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Gipfeltreffen in Dubai: Fujifilm X Summit

Letzten Freitag und Samstag hatte Fujifilm zum Fujifilm X Summit eingeladen, einem neuen Veranstaltungsformat, bei dem es einmal nicht um die Vorstellung neuer Produkte ging, sondern um Hintergrundinformationen über die Zukunftspläne dieses Herstellers. Ich war als Vertreter von DOCMA dabei.

Gipfeltreffen in Dubai: Fujifilm X Summit
Dubai aus 555 Metern Höhe von der Aussichtsplattform des Burj Khalifa aus gesehen, dem derzeit höchsten Gebäude der Welt. (Aufgenommen mit einer Fuji X70)

Fujis Gipfeltreffen war Teil der GPP Photo Week, einer Veranstaltung, deren Format ein wenig an Horizonte Zingst oder den Oberstdorfer Fotogipfel erinnert, nur dass der Austragungsort am Persischen Golf lag, der zu dieser Jahreszeit angenehme Temperaturen um 25°C bietet. Neben Fuji hatten dort auch Canon, DJI, Epson, Sigma, Sony und andere Unternehmen kleine Stände; daneben wurden Workshops angeboten.

Aus dem Fujifilm-Hauptquartier in Tokyo war eine hochkarätige Delegation angereist: Shin Udono (Director), Yukitaka Takeshita (R&D Manager), Masazumi Imai (Product Designer), Jun Watanabe (Product Planner) und Makoto Oishi (Product Planner). Der Fujifilm X Summit am Freitag wurde als Live-Stream übertragen und ist jetzt auf YouTube zu sehen (spulen Sie gleich auf 19 Minuten und 40 Sekunden vor; erst an dieser Stelle beginnt der Event).

Wie gesagt: Neue Produkte hat Fuji nicht vorgestellt; gerüchteweise heißt es allerdings, dass morgen ein neues Kameramodell angekündigt werden soll. Neuigkeiten wurden hingegen schon geboten, so etwa ein Ausblick auf das nächste Firmware-Update 3.00 für die X-T3, das voraussichtlich im April 2019 eine schnellere Gesichtserkennung sowie Verbesserungen bei der Augenerkennung und beim Fokussieren weiter entfernter Motive bringen soll.

Auch über die Entwicklung des bereits angekündigten, sehr lichtstarken XF 33 mm F1.0 gab es einen Zwischenbericht. Dieses Objektiv ist eine deutlich aufwendigere Konstruktion als das existierende XF 35 mm F1.4 und wird zwischen 15 und 20 Linsen enthalten; die hinteren 8 bis 10 Elemente bilden die Fokussiergruppe. Da für die Innenfokussierung rund 200 Gramm bewegt werden müssen, stellt diese Konstruktion auch besondere Anforderungen an den Fokussiermotor.

Gipfeltreffen in Dubai: Fujifilm X Summit
Das Publikum des Fujfilm X Summit, aufgenommen mit einem Prototyp der GFX 100.
Gipfeltreffen in Dubai: Fujifilm X Summit
Fujifilm X Summit: Ein Ausschnitt aus dem Bild oben.

Die ebenfalls schon auf der photokina 2018 vorangekündigte Mittelformatkamera GFX 100 soll in diesem Jahr auf den Markt kommen. In Dubai zeigte Fuji einen bereits funktionsfähigen Prototypen – auf den ersten Blick noch unfertig wirkte lediglich das Statusdisplay auf der Oberseite und die fehlende Gummierung. Die GFX 100 hat einen 100-Megapixel-Sensor, der einen Autofokus mit Phasendetektion im gesamten Bildfeld unterstützt. Erstmals im Mittelformatbereich besitzt die Kamera einen integrierten Bildstabilisator, mit dem die hohe Sensorauflösung auch bei Aufnahmen aus der Hand voll nutzbar sein soll.

Ich konnte ein wenig mit der Kamera spielen – ihre kantigen Formen sind gewöhnungsbedürftig, aber das Design mit integriertem Hochformatgriff erinnert von den Abmessungen und vom Gewicht her eher an ein Kleinbild-Topmodell von Canon oder Nikon als an eine klassische Mittelformatkamera. Die Möglichkeit, das AF-Messfeld mit einem Mini-Joystick falls nötig bis an den Bildrand zu verschieben, vermittelt ein ganz neues Mittelformat-Erlebnis.

Der elektronische Sucher ist ebenso wie bei der GFX 50S abnehmbar. Die Schnittstelle zwischen Kamera und Sucher ist unverändert, so dass man den Sucher der GFX 50S auch an der GFX 100 verwenden könnte; für diese gibt es allerdings eine verbesserte Version.

Auf meine Frage, ob auch eine weitere Auflösungserhöhung durch Sensor-Shift möglich sei, hieß es, dass ein solches Feature gute Chancen hätte, per Firmware-Update nachgerüstet zu werden; wenn die GFX 100 auf den Markt kommt, wird sie ihren beweglich gelagerten Sensor aber zunächst nur zur Bildstabilisierung nutzen. Da der Sensor Farbfilter im Bayer-Muster hat, würden vier Aufnahmen mit jeweils um eine Pixelbreite beziehungsweise -höhe verschobenen Sensor genügen, um ein Bild ohne Farbinterpolation und daher mit deutlich höherer Auflösung zu berechnen, das zudem frei von Farbmoiré wäre. Mit Verschiebungen um halbe Pixelbreiten (und einer entsprechend größeren Zahl zu verrechnender Einzelbilder) ließen sich sogar Auflösungen von bis zu 400 Megapixeln erreichen. Aber das ist zunächst nur Theorie.

