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Schräge Modeklassiker

15 Jahre nach dem Tod von Guy Bourdin hat der Phaidon-Verlag einen sehenswerten Band mit Arbeiten des für seine Zeit extremen Fotografen herausgebracht.

Sie fing in den frühen fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts an und dauerte bis in die Mitte der achtziger ? die große Zeit des französischen Modefotografen Guy Bourdin. Gestartet war er als Maler und Zeichner, hatte in der französischen Armee eine Fotografenausbildung absolviert und begab sich nach seinem Wehrdienst auf eine fünfjährige kreative Reise intensiver fotografischer Experimente, ohne aber das Malen und Zeichnen aufzugeben. Seine Arbeiten variieren zunächst zwischen stark dem Modernismus verpflichteten formalen Studien und der damals bereits etablierten „Street Photography“. Am Ende war es jedoch der Surrealismus, der Bourdin prägen sollte. Er ging zum Man Ray in die Lehre und konnte diesen als künstlerischen Mentor gewinnen.
Mitte der fünfziger Jahre wandte er sich mit seinen künstlerisch zwischen den klassischen fotografischen Disziplinen angesiedelten Arbeiten an die Vogue. Dort fand seine unkonventionelle Art Freunde, auch wenn sie nichts mit dem Zeitgeist der konventionellen, schmeichelnden und idealisierenden Modefotografie zu tun hatte. Seine erste beauftragte Serie für das Glamourblatt führte ihn auf den verdreckten Fleischmarkt „Les Halles“, wo er die neuesten Hutkreationen samt den sie schmückenden Modellen zwischen abgekochten Kalbsköpfen, ausgeweideten Kaninchen und anderem an Haken hängendem Frischfleisch drapierte. Trotz empörter Leserbriefe und gekündigter Abonnements leitete diese Aktion eine drei Jahrzehnte dauernde enge Zusammenarbeit mit der Vogue ein. Auch wenn seine Arbeiten nicht immer so sehr gegen die Sehgewohnheiten der Leserschaft rebellierten, ersann er doch stets neue Mittel das Seichte mit Make-up, Kleidung, Locations oder Accessoires zu unterlaufen. Ich mit dem Willen, die Sehnsüchte des Betrachters zu wecken, indem man Produkte gleichzeitig in verführerische Inszenierungen und ein beunruhigendes Ambiente eintaucht.
15 Jahre ist es jetzt her, dass Guy Bourdin gestorben ist. Zu diesem Anlass hat der Phaidon-Verlag einen sehenswerten Band mit Arbeiten des für seine Zeit extremen Fotografen herausgebracht. Obwohl die Bilder Mode zeigen, also eigentlich auf einen zeitlich eng begrenzten Rahmen verweisen, wirken die meisten Aufnahmen auch heute noch wohltuend frisch und haben nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt.
Guy Bourdin
Alison M. Gingeras
Gebundene Ausgabe, 128 Seiten
Phaidon-Verlag, 1. Auflage (Oktober 2006)
EUR 24,95
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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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