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Kinofilmqualität

Dass man mit neuen Kameras auch Filmen kann, ist hinlänglich bekannt. Welche ästhetische Bedeutung diese Innovation besitzt, weiß kaum jemand.

Dass man mit den neuen digitalen Spiegelreflexkameras auch Filmen kann, ist hinlänglich bekannt. Was diese technische Innovation indes für eine ästhetische Bedeutung bei der privaten und semiprofesionellen Filmproduktion besitzt, weiß dagegen kaum jemand. Mit 4:3-, APS-C- und vollformatgroßen Sensoren feiert das Spiel mit der Schärfentiefe und dem Kontrastreichtum seine Wiedergeburt auf Video. Nun werden viele fragen: Und was hat man davon?
Viele Menschen sehen oft schon gar nicht mehr, dass sie im Fernsehen die ganze Zeit auf Bilder schauen, die sie mit bloßem Auge so gar nicht wahrnehmen würden. Bilder, bei denen immer alles scharf ist, vom Motivvordergrund bis in die letzte Ecke des Hintergrunds. Bilder, die einen Menschen zeigen wollen und dabei aber auch gleich noch die gesamte Umgebung bis ins letzte Detail zeigen.
Bilder mit überharten Kontrasten und ohne Betrachterführung, die die Masse der enthaltenen Information ungefiltert zur Verfügung stellen, weil sie keine Schärfeschwerpunkte setzen. Alle elektronischen Aufnahmeverfahren hatten immer schon eine bestechende Schärfentiefe, und harte Kontraste, weil die Bildaufnehmer winzig und ? im Vergleich zum Film ? von mäßiger Qualität waren.
Der Unterschied trat und tritt besonders deutlich auf, wenn man beim Zappen zwischen einer Studioprodukion und einem fürs Kino gemachten Spielfilm hin- und herschaltet. Während die Fernsehästhetik harte, ?dokumentarische? Bilder zeigt, arbeitet die Kinoästhetik mit der Subjektivität der Wahrnehmung und mit weichen, tonwertreichen, eher fotografischen Bildern. Eine solche Ästhetik erzeugen, konnte der Privatmann bisher nur in der Fotografie.
Doch ist es hier seit dem Aussterben des analogen Films und dem Einzug der Bildsensoren teuer geworden, mit der Schärfentiefe zu spielen, denn große Sensoren haben hohe Ausschussquoten und kosten viel Geld. Beim Filmen dagegen war es bis jetzt fast unbezahlbar mit großen Formaten zu arbeiten. Schmalfilme für den Amateur hatten eine Bildfläche, die etwa den Maßen eines 2/3 Zoll-Sensors entspricht. Etwas kleiner sind die Sensoren in Videokameras bis hinauf ins Profi-Segment. Die Größe des klassischen Kinofilms dagegen liegt circa bei der Fläche eines aktuellen APS-C-Sensors und entsprechend kann man nun mit so einem Sensor optische Effekte erzeugen, die sonst nur Kino-Regisseure im Repertoire hatten.
Wer sich für diese Thematik interessiert, findet nun auch endlich ein Buch im Handel, dessen Autor Helmut Kraus viele Aspekte der Spiegelreflex-Filmerei abhandelt. Neben technischen Grundlagen und ihrer ästhetischen Wirkung geht es zunächst um die passende Ausrüstung. Was für Hilfsmittel gibt es, und welche sind für bestimmte Projekte nötig? Mehr als die zweite Hälfte des Buches dreht sich anschließend um die Aufnahmepraxis: Wie man einen Film konzipiert, welchen Standort man wählt und wie sich technischen Einstellungen an der Kamera auf das Bildergebnis auswirken.
Dabei behandelt Kraus nicht nur  Blenden- Objektiv- und Belichtungsoptionen, sondern auch visuelle Spezialitäten wie Zeitrafferaufnahmen, Zeitlupeneffekte, Trick-Filmen und vor allem die Vermeidung von Fehlern beim Einstige ins Medium Film. Trotz des bescheidenen Umfangs ist dem Autor hier ein umfassender Überblick gelungen, der jeden DSLR-Filmer bei den ersten Filmprojekten begleiten sollte.
HD-Filmen mit der Spiegelreflex
von Helmut Kraus
Broschiert, 192 Seiten
dpunkt, 2009
29 Euro
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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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