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CEOs – Neue Heldensagen

Die Posse um Sam Altman machte noch einmal deutlich, was für einen seltsamen Status die CEOs mancher Technologieunternehmen in der Öffentlichkeit genießen. Aber nicht alle Firmenchefs werden so idolisiert wie Elon Musk, Sam Altman und früher Steve Jobs.

Steve Jobs ist schon seit 12 Jahren tot, aber noch immer kritisieren manche die aktuelle Unternehmenspolitik von Apple damit, dass so etwas unter Steve Jobs nicht passiert wäre. Dass auch Jobs während seiner Karriere bei Apple, später NeXT und schließlich wieder Apple etliche Fehlentscheidungen zu verantworten hatte, wird ausgeblendet.

CEOs wie Steve Jobs damals und Elon Musk oder Sam Altman heute haben den Status von Popstars, und wie diese finden sie Scharen von Fanboys, die ihnen zur Seite springen, wann immer in den sozialen Medien jemand Kritik an den Idolen äußert. Seltsam dabei ist, dass die Firmenchefs vielen fälschlich als herausragende Fachleute der Technologien gelten, mit denen sie Geschäfte machen. Steve Jobs beispielsweise war ein leidlich talentierter Bastler, aber das Elektronikgenie unter den Apple-Gründern war sein Kumpel Steve Wozniak, dessen Werk Jobs auch schon mal als sein Eigenes ausgab, um einen Auftrag von Atari zu akquirieren – bei dem der gutmütige Wozniak dann erneut aushelfen musste.

Ein Studienabbrecher wie Steve Jobs ist auch der (ehemalige und nun schon wieder) OpenAI-CEO Sam Altman, der sein Informatikstudium nach nur einem Jahr schmiss, mit 19 seine erste Firma gründete, sich zu deren CEO erklärte und sein eigentliches Talent im Einwerben von Wagniskapital entdeckte. Altman ist ein geschickter Verkäufer, kein Technologiepapst; der KI-Experte von OpenAI ist dessen Chief Scientist Ilya Sutskever.

Elon Musk hat sein Studium immerhin mit einem Bachelor-Abschluss beendet. Seine Karriere begann mit dem Zahlungsdienst X.com, der dann mit Confinity/PayPal fusionierte. Seinen damaligen CEO-Posten verlor Musk schon ein halbes Jahr nach der Fusion (er wurde durch Peter Thiel ersetzt), aber mit dem Geld, das er durch den Verkauf von PayPal an eBay verdiente, konnte er das Raumfahrtunternehmen SpaceX gründen und sich an Tesla beteiligen. Der Erfolg von SpaceX verdankt sich vor allem der Tatsache, dass das Unternehmen von der erfahrenen Ingenieurin Gwynne Shotwell als Vizepräsidentin und seit 2008 als Präsidentin geführt wird. Die breite Öffentlichkeit nimmt zwar vor allem den Lautsprecher Elon Musk wahr, aber mit der tatsächlichen Unternehmensführung hat er weniger zu tun. Es war auch Shotwell, die für SpaceX lukrative Regierungsaufträge akquirierte – ohne das Geld der NASA wären die Entwicklung von Dragon und Starship niemals möglich gewesen.

Andere CEOs haben nie eine vergleichbare Heldenverehrung erfahren. Über Mark Zuckerberg (Meta) und Jeff Bezos (Amazon, Blue Origin) wird öfter gespottet, und auch Bill Gates (Microsoft) erreichte bei all seinem wirtschaftlichen Erfolg nie den Status eines Steve Jobs.

Vermutlich brauchen erfolgreiche Technologieunternehmen Gurus wie Jobs, Musk und Altman, die mit ihrer Showmanship sowohl Finanziers als auch die allgemeine Öffentlichkeit für ihre Projekte gewinnen können, und deshalb konnte auch OpenAI letztendlich nicht auf Sam Altman verzichten. Aber diese Menschenfänger sind keine Experten und ihre Aussagen sollten daher mit der nötigen Skepsis betrachtet werden. Wenn Sam Altman vor einer KI warnt, die die Menschen unterjochen könnte (aber gleichzeitig für die Projekte seines Unternehmens alle Freiheiten fordert), oder Elon Musk von der Besiedelung des Mars träumt, darf man nicht vergessen, dass sie gar nicht so viel von Künstlicher Intelligenz beziehungsweise Raumfahrt verstehen, wie ihnen oft unterstellt wird.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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