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Bitte alle einsteigen!

Fuji stellt die X-M5, das XF 500 mm f/5.6 R LM OIS WR und das XF 16–55 mm f/2.8 R LM WR II vor

Das längst totgesagte Segment der Einsteiger-Systemkameras wird von Fuji wiederbelebt. Michael J. Hußmann konnte nicht nur mit der neuen X-M5, sondern auch mit den gleichzeitig vorgestellten Objektiven XF 16–55 mm f/2.8 R LM WR II und XF 500 mm f/5.6 R LM OIS WR bereits Erfahrungen sammeln.

Die Entscheidung für ein Kamerasystem kann langfristig erhebliche Geldausgaben nach sich ziehen, wenn man im Laufe der Zeit immer neue Objektive und gelegentlich auch ein neues Gehäuse kauft. Das verteilt sich über etliche Jahre und tut daher nicht weh, aber der Einstieg in das System sollte idealerweise auch finanziell niedrigschwellig sein. Deshalb gab es früher in jedem System erschwingliche Kameras, die man meist zusammen mit einem preisgünstigen Standardzoom kaufte, wenn man mehr Qualität und mehr fotografische Möglichkeiten suchte, als sie die vorhandene Kompaktkamera bot.

In den letzten Jahren sind solche Kameras aus den Portfolios der Systemhersteller weitgehend verschwunden. Den Grund dafür konnte man aus den CIPA-Zahlen über die Marktentwicklung ablesen: Der Kameramarkt hat sich zwar zuletzt wieder stabilisiert und scheint sich sogar leicht zu erholen, aber dieser positive Trend zeigt sich vor allem bei den Verkaufszahlen nach Umsatz, nicht bei den abgesetzten Stückzahlen. Nach dem langjährigen Niedergang werden nicht wieder mehr Kameras verkauft, aber deren Wert steigt.

Es gab also zuletzt einen wirtschaftlich interessanten Markt für Modelle der Mittel- und Oberklasse zu Preisen von deutlich über 1000 Euro aufwärts, während es die einst beliebten Einsteigermodelle schwer hatten. Es fehlte der Anreiz, überhaupt zu einem Kamerasystem zu wechseln, und der niedrige Preis allein reizte nicht. Anders als die Kompaktkameras von einst lieferten die ohnehin vorhandenen Smartphones mit ihren Kameramodulen und der dahinter stehenden, meist KI-basierten Bildverarbeitung bereits fast alles, das sich viele Amateurfotografen (und teilweise sogar professionelle Fotografen) wünschten.

Wie klein kann eine Systemkamera sein? Hier ist links die neue X-M5 mit ihrem Kit-Zoom zu sehen, Rücken an Rücken mit meiner X70 von 2016, einer Kompaktkamera mit APS-C-Sensor (rechts). Allein das vorgegebene Auflagemaß und der Schlitzverschluss verhindern, dass die Systemkamera auch die geringe Bautiefe der Kompaktkamera (mit Zentralverschluss im Objektiv) erreicht.

Deshalb lässt es aufhorchen, wenn Fuji nun mit der X-M5 erneut ein Einsteigermodell herausbringt. Das letzte Modell dieser Reihe kam vor 11 Jahren auf den Markt, und auch die Kameras der besonders preisgünstigen X-A-Reihe sind schon seit zweieinhalb Jahren nicht mehr verfügbar.

Die X-M5 teilt viele Komponenten und Eigenschaften mit der X-S20 für rund 1400 Euro, wird nun aber im November 2024 für rund 900 Euro eingeführt; für 100 Euro mehr gibt es das Standardzoom XC 15–45 mm F3.5–5.6 OIS PZ dazu, das ebenso wie das Gehäuse in Silber oder Schwarz angeboten wird. Auf was muss man zugunsten des 500 Euro niedrigeren Preises verzichten? Und bringt die X-M5 vielleicht sogar Neuerungen, die andere aktuelle Fuji-X-Modelle noch nicht bieten?

Das Display der X-M5 (links) kann zur Seite geklappt und gedreht werden – ideal für Vlogger. Die stärker fotozentrische X70 von 2016 hat dagegen ein kippbares Display (rechts).

Auffällig sind zunächst die geringen Abmessungen von 111,9 mm × 66,6 mm × 38 mm und das niedrige Gewicht – 355 Gramm inklusive Akku und Speicherkarte. Das entspricht fast den Werten der APS-C-Kompaktkamera X70, der vor acht Jahren nur eine kurze Zeit am Markt beschieden war; nach einem Nachfolger wird dennoch bis heute immer wieder gefragt. Die X-M5 ähnelt ihr in mancher Hinsicht; so hat sie wie die X70 keinen Sucher. Was 2016 aber noch auf Kritik stieß, ist für die Generationen Y und Z vermutlich gar kein Thema mehr – die Smartphonefotografie, die ja ebenfalls keinen Sucher kennt, hat längst die fotografischen Gewohnheiten und Erwartungen geprägt. Langgediente Fotografen mag es befremden, aber heutzutage muss man auf Fragen gefasst sein, was ein Sucher überhaupt sei und wozu er gut wäre. Die rund eine Million Bildpunkte des 3-Zoll-Touchdisplays werden viele als ausreichend ansehen, auch wenn man sich ein noch helleres Bild wünschen würde, das auch im Sonnenlicht gut erkennbar bleibt.

