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Photoshop: Quo vadis 3D? Es war einmal … Und zwei kleine Wünsche

In Photoshop CS3 (ja, das ist tatsächlich schon 14 Jahre her!) führte Adobe in der Extended-Variante des Programms erstmals echte 3D-Funktionen ein. Bis zu Photoshop CC wurden diese ständig (wenn auch langsam) verbessert und weiterentwickelt. Filter wie »Beleuchtungseffekte« und das Bearbeiten von Kugelpanoramen bauten auf diesen 3D-Funktionen auf. Wie geht es damit wohl weiter („Quo vadis?“)?

Photoshop: Quo vadis 3D? Es war einmal … Und zwei kleine Wünsche
Ein Bild, das ich mal als Test mit den 3D-Funktionen in Photoshop CS6 gemacht hatte. Das beschreibt die aktuelle Situation der 3D-Funktionen in Photoshop ziemlich gut. 😉 Bild: Olaf Giermann

Photoshop und 3D: Bisher

Zu Anfang hatte ich selbst diese 3D-Funktionen noch belächelt. Der Umgang mit den 3D-Objekten war hakelig, die Renderzeiten extrem lang. Aber das Ganze hatte sich dann bis zu den ersten CC-Versionen doch ziemlich gemausert – man konnte sogar die UVs neu berechnen und Texturen sowohl in 2D als auch 3D bemalen. Selbst Videos inklusive Kamerafahrten und 3D-Objekt-Animationen waren prinzipiell möglich. Und in keiner anderen Software war beispielsweise das Erzeugen von 3D-Text – inklusive Texturierung und Beleuchtung so einfach wie in Photoshop. Obwohl ich mich in einigen 3D-Progammen mittelprächtig auskenne, hätte ich für Textextrusionen doch immer der Einfachheit halber immer auf Photoshop zurückgegriffen. So erzeugte ich beispielsweise auch den 15-Jahre-Zusatz für unser entsprechendes Jubiläumsheft.

Photoshop: Quo vadis 3D? Es war einmal … Und zwei kleine Wünsche
Mit Heft 80 feierte DOCMA sein 15-jähriges Bestehen. Für solche Textextrusionen waren die 3D-Funktionen von Photoshop toll! Bild: Olaf Giermann

Alles in allem hatte man mit wenigen Mausklicks und ein paar Schieberegler-Bewegungen teilweise beeindruckende grafische Effekte schaffen können.

Photoshop: Quo vadis 3D? Es war einmal … Und zwei kleine Wünsche
Selbst recht komplexe Extrusionen wie diese waren in Photoshop recht einfach. Für dasselbe braucht man in vielen 3D-Programmen schon etwas Hintergrundwissen, statt nur an einigen Reglern zu ziehen. Bild: Olaf Giermann
Eingefügte 3D-Objekte konnte man in Photoshop auch beleuchten und durch die Umgebung färben und Schatten werfen lassen. Wirklich fotorealistisch war das nicht unbedingt, aber doch sehr gut. Bild: Olaf Giermann

Photoshop und 3D: Und nu’?

Hatte? Warum schreibt der Giermann oben überall in der Vergangenheitsform, fragen Sie sich vielleicht. Wenn wir uns mal die Entwicklung von Photoshops 3D-Funktionen der letzten Jahre anschauen, dann ist diese vor allem dadurch gekennzeichnet, dass in jeder neuen Version neue Bugs hinzukamen, die nur selten gefixt wurden. Die letzte größte Änderung erfolgte Monate nach dem Kauf der 3D-Material-Spezialisten Allegorithmic (meine damalige Einschätzung dazu: Überraschung: Adobe kauft Allegorithmic | Blog | DOCMA Magazin) … Adobe änderte das Materialmodell in den 3D-Funktionen auf das physikalisch basierte Modell, wie es in den meisten Game-Engines verwendet wird. Alte Bugs blieben.

Die Folge: In den aktuell verfügbaren Versionen Photoshop 2020 und 2021 sind die 3D-Funktionen sowohl auf dem Mac als auch auf dem PC nicht mehr wirklich benutzbar. 🙁 Früher oder später stößt man auf Anzeigefehler, einen Programmfehler, UV-Überlagerungen funktionieren nicht mehr, man kann das 3D-Modell nicht mehr sehen oder drehen, alles verlangsamt sich ganz massiv oder … Photoshop stürzt ab.

All das deutet darauf hin, dass Adobe kein Interesse mehr daran hat, die 3D-Funktionen weiter zu pflegen oder gar auszubauen. Ich würde jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt niemandem mehr raten, sich intensiv mit 3D in Photoshop auseinanderzusetzen und Weiterbildungszeit daran zu verschwenden. Die Zukunft liegt wahrscheinlich sowieso ganz woanders, wie Christoph Künne, Michael Hußmann und ich in kommenden Heft (Ausgabe 98) beschreiben werden.

