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DDR-Objektive im Jahr 1971: Objektiv-Talk I

Große Ereignisse der Kameraindustrie sind gut datiert und dokumentiert. Für DDR-Objektive ermöglichen solche Jahreszahlen oft eine zuverlässige Einschätzung des Alters. Mitunter finden sich Objektive, deren Bauform eindeutig einen Produktionszeitraum kennzeichnet. Doch ihre Seriennummern passen nicht immer in bekannte Zahlenmuster und erschweren eine zuverlässige Identifikation.

Carl Zeiss Jena

Bei Zeiss Objektiven sorgen kryptische Typbezeichnungen und Abkürzungen manchmal für Verwirrung. Grund ist der Rechtsstreit „Zeiss gegen Zeiss“. Er zog sich über 16 Jahre zwischen Zeiss West und Ost. Es ging um Namensrechte und Millionen aus dem Vermögen der Zeiss Stiftung, die ihren Sitz nach Ende des Zweiten Weltkriegs in der BRD hatte. Letztlich verlor der VEB Carl Zeiss Jena den Rechtsstreit. Seit 1971 durfte der Hersteller seine DDR-Objektive in über 60 westlichen Ländern nicht mehr unter dem Namen Zeiss verkaufen. Daher finden sich Optiken, die mit „Jena“ oder „aus Jena DDR“ und kryptischen Kürzeln gelabelt sind.

Die klassischen Namen der DDR-Objektive wurden ebenfalls abgekürzt, zum Beispiel T für Tessar oder S für Sonnar. Um solche Objektive ranken sich wiederum Mythen, die diesen Exportmodellen eine bessere Verarbeitungsqualität zuschreiben möchten. Als halbwegs sicher kann gelten, dass diese Optiken nach Prozessende produziert wurden. Wahrscheinlich ist aber auch, dass vorhandene Bestände für den Export durch Austausch des Frontrings mit neuer Typenbezeichnung umgelabelt wurden.

Zeiss Tessar
Das „T 2.8/50 aus Jena DDR“ ist ein Zeiss Tessar für den Export.

Meyer-Görlitz und Pentacon

Das Kombinat VEB Pentacon entstand 1964 durch eine Großfusion verschiedener volkseigener Betriebe, der Name aus den Worten Pentagon, beziehungsweise dem in Dresden entwickelten Pentaprisma, und Contax. Zeiss Jena blieb als elitäre DDR-Marke weiterhin eigenständig. Das von Hugo Meyer in Görlitz 1896 gegründete Werk wurde bereits 1946 in VEB Optisch-Feinmechanische Werke Görlitz umbenannt und 1968 schließlich dem VEB Penatcon einverleibt. 1971 verschwanden die klangvollen Namen der DDR-Objektive wie Lydith, Oreston, oder Orestor. Auch diese Objektive aus Görlitz hießen fortan Pentacon und wurden nur noch über Brennweite und Blendenöffnung unterschieden. 

Dem 100er Trioplan blieb eine Namensänderung erspart, seine Produktion war bereits 1967 eingestellt worden. Der Nachfolger des Trioplan 50/2.9 wurde 1963 als Domiplan 50/2.8 präsentiert. Warum dieser 1971 in „domiplan automatic lens“ umbenannt wurde, statt sich dem Pentacon-Schema anzupassen, erschließt sich nicht.

DDR-Objektive im Jahr 1971
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Bernd Kieckhöfel

Bernd Kieckhöfel hat einige Jahre für eine lokale Zeitung gearbeitet und eine Reihe von Fachartikeln zur Mitarbeiterführung veröffentlicht. Seit 2014 schreibt er für Fotoespresso, DOCMA, FotoMagazin sowie c't Digitale Fotografie.

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