Neben einer UHS-I-Speicherkarte ist Platz für einen Akku
des Typs NP-W126S.

Ähnlich der X-S20 nutzt die X-M5 einen älteren 26-Megapixel-Sensor der vierten X-Trans-Generation, während der X-Prozessor 5 derselbe ist, der auch in den aktuellen Topmodellen mit 40 Megapixeln steckt. Die energiesparenden Eigenschaften dieses Prozessors sind dafür verantwortlich, dass die Kamera mit einer Akkuladung länger als frühere Modelle läuft, obwohl das Gehäuse nur Platz für den kleineren Akkutyp NP-W126S bietet; nach CIPA-Standard werden 440 Aufnahmen im Economy-Modus und 330 im Normalmodus erreicht. Der Speicherkartensteckplatz direkt neben dem Akkuschacht unterstützt SDXC-Karten nach dem UHS-I-Standard. Montiert man die X-M5 auf ein Stativ, ist der Zugang zu Akku und Karte blockiert, was sich aufgrund der beengten Platzverhältnisse nicht verhindern ließ; man kann die Kamera allerdings auch über ihre USB-C-Schnittstelle mit Strom versorgen.

Beim Blick von oben fallen zunächst die beiden dedizierten Einstellräder auf. Das Filmsimulationsrad links erlaubt es, die Bildanmutung zu ändern; acht Filmsimulationen sind fest vorgegeben, drei weitere Positionen individuell belegbar, und die Position C macht die Auswahl unter allen aktuell 20 Filmsimulationen (und auch künftigen) mit einem Rändelrad möglich. Das vordere Rändelrad kann man übrigens drücken, um zwischen verschiedenen damit einzustellenden Werten wie Blende und ISO-Wert umzuschalten.

Rechts befindet sich ein dediziertes Moduswahlrad mit vier benutzerdefinierten Modi neben P, A, S und M. Zusätzlich zum normalen Videomodus – die X-M5 kann 6,2K-, 4K- und 2K-Video aufzeichnen – gibt es einen Vlog-Modus für Videoblogger. Das in die Selfie-Position nach vorne geklappte Touchdisplay bietet über ein an den Bildrändern aufgereihtes Menü einen schnellen Zugriff auf alle für Videos wichtigen Einstellungen. Ein digitaler Bildstabilisator sorgt für einen ruhigen Bildstand, kann aber nichts gegen Verwacklungsunschärfe ausrichten. Da ein Bildstabilisator in der Kamera fehlt, ist man dazu auf Objektive mit optischem Bildstabilisator angewiesen.

Mit drei integrierten Mikrofonen, hier mit roten Rahmen
hervorgehoben, kann die X-M5 zwischen Schall von
vorne und hinten unterscheiden.
Die Mikrofonbuchse der X-M5

Mit einem angeschlossenen externen Speicher unterstützt die X-M5 auch die Videoformate Apple ProRes und Blackmagic RAW mit 12 Bit; auf Speicherkarten werden 10 Bit gespeichert. Über Frame.io ist eine drahtlose Speicherung in der Cloud möglich.

Ein leicht zu übersehendes Detail sind die drei eingebauten Mikrofone, denn neben den beiden für Stereoton nötigen vorderen Mikrofonen gibt es ein drittes weiter hinten. Im Menü kann man einstellen, ob die Kamera vornehmlich den Ton aus der gefilmten Szene vorne aufzeichnen soll, die Kommentare des Videofilmers hinter der Kamera, oder beides. Zusätzlich zu einem dank des neuen Audioprozessors verbesserten Windfilter gibt es nun ein Filter, das gleichmäßige Hintergrundgeräusche wie die einer Klimaanlage unterdrückt. Damit das Kabel eines optionalen externen Mikrofons nicht das Ausklappen des Displays behindert, hat Fuji die Mikrofonbuchse auf die Rückseite verlegt. Der als Zubehör für die X-H2, X-H2S, X-S20 und GFX100 II bekannte Lüfter, der besonders lange Videoaufnahmen ohne Überhitzung des Sensor erlaubt, lässt sich übrigens auch mit der X-M5 verwenden.

Das lichtstarke Standardzoom XF 16–55 mm F2.8 R LM WR II (links) ist kleiner und deutlich leichter als sein Vorgänger (rechts).