Photoshop und 3D: Alternativen

Tatsächlich würde ich den 3D-Funktionen von Photoshop nur eine ganz kleine Träne nachweinen. Wahrscheinlich wird hier Adobe Dimension in die Fußstapfen von Photoshop treten – das jetzt schon grafikkartenbeschleunigtes („Echtzeit“)-Rendern beinhaltet. Wer „nur“ ein Foto-Abo (was das alles wirklich beinhaltet, erfahren Sie in meinem großen Adobe Creative Clouds-Workflows-Workshop) hat, würde in Sachen 3D also auf dem Trockenen sitzen. Aber die kostenlose 3D-Software Blender wird nicht nur immer mächtiger, sondern tatsächlich auch benutzerfreundlicher – und das dank großer Geldgeber wie Epic Games (mehr Infos; Englisch) in beinahe schon rasender Geschwindigkeit.

Photoshop und 3D: Meine Wünsche an Adobe

Anstatt also den Funktionsverlust zu betrauern, würde ich mir wünschen, dass sich Adobe im Hinblick auf Photoshop wieder auf dessen Stärken besinnt, also auf Fotobearbeitung, Fotomontagen sowie Illustrationen per Pinsel, etwas Vektor sowie (extern gerendertem) 3D-Material. Denn wer auch aktuelle Video- oder 3D-Software im Einsatz hat, wie beispielsweise After Effects, Davinci Resolve, Modo, Blender, Cinema 4D …, der kommt sich in Photoshop oft wie ein Jahrhundert zurückgesetzt vor. Die altbackenen Interfaces für Farbkorrekturen sind beispielsweise lächerlich im Vergleich zu den gezielten und schnellen Möglichkeiten von DaVinci Resolve oder dem 3D-Lut-Creator. Bei letzterem sieht man beispielsweise auch alle vorgenommenen Änderungen (per Wheels, Netzen oder Kurven) auf einen Blick, während man sich in Photoshop bei »Selektive Farbkorrektur« und »Farbton/Sättigung« durch lahme Dropdownmenüs kämpfen muss, um die durchgeführte Korrektur eines Farbbereichs zu finden.

Die Color-Grading-Werkzeuge der Videosoftware Davinci Resolve sind denen von Photoshop Jahrzehnte voraus. Das ist komisch, denn Adobe bietet in After Effects und Premiere selbst auch schon bessere Tools an.

Das wäre also mein erster Wunsch: Moderne Tools. Und damit meine ich keine lustigen KI-Spielereien, sondern Dinge, die man sowohl als Einsteiger aber vor allem auch als Profi ständig braucht und nutzt – 24/7.

Mein zweiter Wunsch wäre, dass Adobe es einfacher macht, die Render-Ergebnisse (verschiedene Passes, Varianten, Render-Channels …) von 3D-Software einfacher zu kombinieren und zu optimieren. Praktisch wäre ein Ladedialog, indem man die Renderdateien in der richtigen Reihenfolge und im richtigen Verrechnungsmodus importieren kann, während Alphakanäle sich gleich als Masken oder Kanäle einsetzen lassen. Dabei kann auch gerne KI helfen, falls die Dateien nach keinem gängigen Namensschema benannt sind. Außerdem wäre es doch toll, wenn man – wie übrigens in Affinity Photo schon möglich (mehr dazu zeige ich auch in DOCMA98!) – auf mehreren Ebenen gleichzeitig stempeln könnte. DAs würde nicht nur 3D-Artists helfen, sondern auch Fotografen, die aufwendig Bilder stacken, bei denen vielleicht ein kleinerer Fehler in allen Fotos der Serie auftaucht.

Photoshop sollte auch das Compositing von 3D-Elementen vereinfachen. Das Model wurde hier mit Set.a.light 3D gerendert, der Hintergrund aus einem Echtzeitrender aus dem „Spiel“ FlowScape eingefügt. Der Compositing-Workflow mit Smartobjekten und Smartfiltern ist zwar flexibel und funktioniert auch auf schwächeren Rechnern, ist aber nicht mehr zeitgemäß. Bild: Olaf Giermann

Das würde alles schon deutlich wertvoller sein, als die aktuelle 3D-Resterampe in Photoshop. Aber nun ja … Dreams are my Reality. 😉

Photoshop sollte beim Texturieren und Optimieren der Texturen helfen. Selbst rendern vermisse ich persönlich nicht. Bild: Olaf Giermann

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

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Olaf Giermann

Olaf Giermann gilt heute mit 20 Jahren Photoshop-Erfahrung sprichwörtlich als das »Photoshop-Lexikon« im deutschsprachigen Raum und teilt sein Wissen in DOCMA, in Video­kursen und in Seminaren.

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2 Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen überfälligen Beitrag. Einige Jahre hatte ich die 3D-Funktion von PS nur sporadisch für Simulation von Schattenwürfen genutzt, um die Schatten bei meinen Montagen korrekt einzeichnen zu können. Das lief einigermaßen.
    Als ich jedoch vor einem Jahr ein UFO in 3D mit PS bauen wollte, habe ich entnervt aufgegeben. Mit Blender ist es mir dann aber sehr gut gelungen. Das einzige Problem war dabei nur die chaotische Benutzeroberfläche. Aber nachdem ich mich dort durchgekämpft hatte, lief es sehr gut.
    Ich habe die Auswahl des 3D-Programms, die Einarbeitung in Blender, die Modellierung des UFOs und den Einbau in eine Fotomontage in einer Beitragsfolge in meinem Blog beschrieben: https://www.w-fotografie.de/fotomontagen-mit-3d-modellierung-1-ps-3d-cinema-4d-sketchup-oder-blender/

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