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Malen mit Pixeln: Topaz Labs „Impression“

Malen mit Pixeln
Die – individuell abgewandelte – Vorgabe für diesen Effekt heißt im „Impression“-Plug-in von Topaz Labs „da Vinci Sketch“. Leonardo hätte das zwar sicherlich bei weitem nicht so schnell hingekriegt, ein eigenes Werk aber trotzdem gewiss diesem Malen mit Pixeln vorgezogen.

 

Man kann am Monitor mit speziellen Programmen wie Painter, ArtRage oder Rebelle malen (oder Fotos malerisch clonen). Auch mit Photoshops Werkzeugen lassen sich aus Bildvorlagen ansehnliche Digitalgemälde fabrizieren. Oder man greift zu Plug-ins und lässt die, orientiert an nachjustierbaren Presets, selbstständig das Malen mit Pixeln erledigen. Doc Baumann stellt Ihnen aus dieser Kategorie das Plug-in „Impression“ von Topaz Labs vor.

 

Beginnen wir mit zwei kritischen Anmerkungen, die alle Software mit dieser Funktionalität betrifft:

Erstens: Die von den Herstellern gern hervorgekehrte Zugehörigkeit ihrer Produkte zum Bereich der Kunst ist Etikettenschwindel. Träfe diese Wertung zu, würde das im Umkehrschluss bedeuten, dass alles, was mit traditionellen künstlerischen Werkzeugen hergestellt wird, Kunst sei. Ein künstlerisches Werkzeug trägt diesen Namen allerdings deshalb, weil Künstler sich mitunter seiner bedienen – nicht weil sein Gebrauch zwangsläufig Kunstwerke ergibt.

Es ist allerdings umgekehrt keineswegs ausgeschlossen, dass etwas digital Gemaltes (manuell, um es mal so zu nennen, also mit Maus oder besser noch Grafiktablett – oder auch wie in diesem Falle weitgehend automatisiert) als Kunst wahrgenommen, gewertet und geschätzt wird. Aber dann wird der Benutzer in der Regel nicht einfach nur auf ein paar Buttons geklickt haben, sondern zum einen eine geeignete Vorlage zugrunde gelegt und zum anderen das Werkzeug gezielt genutzt haben.

Malen mit Öl- oder Acrylfarben ist also ebenso wenig ein Garant dafür, dass am Ende „Kunst“ herauskommt, wie Malen mit Pixeln notwendig eben dieses verhindert.

Korrigieren wir also stillschweigend für uns selbst, wenn wir derlei benutzen: Es handelt sich um malerische oder zeichnerische Werkzeuge, um nicht mehr und nicht weniger. Die sind nicht schlechter (aber oft besser) als die traditionellen. Ob bei ihrem Einsatz freilich Kunst herauskommt, ist eine völlig andere Frage. (Obwohl sich ja heutzutage gern jeder, der weiß, wie man Photoshop startet, ein paar Filter anwendet und die Sättigung hochdreht, auf seiner unvermeidlichen Webseite der Welt als Digital Artist anpreist.)


Malen mit Pixeln: Große Namen


Zweitens: Seit Software dazu in der Lage ist, Bildvorlagen in etwas zu verwandeln, das – zumindest auf den ersten Blick – an etwas erinnert, das mit künstlerischen Werkzeugen produziert wurde, lieben es die Hersteller, Ihre Plug-ins oder Presets nach berühmten Malern zu benennen. Oder wenigstens nach traditionellen Werkzeugen. Das begann bereits vor Jahrzehnten, als Aldus noch nicht mit Adobe fusioniert worden war und bereits 1991 die Plug-in-Sammlung „Gallery Effects“ herausbrachte, die noch heute als „Kunst-“ (natürlich!), „Mal-“ oder „Zeichenfilter“ in Photoshop steckt, und deren Module Namen wie „Aquarell“ oder „Fresko“ tragen.

Jeder, der jemals ein wirkliches Aquarell oder Fresko gesehen hat, weiß selbstverständlich, dass das Berechnungsergebnis dieser Plug-ins meilenweit vom dem entfernt ist, was ihr Name verheißt.

 

Übrigens trifft Ähnliches auch auf Bilder zu, die per künstlicher Intelligenz und neuronalen Netzen generiert wurden. Der gern postulierte Anspruch, den „Stil“ von XYZ auf eine Fotovorlage zu übertragen, ist maßlos übertrieben. Alles, was dabei passiert – zumindest bislang, das kann sich durchaus ändern – ist, dass Muster erkannt und übertragen werden. Vincent van Gogh eignet sich deswegen so gut als Namensgeber, weil sein malerischer Stil leicht als Muster identifizierbar ist. Aber wenden Sie mal einen „Mondrian“ auf ein Porträt an …

Malen mit Pixeln
Dieser „Impression“-Effekt geht von derselben Basis aus, auf der auch Photoshops „Ölfarben“-Filter aufbaut.