Das gleichzeitig mit der X-M5 vorgestellte verbesserte Standardzoom XF 16–55 mm F2.8 R LM WR II steht zwar in keinem besonderen Zusammenhang mit dieser Kamera – als deren Kit-Zoom bietet Fuji ja das XC 15–45 mm F3.5–5.6 OIS PZ an –, würde aber auch an dieser eine gute Figur machen. Das ab Dezember 2024 für rund 1350 Euro verfügbare Objektiv wurde gegenüber seinem Vorgänger merklich verkleinert. Dessen Abbildungseigenschaften waren untadelig, aber vielen galt es als zu groß und zu schwer. Der Nachfolger ist nun um jeweils rund 37 Prozent kleiner und leichter; es wiegt nur noch 410 Gramm. Die Schrumpfkur gelang ohne Einbußen bei der erzielbaren Bildqualität, wobei chromatische Aberrationen noch stärker korrigiert sind und das Bokeh verbessert wurde. An der Naheinstellgrenze von 30 Zentimetern wird nun ein Abbildungsmaßstab von rund 1:5 erreicht. Die Innenfokussierung mit einem Linearmotor verändert den Bildwinkel kaum, und eine Änderung der Brennweite wirkt sich nicht auf die Schärfe aus. Beide Eigenschaften sprechen vor allem Videofilmer an, für die auch die Option gedacht ist, die Rastung des Blendenrings abzuschalten; damit wird ein stufenloses Auf- und Abblenden möglich.

Das XF 500 mm F5.6 R LM OIS WR, hier mit einer X-H2

Das zweite am Montag vorgestellte neue X-Objektiv kommt einem bekannt vor: Das XF 500 mm F5.6 R LM OIS WR erinnert an das jüngst eingeführte GF 500 mm F5.6 R LM OIS WR für Fujis Mittelformatsystem. Ab November 2024 gibt es nun für rund 3400 Euro eine Variante für das X-System, die sich äußerlich durch den silberweißen Tubus unterscheidet, während der optische Aufbau identisch ist. Die APS-C-Variante fällt mit 1335 Gramm lediglich 40 Gramm leichter als die GFX-Version aus und ist sogar ein paar Millimeter länger – der Strahlengang bis zum Sensor ist derselbe, aber wegen des kürzeren Auflagemaßes des X- gegenüber dem GFX-System muss der Tubus um so länger sein, wie die X-Kameras schlanker sind.

Ohne die hier aufgesetzte Streulichtblende misst das 500-mm-Tele 25,6 Zentimeter, also etwa die Hälfte seiner Brennweite.

Umgerechnet auf das Kleinbildformat entspricht die Brennweite 762 mm, verglichen mit den umgerechnet 396 mm bei der fast baugleichen GFX-Schwester. Das Anwendungsprofil des XF 500 mm ist deshalb trotz der identischen realen Brennweite ein anderes. Wem die rund 15-fache Vergrößerung (gegenüber einem Normalobjektiv) noch nicht reicht, kann die Brennweite mit Fujis 1,4×- und 2×-Telekonvertern auf bis zu 1000 mm verlängern.

Die im Vergleich mit dem Mittelformatobjektiv fast doppelt so starke Vergrößerung dürfte für die minimal geringere Wirksamkeit des optischen Bildstabilisators verantwortlich sein, der um bis zu 5,5 EV längere Belichtungszeiten aus der Hand erlaubt; beim GF 500 mm F5.6 R LM OIS WR sind es 6 EV. So oder so sind mit dem Supertele auch noch Aufnahmen aus der Hand möglich.

Die Naheinstellgrenze ist bei 2,75 Metern erreicht, was einem Abbildungsmaßstab von 1:5 entspricht. Zur weiteren Beschleunigung der Fokussierung mit einem 0,33 Sekunden schnellen Linearmotor lässt sich der Entfernungsbereich auf 5 Meter bis Unendlich beschränken.


Die gut drei Kilometer entfernte Elbphilharmonie wird formatfüllend abgebildet. Aufgrund der gerafften Perspektive erscheinen die Katharinenkirche im Vordergrund, ein Windrad auf der anderen Elbseite und ein Pylon der Köhlbrandbrücke nahe beieinander. (Aufnahme mit Blende 5,6)

Die Bildschärfe beim Blick quer über die Außenalster bis zum Universitätsklinikum Eppendorf (unten ein Ausschnitt) ist nur durch den Dunst an diesem regnerischen Tag begrenzt; der Schriftzug „Universität Hamburg“ rund um das Wappen ist lesbar. (Aufnahme mit Blende 5,6)

Fujis Portfolio von 23 Festbrennweiten für das X-System reicht nun von 8 bis 500 mm. Es gibt nur noch wenige Lücken zu füllen, wie die fehlenden Brennweiten 135 mm (zwischen dem XF 90 mm F2 R LM WR und dem XF 200 mm F2 R LM OIS WR) und 300 mm (zwischen dem XF 200 mm F2 R LM OIS WR und dem neuen XF 500 mm F5.6 R LM OIS WR). In der Zukunft ist aber wohl auch mit weiteren Modernisierungen vorhandener Objektive zu rechnen – der Trend geht wieder zu etwas kleineren und leichteren Konstruktionen.


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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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