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Das weibliche Auge

Das wurde aber auch Zeit. Nachdem die Emanzipationsbewegung in den letzten dreißig Jahren nahezu jeden Bereich des öffentlichen und privaten Lebens auf frauentypische Spezifika durchleuchtet und abgegrenzt hat, schien es doch fast als hätten sie die Fotografie vergessen.

Das wurde aber auch Zeit. Nachdem die Emanzipationsbewegung in den letzten dreißig Jahren nahezu jeden Bereich des öffentlichen und privaten Lebens auf frauentypische Spezifika durchleuchtet und abgegrenzt hat, schien es doch fast als hätten sie die Fotografie vergessen. Na ja, vergessen wäre übertrieben, schließlich gab musste jahrelang über frauenfeindliche Darstellungen in der Fotografie debattiert werden. Doch ein extra Lehrbuch für die "FotografIn" ist erst mit dem Buch "Das weibliche Auge" auf den Markt gekommen. Möchte man bei dem Titel zumindest denken, doch ist hier zwischen den Buchdeckeln kein Fünkchen emanzipatorisches Gedankengut zu finden. Es geht um Aufnahmetechnik, die Bildgestaltung mit Licht, Farbe und Perspektive, die üblichen Motivsujets ? wobei hier die Aktbilder nur Frauen zeigen und auch sonst halbnackte Barbiepuppen als Modelersatz herhalten müssen. Wirklich anders sind nur sprachlichen Details. So wird zum Beispiel der emotionale Bezug zur Autorin stärker als in vergleichbaren Büchern herausgearbeitet. Schon vor dem Inhaltsverzeichnis ist ihr eine ganze Seite gewidmet, reich illustriert mit Privatfotos von der Kindheit bis heute. Auch nach dem Inhaltsverzeichnis wird gleich auf der nächsten Seite mit einem lusten Kindheitsbild und einem aktuellen Porträt weiter an der Beziehungsebene gearbeitet. Wir erfahren hier, dass die Autorin aus "jahrelangen Erfahrungen als Kursleiterin" weiß, dass Frauen "ganz eigene Ansatzpunkte brauchen", um Zugang zur Fotografie zu finden. Die sind, so lesen wir weiter, nicht so sehr technisch als vielmehr emotional geprägt. Aha. Im derselben Manier, die Leserinnen der Knallpresse geläufig sein dürfte, geht es in den Zwischenüberschriften weiter: "Analog oder digital? Gefühlssache", "Den eigenen Fototyp erkennen". Praxisorientierte Ansätze wie "Da sich jede Frau selbst am besten kennt, werden Sie zielsicher ihren Fototypus erspüren" machen Entscheidungen einfach, "bevor Sie verunsichert im Fotogeschäft stehen und sich wohlmöglich falsch beraten lassen". Nach dieser Einleitung wird es zum Glück frauenuntypisch technisch und das Buch gewinnt merklich an Substanz. Die behält es inhaltlich und größtenteils auch bildlich bei, wenn man von ein paar zielgruppenorientierten Schwülstigkeiten, Befindlichkeitsentäußerungen und den regelmäßig auftretenden Autorinnenporträts mal absieht. Aber, und da hat dieses Buch ja seine Besonderheit, mir als Mann muss das ja nicht gefallen. Ich gehöre wohl nicht zu den auf dem Cover mitbeworbenen "Männern mit Intuition".
     
Das weibliche Auge
von Almut Adler
Broschiert: 284 Seiten
Addison-Wesley 2007
29,95 Euro
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Christoph Künne

Christoph Künne ist Mitbegründer, Chefredakteur und Verleger der DOCMA. Der studierte Kulturwissenschaftler fotografiert leidenschaftlich gerne Porträts und arbeitet seit 1991 mit Photoshop.

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