 


Malen mit Pixeln: Topaz Impression


Leider ist auch Topaz auf diesen Zug aufgesprungen, so dass wir bei den Presets von Impression die ganze Mannschaft berühmter Malklassiker finden: Leonardo da Vinci, Rembrandt, Turner, Monet, van Gogh, Hopper … finden. Das mag zur allergröbsten Orientierung hilfreich sein, ist aber letztlich, betrachtet man die Ergebnisse, nur peinlich.

Nach all diesen Vorbemerkungen könnte man meinen, ich stünde solcher Software im Allgemeinen und Impression im Besonderen ablehnend gegenüber. Das ist aber keineswegs der Fall. Ich meine lediglich, dass Ihr Anspruch als Kunstgeneratoren völlig übertrieben ist und dass die Namensgebungen fürs Malen mit Pixeln nicht angemessen sind.

 

Die Ergebnisse hingegen können durchaus beeindruckend sein. Und da die Software sie in Sekundenschnelle erzeugt und Änderungen der Parameter sofort in der Vorschau anzeigt, gelangt man recht schnell zu den gewünschten Resultaten.

Das, was dabei herauskommt, ist meistens um Größenordnungen überzeugender als das, was zahllose Hobby-Maler mit ihren traditionellen Malwerkzeugen auf die Leinwand bringen. Lieber eine Stunde lang die Parameter-Kombinationen von „Impressionist“ am Monitor verfolgen, als die Weihnachtsaustellung einer „Künstler-Vereinigung“ zu erleiden!

Mit „Impressionist“ kann man es sich beim Malen mit Pixeln leicht machen, einfach in der linken Leiste auf die Mini-Vorschau einer Impression-Vorgabe klicken, nach Anzeige des Effekts im großen Preview-Feld begeistert „Heureka!“ rufen und auf den OK-Button hauen. Oder man ist etwas anspruchsvoller und wendet sich auf der rechten Seite der Oberfläche den vielfältig ausklappbaren Sammlungen von Reglern zu und tüftelt die Kombination aus, die den eigenen Vorstellungen entspricht. Hier stehen zur Verfügung: Stroke, Color, Lighting und Texture, und unter jedem finden sich zahlreiche Schieberegler und Vorgaben. Sind Sie mit einem Ergebnis besonders zufrieden und können sich vorstellen, es für ein weiteres Malen mit Pixeln auch auf andere Bildvorlagen zu überragen, sichern Sie den Effekt unter eigenem Namen und rufen Sie ihn nach Bedarf wieder auf.

Malen mit Pixeln
Ein kleiner Ausschnitt der Regler-Vielfalt, hier zur Beeinflussung des Pixel-Verhaltens

 

Zum Schluss möchten Sie sicherlich gern noch erfahren, was „Impression“ kostet. Ich würde es auch gern wissen, habe es aber auf der Website von Topaz Labs nicht ohne weiteres herausfinden können. Dort steht zwar im Shop, dass es „in Studio“ 99,99 $ kostet und dass das komplette Pro-Studio mit allen Effekten für 227,50 $ zu erwerben ist. Aber was das nun ganz genau unterm Strich bedeutet, weiß ich leider auch nicht.

 

Malen mit Pixeln
Eine zwar durchaus reizvolle, im Bereich der Augen so aber unbefriedigende Umsetzung. Aber es wird ja niemand gezwungen, hier aufzuhören und das als Endergebnis zu präsentieren.

 

Malen mit Pixeln
Eine Möglichkeit, nicht zuriedenstellende Ergebnisse zu verbessern, besteht darin, direkt in „Impressionist“ das Bild zu duplizieren, einen weiteren Effekt doer eine variierte Effektparameter-Kombination darauf anzuwenden und dann mit einer Maske zu arbeiten. Hier wurde das Bild zunächst mit einem groben „Impasto“-Pinsel gefiltert, danach das Duplikat mit einem feineren, und die zweite Version per Maske im Bereich von Gesicht und Händen freigelegt.

 

Malen mit Pixeln
So sieht die hier – stark auf die Minimalausdehnung zusammengeschobene – Benutzeroberfläche aus. Links die Miniaturen der Maleffekte, rechts einige Parameter-Schieberegler, in der Mitte das (hier gesplittete) Vorschaufenster. Zusätzlich gibt es zahlreiche weitere Icons für spezielle Eingriffe

 

Malen mit Pixeln
Zum Schluss: Das ist das – bearbeitete – Foto, das den Malumwandlungen zugrund lag und das ich vor etlichen Jahren aufgenommen habe. Falls Ihnen das Motiv irgendwie vertraut vorkommt: JA, das Bild entstand auf der Basis eines Gemäldes des Präraffaeliten Dante Gabriel Rossetti: Proserpina.

 

 

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Doc Baumann

Doc Baumann befasst sich vor allem mit Montagen (und ihrer Kritik) sowie mit der Entlarvung von Bildfälschungen, außerdem mit digitalen grafischen und malerischen Arbeitstechniken. Der in den Medien immer wieder als „Photoshop-Papst“ Titulierte widmet sich seit 1984 der digitalen Bildbearbeitung und schreibt seit 1988 darüber.

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