor das ND-Filter schrauben, und dieses Polfilter muss vom zirkularen Typ sein. Bei dieser Anordnung kann man das Polfilter drehen, um die beste Reflexminderung zu erreichen, und unabhängig davon die Dichte des variablen ND-Filters einstellen. Ob die Bildqualität nach dem Durchgang des Lichts durch insgesamt drei Polfilter noch zufriedenstellt, ist freilich eine Frage für sich …

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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