Der Fujifilm X Summit sollte auch zur Marktforschung dienen: Eine umfangreiche Liste möglicher neuer Objektive (sowohl für das X- wie auch das G-System) stand ebenso zur Wahl wie neue Firmware-Funktionen; auch nach Wünschen für weitere Filmsimulationen wurde gefragt. Wer jetzt Wünsche äußert (zum Thema Firmware beispielsweise hier, zu künftigen Objektiven dort), kann hoffen, damit Einfluss auf die Priorisierung der verschiedenen Entwicklungsprojekte zu nehmen.

Am Samstag gab es ein weiteres Meeting in kleinerem Kreis, bei dem nur drei Medienvertreter – Barney Britton von DP Review, Andreas Jürgensen vom Fuji X-Forum und ich – den Fuji-Vertretern gegenüber saßen, um noch einmal Fragen zu stellen, Vorschläge zu machen und Wünsche zu äußern. Ich konnte mir bei dieser Gelegenheit nicht verkneifen, die seit nunmehr vielen Jahren bei allen Fuji-Kameras fehlende 24-Stunden-Anzeige der Uhrzeit zu monieren, denn die hierzulande unvertraute 12-Stunden-Anzeige mit AM und PM wird ja im deutschen Markt nicht gut aufgenommen. Vielleicht wird dieses kleine, aber hartnäckige Ärgernis nun doch noch beseitigt.

Gipfeltreffen in Dubai: Fujifilm X Summit
Fujifilm X Summit: Masazumi Imai (links) zeigt ein Mock-up einer modularen Mittelformatkamera.

Auf interessante technische Details, die auf dem Fujifilm X Summit besprochen wurden, werde ich künftig noch in weiteren Beiträgen eingehen. Ein Thema schien besonders hohe Wellen zu schlagen, was aber einem Missverständnis entsprang: Manche Medien berichteten, Fuji hätte eine modulare Mittelformatkamera angekündigt, die man sich je nach dem Einsatzzweck aus einzelnen Komponenten zusammensetzt. Doch dem war nicht so. Masazumi Imai, der für das Design der X- und GFX-Modelle verantwortlich zeichnet, hatte verschiedene Mock-ups gezeigt, die in frühen Entwicklungsphasen der ersten GFX-Modelle entstanden waren, darunter Designstudien, die schließlich zur GFX 50S beziehungsweise GFX 50R führten. Daneben führte er aber auch Mock-ups von Designs vor, die letztendlich nicht realisiert wurden: Ein minimalistischer, annähernd quadratischer Body, der aber bereits alle Kamerafunktionen und die nötigen Bedienelemente – ein Auslöser, Einstellräder für Verschlusszeit, Belichtungskorrektur und ISO-Wert sowie ein rückwärtiges Display – bereitstellen sollte. An dieses Kernelement der Kamera ließ sich rechts ein Handgriff und oben ein Sucher ansetzen, womit die Kamera dem modularen Konzept der ursprünglichen Hasselblad geähnelt hätte.

Von diesen Ideen fand dann aber nur eine Eingang in ein tatsächlich gebautes Modell, nämlich der abnehmbare Sucher der GFX 50S (und künftig der GFX 100), den ein optionales Zwischenstück mit Gelenken sehr beweglich macht. Wie alt die Mock-ups sind, ließ sich schon daran erkennen, dass kein Objektiv auf den Body passte – das Mock-up war zu einer Zeit entstanden, als das G-Bajonett noch gar nicht seine finale Spezifikation hatte. Die GFX 50S und 50R ähneln, ebenso wie die Hasselblad X1D-50c oder die Pentax 645Z, eher einer Kleinbild-DSLR beziehungsweise -Messsucherkamera als dem klassischen Hasselblad-Würfel.

Diese Mock-ups sollten also kein neues Modell ankündigen; sie standen ganz im Gegenteil für Ideen, die am Ende verworfen wurden. Das heißt nun aber nicht, dass der Traum von einer weitgehend modularen Mittelformatkamera ausgeträumt wäre. Ein künftiger, globaler, elektronischer Verschluss sowie Akkus mit deutlich höherer Energiedichte könnten es irgendwann möglich machen, eine minimalistische Mittelformatkamera so kompakt zu bauen, wie es die Mock-ups versprachen. Ob eine weitgehende Modularisierung wirklich so erstrebenswert ist, ist durchaus zweifelhaft, denn die Schnittstellen zwischen den Modulen verteuern die Kamera, und sie müssen so großzügig und weitsichtig konzipiert sein, dass sie keine – vielleicht erst Jahre später denkbare – Verbesserung ausbremsen oder unmöglich machen. Fuji scheint der Charme eines solchen Designs aber durchaus bewusst zu sein, und wenn dessen Realisierung einmal technisch möglich sein sollte, werden sie diesen Weg vielleicht gehen. Auf absehbare Zeit dürfte die totale Modularisierung aber ein Traum bleiben.

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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