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Sensorgeflüster: Heiliger Gral gefunden?

Die meisten Bildsensoren sind weniger empfindlich, als sie sein könnten, da die Farbfilter vor den Sensorpixeln 2/3 bis 3/4 des auftreffenden Lichts ungenutzt absorbieren. Ein neues Konzept soll selbst mit extrem kleinen Pixeln bis zu 100 Prozent des Lichts nutzen können. Heiliger Gral gefunden?

Was das Image-Sensors-World-Blog als „Heiligen Gral“ apostrophiert, ist ein Sensor, der (fast) alles auftreffende Licht verwertet. Für einen monochromen Sensor wäre das nichts Besonderes, aber bei einem Farbsensor mit RGB-Farbfiltern wird der größte Teil des Lichts von den roten, grünen und blauen Filtern absorbiert – in den Blaufiltern gehen rund 75 Prozent des Lichts verloren, in den Rot- und Grünfiltern etwas weniger.

Sigmas Foveon-X3-Sensoren vermeiden diesen Nachteil, indem sie Rot, Grün und Blau anhand ihrer unterschiedlichen Eindringtiefe in den Siliziumchip differenzieren, was aber prinzipbedingt mit einem stärkeren Rauschen bei höheren ISO-Werten einher geht. Eine Gruppe von Wissenschaftlern der Stanford University hat nun eine Alternative zu Farbfiltern entwickelt, mit der sich rot-, grün- und blauempfindliche Sensorpixel ohne Lichtverlust realisieren lassen. Tatsächlich werden auf diese Weise nicht nur die klassischen RGB-Farbkanäle erfasst, sondern zusätzlich noch das nahe Infrarot – es handelt sich also um einen RGBIr-Sensor.

Sensorgeflüster: Heiliger Gral gefunden?
Farbfilter vor den Sensorpixeln (links) schlucken den größten Teil des Lichts, während Color Router (rechts) fast alles Licht so umlenken, dass es je nach seiner Wellenlänge auf ein blau-, grün-, rot- beziehungsweise infrarotempfindliches Pixel trifft.

Statt Farbfiltern dienen „Color Router“ vor jedem Sensorpixel dazu, das Licht nach Wellenlängen zu differenzieren. Man kann sich das ungefähr so vorstellen: Jede Zeile des Sensors besteht aus einer Folge von rot-, grün-, blau und infrarotempfindlichen Pixeln. Das Licht wird von einem „Color Router“ ähnlich wie von einem Prisma zu einem Spektrum aufgefächert, so dass unterschiedliche Wellenlängen auf unterschiedliche Pixel treffen. Es spielt also beispielsweise keine Rolle, an welcher Stelle rotes Licht auf den Sensor trifft, denn es wird stets zu einem rotempfindlichen Pixel geleitet. Das funktioniert auch dann noch, wenn die Sensorpixel kleiner als die Wellenlänge des Lichts sind – ideal also für eine weitere Vergrößerung der Megapixelzahl, etwa bei den durchweg recht kleinen Sensoren von Smartphone-Kameramodulen, die auf diese Weise drei bis vier Mal empfindlicher würden.

Sensorgeflüster: Heiliger Gral gefunden?
Heiliger Gral: Die Color Router lenken das Licht je nach Wellenlänge zu einem der vier darunter liegenden Pixeln um.

Und wo liegt der – wie üblich unvermeidliche – Haken? Color Router können die Lichtwellenlänge nur über eine begrenzte Breite auffächern; die Pixel können nicht nur, sondern müssen sehr klein sein, damit dieses Verfahren funktioniert. Die Color Router wirken auch wie ein sehr wirksames Tiefpassfilter, was einerseits bedeutet, dass ein so aufgebauter Sensor Bilder ohne Interpolationsartefakte liefert, aber auch die effektive Auflösung limitiert – die je vier für Blau, Grün, Rot und Infrarot empfindlichen Sensorpixel ergeben letztlich nur ein RGB-Bildpixel. Da die vier Pixel alle in derselben Zeile liegen, ist die horizontale Auflösung (auf ein Viertel) reduziert, während die vertikale Auflösung ungeschmälert bleibt. Ein herkömmlicher Sensor mit derselben effektiven Auflösung könnte größere Pixel haben, womit der Vorteil der Color Router weitgehend zunichte würde.

Es ist daher nicht anzunehmen, dass wir bald Kameras mit einem solchen Sensor sehen werden; die Suche nach dem Heiligen Gral geht also weiter.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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